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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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B., R.: Kunst als Lebenshilfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0098

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KUNST ALS LEBENSHILFE.

Die Kunst redet immer von einer geheimen,
ungreifbaren, aber doch tatsächlichen Welt.
Sie ist eine echte Geisterbeschwörung, sie ist
ein wahrer Zauber guter oder böser Art. Es
ist beinahe merkwürdig, daß zu unsrer Zeit die
beschwörerische Wirkung der Kunst (auch des
Wortes) so übersehen werden konnte, wie es
lange geschehen ist. Wie wenige Menschen
gibt es heute, die ihren Umgang mit der Kunst
ganz bewußt regeln und sich die gewaltigen
Lebenshilfen, die sie spenden kann, dankbar
und besonnen zuführen! Es kann nicht oft
genug wiederholt werden: die Bilder, die wir
betrachten, die an unsern Wänden hängen und
Gesellschafter unsres ganzen häuslichen Lebens
sind, üben eine ganz ungeheure Macht auf uns.
Sie können Segen und Stärke, Freude und Zu-
versicht spenden, sie können uns aber auch
weich und schwach stimmen und sie können
sogar zu wirklichen Gefährdungen werden. Die
Angelegenheit der Geschmacksbildung, die man
so gerne als einen schönen Überfluß behandelt,
wird von diesem Standpunkt aus zu einer sehr

bedeutsamen, wichtigen Sache. Denn zur Ge-
schmacksbildung gehört es unter anderm auch,
den geheimen Geist eines Kuastwerks bald
erkennen und in seiner Zuträglichkeit oder Ab-
träglichkeit richtig bewerten zu können. Mit
voller Bestimmtheit geht das positive oder
negative Lebensgeiühl eines Künstlers in seine
Arbeit ein und strahlt ständig wieder aus ihm
auf den Beschauer über.

Wir sagen zwar im Sprichwort: Wenn man
den Teufel nennt, ist er da. Aber wir überlegen
zu selten, daß er erst recht da ist, wenn man ihn
„an die Wand malt". Und das gilt auch von
allen guten Kräften und Geistern: sie sind da,
so oft sie genannt oder sonstwie bildlich greif-
bar gemacht werden. Deshalb sollte die künst-
lerische Umgebung, der wir uns oder unsre
Angehörigen aussetzen, stets nach ernsthaften
seelenbildnerischen Gesichtspunkten gewählt
sein. Geschmacksbildung gehört zur „Diätetik
der Seele", und Seele — welcher Einsichtige
zweifelt daran, daß ihr Wohlsein eine der wich-
tigsten Angelegenheiten bildet?.....r. b.

RUDOLF LEVY. »WEINTRAUBEN« Düsseldorf, Kunstmuseum,

ALLE ABHILDUNGEN MIT GENEHMIGUNG DER GALERIE PLECHTHEIM.
 
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