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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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Schürer, Oskar: Sommerausstellung 1923 der Künstler-Vereinigung Dresden
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Michel, Wilhelm: Ein deutscher Kunstkritiker des 18. Jahrhunderts, [2]: zu Mercks, des Goethefreundes, Aufsätzen über die Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0349

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Sommeraiisstellung 1923 der Künstler - Vereinigung Dresden.

kreiert einen „Gelbismus" der Farben, einen
„Kurvismus" der Formen, die in die Flucht
schlagen, die einige schöne Charakteristiken
seiner Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen
nicht genießen lassen. Auch Felixmüller
steht noch zu starr in seinen begabten Anfängen,
als daß ihm wirkliche Malerei gelingen könnte.
Seine jüngsten Bilder erstreben Weite, auch
hier mit Hilfe zurückgeholten Naturbilds, doch
kann man aus dem wenigen Entwicklung noch
nicht verbürgen. Das kann man bei Bern-
hard Kretzschmar, der sich aus allzugroßer
Geschicklichkeit und einigem Revolutions-
ressentiment allmählich den Weg bahnt zu recht
eigener, in tiefer Farbigkeit leuchtender Ma-
lerei. Seine „Straße am Sonntag" und „End-
station" stoßen künstlerische Weiten auf, die

zu den schönsten dieser Ausstellung gehören.
— Erlebnis der Ausstellung ist die reiche Kol-
lektion Corinth, mit der die Vereinigung ihren
Mittelsaal wuchtig füllt. Fast zwei Jahrzehnte
dieses sprudelnden Schaffens ziehen hier am
Betrachter vorüber. Große, im Gegenstand
noch tief gebundene Kompositionen von 1907
(Martyrium), temperamentvolle Porträts (Fritz
Prölss, 1913), Raumerlebnisse in schlündende
Farbtiefen hinunter aus 1912, fegender Farben-
sturz um 1916 und die glühenden Landschaf-
ten der letzten Jahre treten wie Siege hervor
aus diesem prachtvollen Kampf um Schauen und
Zeigen. Daß es der Künstlervereinigung gelun-
gen ist, trotz aller Zeitnot solche Überschau
über das Werk des Meisters zu schenken, sei
ihr besonders gedankt.....dr. oskar schürer.

EIN DEUTSCHER KUNSTKRITIKER DES 18. JAHRHUNDERTS.

zu mercks, des goethefreundes, aufsätzen über die kunst.
(schluss aus dem juliheft )

Der Aufsatz hat die Belehrung eines gebil-
deten, kunstbegierigen Laien durch einen
Künstler zum Gegenstand. Der Aufbau ist
dialogisch; daher stehen Meinung und Gegen-
meinung scharf und bestimmt gegeneinander
und die Prägungen lassen an Deutlichkeit nichts
zu wünschen übrig.

Zuvörderst reklamiert der Laie in diesem
Gespräch, wie er es immer und heute noch tut,
das Recht auf seinen persönlichen Geschmack,
auf sein subjektives Gefallen. Dagegen macht
der Künstler in längeren Ausführungen das Vor-
recht und die objektivere Gültigkeit des erzo-
genen, des geschulten Geschmacks geltend.
Dann geht das Gespräch hinüber zur unvermeid-
lichen Frage der Naturwahrheit im Kunstwerk.

„Wahrheit, Wahrheit, meine Herren," sagt
der Laie, „auch in der Kunst, auch bei der
Nachahmung des Schönen, und wenn Sie mir
diese zeigen, so bin ich der erste, der sein Knie
davor beugt." Der Künstler fängt diese For-
derung geschickt auf, stellt aber sogleich die
notgedrungene subjektive Beimischung in der
künstlerischen Wahrheit fest: „Auch ich bin
Ihrer Meinung. Ich lechze so sehr nach Wahr-
heit als der strengste Philosoph. Aber woher
wird sie kommen? Aus den Händen ihres
großen Urhebers selbst, oder wird sie uns durch
Menschen zugebracht? Und so lange dies ist,
wird sie von der Farbe des Mediums annehmen,
wodurch sie gegangen ist." Er versucht das
deutlicher zu machen, indem er auf das Men-
schengestaltige selbst der intellektuellen Ein-
sichten verweist: „Was haben Sie in Ihrer Phi-

losophie selbst mehr als Systeme? Wo haben
Sie Eine Wahrheit, die nicht hieße Leibnizens
oder Newtons Wahrheit?"

Dies glaubt der Gegner bestreiten zu können
mit einem Argument, das trotz seiner Roheit
heute noch nicht abgebraucht ist: „Dieser Fall
paßt nicht. In der Philosophie beschäftigt man
sich mit intellektuellen, unsichtbaren Gegen-
ständen .... aber bei der Kunst hat man mit
lauter Dingen zu tun, die in die Sinne fallen.
Man macht nichts als was man sieht." Es ist
dasselbe Argument, das heute noch in allen
laienhaften Kunstmeinungen wiederkehrt, der
naive Glaube, das sinnliche Weltbild sei
nicht subjektiv bestimmt, es sei für alle das
gleiche. Der Künstler erledigt den Einwand
kurz durch die Bemerkung, daß das „Sehen"
des Künstlers denn doch eine andre Sache sei
als das ungeübte Auffassen der Laien. „Glauben
Sie," sagt er, „daß das Sehen so bald getan ist?
Das Sehen ist bei uns Künstlern, was die Kunst
zu leben bei den Menschen überhaupt ist."

Der Laie aber kommt einstweilen von dem
Aberglauben an eine für jedes Auge gleiche
Wirklichkeit nicht los und vermengt ihn noch
mit dem daraus abgeleiteten Aberglauben an
eine endgültige, beste, „richtige", für alle ver-
bindliche Darstellungsweise: „Wenn ich in eine
Galerie trete, so ist's mir wie eine Sprache-
wirrung beim Turmbau. Immer die Abbildung
desselben menschlichen Geschöpfs, und das in
so mancherlei Begriffen von Schönheit, so vielen
Manieren, daß man tappt und tappt, um am
Ende zu wissen, welches die beste ist." Dem
 
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