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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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R. R.: Drei Raum-Ideen von Leo Nachtlicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0357

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DREI RAUM-IDEEN VON LEO NACHTLICHT.

Die Große Berliner Kunstausstellung
im Glaspalast zeigte in diesem Sommer
zum ersten Mal eine Abteilung für angewandte
Kunst. Architekt Leo Nachtlicht hat darin
drei Raum-Ideen verwirklicht, und damit der
breiten Öffentlichkeit ein Lehrbeispiel und ein
Experiment geboten.

Diese Räume sind nicht das Resultat einiger
Wochen Arbeit. Um zu diesen Raumgestal-
tungen zu gelangen, war eine Entwicklung von
ca. 20 Jahren notwendig, angefangen von den
modernen Linien Van de Veldes bis zu den
Eisenbeton-Bauten, vom Impressionismus bis
zum Expressionismus, von der klassischen
Plastik Hildebrandts über Rodin bis zur mo-
dernen abstrakten Plastik. Alle diese Phasen
in den bildenden Künsten haben an diesen Ar-
beiten ihren Einfluß mit ausgeübt. Der ver-
schriene Futurismus als ausgezeichneter Pionier
einer Flächenteilung, die Abstraktion des mo-
dernen Bildhauers als gegebener Architekturstil
und der Eisenbeton als Mittel zur Raum-Neu-
bildung — alles wundervolle Elemente einer

neuen Baukunst, aber nur dann, wenn die Zu-
sammenarbeit konsequent zwischen Maler, Bild-
hauer und Architekt, möglichst mit denselben
Menschen, Jahre hindurch fortgeführt wird,
oder wenn die einzelnen Künstler in ihrem
Empfinden und ihrer Anlage übereinstimmen.
Um irgend ein Beispiel herauszugreifen: ein
herber Maler, ein süßlicher Architekt werden
nie zusammen arbeiten können. Dasselbe be-
zieht sich auch auf den Bildhauer. Das A und
0 geht jedoch vom Architekten aus. Wenn der
Architekt den Raum nicht empfindet, sondern
„komponiert, zusammensetzt", wird niemals
eine harmonische, geschweige denn entwick-
lungsfähige Schöpfung entstehen können. Wenn
der Architekt aber selbst Maler und Bild-
hauer wäre, so wäre das der idealste Fall.
In der Renaissance waren Maler, Bildhauer
und Architekt in einer Person vereint. Diese
Zeiten sind vorüber. Unsere mehr auf wissen-
schaftlichem Denken beruhende Erziehung
nimmt soviel Zeit in Anspruch, daß bei der
späteren künstlerischen Durchbildung nur noch

XXVI. September 1923. i
 
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