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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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M.: Die Manier
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0220

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amadeo
modigliani
»hek.ren-
bildnis«

DIE MANIER. Das Tödliche für alle Kunst
ist die Manier, das Abschreiben der eige-
nen Handschrift. Jeder Künstler steht irgend
einmal frisch, unbefangen, voraussetzungslos
vor der Natur, mit der Absicht, sie so „nach-
zuschreiben", daß das Geschriebene seinem
Eindruck entspricht. Meint er es nun nicht
innerlich ernst mit der Kunst, kommt das Publi-
kum oder gar der Kunsthändler an ihn heran
mit dem Verlangen, einen Reiz, einen Effekt,
also irgend etwas „Handschriftliches", das sich
aus jener Begegnung mit der Natur primär er-
gab, in neuen Werken zu wiederholen, so erliegt

ein schwaches Gemüt leicht der Versuchung, in
Zukunft die Züge seiner eigenen Niederschrift
zu kopieren. Die Frische und Freiheit der ersten
Begegnung ist mit dem Verfall in die Manier
aber dahin, das Ausdrucksmittel entsteht
nicht mehr von neuem, das Wort erzeugt sich
nicht mehr aus der liebenden Erhitzung des
Augenblicks, sondern es wird als Fertiges her-
eingenommen, eine tote, papierene Sache, die
keinen lebendigen Aushauch mehr besitzt. —
Es ist eins der Geheimnisse aller großen Meister,
daß sie es verstehen, vor jeder neuen Aufgabe
wieder zu Schülern zu werden.......m.
 
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