Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

DOI Artikel:
Niebelchütz, Ernst/ von: Zur Psychologie der Reklamekunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0210

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LANDHAUS IM ISARTAL.

»WOHNRAUM« KARL BER1SCH.

ZUR PSYCHOLOGIE DER REKLAMEKUNST.

VON ERNST V. NIEBELSCHÜTZ.

Zu glauben, daß Kunst und Reklame Wechsel-
begriffe seien, wäre eine Selbsttäuschung.
Ursprüoglich stehen sie in gar keinem Verhält-
nis zu einander. Aber unter günstigen Beding-
ungen können sie sich auf halbem Wege treffen,
sie können Beziehungen anknüpfen, sogar ein
regelrechtes Verhältnis eingehen, im besten
Falle ein legitimes. Aber immer mit dem Schei-
dungsparagraphen im Hintergrunde!

Zu den Ehen, die im Himmel geschlossen
werden, scheint das heute auf allen Gassen ge-
predigte Bündnis von Kunst und Reklame also
offenbar nicht zu gehören. Es ist im Gegen-
teil sogar recht irdisch bedingt. Sein Kopulant
ist, wie wir sehen werden, die Zweckmäßig-
keit. Man muß sich das einmal ohne Senti-
mentalität klar zu machen versuchen, um Irr-
tümern zu entgehen, die bekanntlich nur Kum-
mer und Seufzen verursachen.

Wie verhält es sich denn in der rauhen Wirk-
lichkeit? Was will der Fabrikant, der das Be-
dürfnis in sich fühlt, der Menschheit die von
ihm erfundene Hosenschnalle als die alleinselig-

machende anzupreisen? Gehört will er wer-
den. Das ist alles. Ob dabei süßer Wohllaut
in seiner Stimme liegt, kann ihm zunächst ganz
gleichgültig sein. Wenn sein Organ nur laut
genug ist — so laut, daß es die Stimmen der
andern Hosenschnallen-Erfinder übertönt.

Man wird hier einwenden, diese primitive
Art, sich Gehör zu verschaffen, sei in der Re-
klametechnik ein bereits überwundener Stand-
punkt. Man arbeitet heute doch schon mit an-
dern, weniger groben Mitteln. Mag sein. Aber
wenn die Mittel sich auch hundertmal geän-
dert haben mögen: der Zweck der Übung ist
derselbe geblieben, und dieser Zweck heißt:
den Konkurrenten aus dem Felde schlagen, die
Aufmerksamkeit des Käufers auf sich lenken,
kurz — aulfallen! Das ist die stets im Mittel-
punkt alles kaufmännischen Denkens stehende
Frage: wie falle ich auf? Eine Reklame, die
im allgemeinen Niveau stecken bliebe, wäre
ein Widerspruch in sich selber, Sie mag noch
so geistreich sein — ohne die Eigenschaft, auf-
zufallen, würde sie als Reklame schlecht sein.
 
Annotationen