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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 50.1922

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Schiebelhuth, Hans: Tafelgeschirr und Gläser
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https://doi.org/10.11588/diglit.9143#0304
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L. GABOR. AUSFUHRUNG: W. MELZER.

»LEDERTASCHEN MIT VERGOLDUNG«

TAFELGESCHIRR UND GLÄSER.

Geschirr aus Steingut muß den eigenen,
duftig-herben Materialcharakter haben,
der die guten, alten Fayencen so sympathisch
macht, weil er in seiner Art zwischen dem fei-
neren Porzellan und der derberen Tonware die
goldene Mitte hält. Dieser Forderung müssen
vor allem die Formen entsprechen, die eine
etwas gesetzte, schwere Eleganz am besten aus-
zeichnet. Die Stücke müssen ein wohlange-
messenes, biederes Gehaben zur Schau tragen,
sie bedürfen jener gediegenen, bequemen Hand-
lichkeit, die der alltäglich Nießbrauch verlangt.
Betrachtet man sich hierzu das Tafelgeschirr,
das die Fabriken Velten in Vordamm in den
Handel bringen, so ist von diesen Erzeugnissen
lobendes auszusagen: die Stücke sind gut hand-
lich und verraten auf den ersten Blick einen
reinlichen Fayencecharakter, ein ansprechender
Formenschatz redet sehr zu ihren Gunsten. Da
sind behäbige, bauchige Kaffeekannen mit festen
Henkeln und biederen, braven Hauben, Tee-
kannen und Terrinen von einem breiten, wohl-
lautenden Rund, tiefe und flache Teller und
Platten, entsprechende Kannen, Kumpfe und
Dosen, hohe, oben eingeschweifte Kaffeetassen
und leichtere, sich öffnender Teeschalen. Die
Service haben eine vortreffliche Gesamtwir-
kung, was nicht zuletzt die entzückende Bema-
lung ausmacht. Gerade bei Lösung dieser Auf-
gabe bewies die entwerfende Künstlerin Char-

lotte Hartmann eine glückliche Hand. In leichter,
duftiger Blaumalerei sind, gelegentlich unter zu
Hilfenahme eines Hauchs Rosa, eines zarten
blassen Gelbs, oder eines lichten Lila zur Ab-
stimmung von kleinen Flächen innerhalb der
Lineaturen, stillebige Bildchen und Ornamente
aufgetragen, die in einer eigenen, treuherzig-
anmutigen und liebenswürdig-altklugen Sprache
zum Auge raunen.

Von Alters her haben die Liebhaber eines
guten Tropfens gewußt, daß ein Trunk aus rech-
tem Gemäß am besten schmeckt. Heute schätzt
man vor allem das hellklingende Glas, das die
Farben des Weins in ihrem Schimmer zwischen
Bernstein und geläutertem Honig, hellem Topas
und feuerfunkelndem Karneol leuchten läßt.
So weiß die Firma Peill & Sohn in Düren im
Weinfreund Wünsche und Wohlbehagen auszu-
lösen, wenn sie ihm ein paar Sätze feiner Tafel-
gläser vor Augen führt. Man hat nur noch die
Qual der Wahl angesichts duftiger, offener
hochstieliger Schalen und schlanker, flirrender
Kelche für Sekt, vielhaltiger, großer Gläser für
Porter oder Türkenblut, graziöser, kleiner
Glockengläser für Cherry und die süßen Weine
des Südens. Unter diesen gläsernen Herr-
schaften, die eine außerordentlich flotte, ge-
radezu „flüssige" Eleganz auszeichnet,sind ziere
Rheinweingläser, ein wenig sich schließend in
der Form damit sie die „Blume" halten, offe-

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