Die Werkbund-Ausstellung »Die Form«..
prof. theodor wende.
».SILBERNE OBSTSCHALE
Dinge empfinden wir dagegen schön länger als
ein ärgerliches, aufdringliches Hineinplappern
in einen ganz fremden Zusammenhang.
Ein Etwas von diesem Geist greift nun auch
auf das eigentlich kunstgewerbliche Gebiet
über: das ist die Tatsache, die in der Stutt-
garter Werkbund-Ausstellung sich bezeugt.
Das Gefühl für technische Schönheit ist soweit
erstarkt, daß es sich mächtig genug fühlt, auch
menschennähere, gemütsnähere Dinge mit sei-
ner ganz neuen und fremdartigen Formidee
zu erfassen. Deshalb
sagte ich: die Or-
namentlosigkeit ist
hier nicht negativ,
sie ist nicht ein ein-
faches Fortlassen
des Schmuckes, son-
dern sie ist das Auf-
kommen einer Ge-
sinnung, die das Or-
nament als störend,
als unschicklich, als
„stilwidrig" bewer-
tet. Und es ist Tat-
sache, daß heute je-
dem Menschen so-
viel Anschauungs-
material aus techni-
schem Bereich zu
Gebote steht, daß er
sich in dieser Aus-
stellung , trotzdem
sie dem Auge viel
Fremdartiges u. ob-
architekt kramer. »kupferkanne« (continental photo).
jektiv Mißglücktes bietet, doch geistig sogleich
irgendwie zurechtfindet. Erinnern wir neben-
bei daran, daß die Idee der technischen Form
mehrfach auch auf das eigentlich künstlerische
Gebiet, auf Malerei und Plastik, übergegriffen
hat. Es gibt, besonders in Frankreich und
Italien, eine Reihe von Malern, die sich durch
der Technik entlehnte Formen und Gebilde
auszudrücken lieben, und ihre „Manifeste" ver-
künden geradezu die Maschine als den „Gott"
der neuen Zeit. Das ist, in dieser Weise ge-
faßt und angewandt,
zweifellos eine
schwere und nur au-
genblickliche Verir-
rung. Doch zeugt es
für die Macht, die
die technische Vor-
stellungs- und Ge-
schmackswelt über
unsre Gemüter ge-
wonnen hat — und
für die Schwäche des
geistigen Widerstan-
des , den wir der
Erweiterung dieser
Macht entgegenset-
zen. DasÜbergreifen
der Technik auf g e-
werbliches Gebiet
geschieht jedenfalls
mit größerem Recht
als das Übergreifen
auf künstlerisches
Gebiet......o. l.
prof. theodor wende.
».SILBERNE OBSTSCHALE
Dinge empfinden wir dagegen schön länger als
ein ärgerliches, aufdringliches Hineinplappern
in einen ganz fremden Zusammenhang.
Ein Etwas von diesem Geist greift nun auch
auf das eigentlich kunstgewerbliche Gebiet
über: das ist die Tatsache, die in der Stutt-
garter Werkbund-Ausstellung sich bezeugt.
Das Gefühl für technische Schönheit ist soweit
erstarkt, daß es sich mächtig genug fühlt, auch
menschennähere, gemütsnähere Dinge mit sei-
ner ganz neuen und fremdartigen Formidee
zu erfassen. Deshalb
sagte ich: die Or-
namentlosigkeit ist
hier nicht negativ,
sie ist nicht ein ein-
faches Fortlassen
des Schmuckes, son-
dern sie ist das Auf-
kommen einer Ge-
sinnung, die das Or-
nament als störend,
als unschicklich, als
„stilwidrig" bewer-
tet. Und es ist Tat-
sache, daß heute je-
dem Menschen so-
viel Anschauungs-
material aus techni-
schem Bereich zu
Gebote steht, daß er
sich in dieser Aus-
stellung , trotzdem
sie dem Auge viel
Fremdartiges u. ob-
architekt kramer. »kupferkanne« (continental photo).
jektiv Mißglücktes bietet, doch geistig sogleich
irgendwie zurechtfindet. Erinnern wir neben-
bei daran, daß die Idee der technischen Form
mehrfach auch auf das eigentlich künstlerische
Gebiet, auf Malerei und Plastik, übergegriffen
hat. Es gibt, besonders in Frankreich und
Italien, eine Reihe von Malern, die sich durch
der Technik entlehnte Formen und Gebilde
auszudrücken lieben, und ihre „Manifeste" ver-
künden geradezu die Maschine als den „Gott"
der neuen Zeit. Das ist, in dieser Weise ge-
faßt und angewandt,
zweifellos eine
schwere und nur au-
genblickliche Verir-
rung. Doch zeugt es
für die Macht, die
die technische Vor-
stellungs- und Ge-
schmackswelt über
unsre Gemüter ge-
wonnen hat — und
für die Schwäche des
geistigen Widerstan-
des , den wir der
Erweiterung dieser
Macht entgegenset-
zen. DasÜbergreifen
der Technik auf g e-
werbliches Gebiet
geschieht jedenfalls
mit größerem Recht
als das Übergreifen
auf künstlerisches
Gebiet......o. l.