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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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Michel, Wilhelm: Lovis Corinth
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0337

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MAX
KRÜGER-
BERLIN.
»HÄNGE-
LAMPE«

LOVIS CORINTH f.

Lovis Corinth ist tot. Er, der das Leben
selber war, den man sich nur denken konnte
mit breitem Lachen und hellen Augen am Gast-
mahl des Daseins sitzend, verwühlt in alle Lust
und Köstlichkeit der Geschöpfe, der Farben,
der Formen, des herrlichen Handwerks der Ma-
lerei; ein mächtiger, rüstiger, breitschulteriger
Kostgänger Gottes, vor dessen Augen alles Saft
und Üppigkeit gewann, der im Leben stand wie
in einem hochgewucherten Sommergarten; der
den Pinsel und alles Wirkliche mit derben Fäu-
sten angriff und doch einen merkwürdigen Weg
zu den feinen, stillen, tiefen Dingen der Krea-
turen wußte — Lovis Corinth ist tot, er wird
nicht mehr zu uns sprechen, sein Werk ist ab-
geschlossen. Aber unter den Kennern seines
Werkes wird es keinen geben, den nicht in
dieser Stunde ein volles, starkes Gefühl von
der Wichtigkeit und nachwirkenden Bedeutung
dieses Schaffens überfällt. Die Klasse Corinth,
Liebermann, Slevogt, Hübner stellt die musku-
löse Kraft, die zeitüberdauernde Leistung und
das unbestechliche künstlerische Gewissen des

deutschen Impressionismus dar. Sie haben alle
die begrenzte Zeit ihrer eigentlichen „Richtung"
weit überlebt. Sie haben die Herrschaftsperiode
ihres engeren künstlerischen Glaubensbekennt-
nisses in ähnlich glücklicher Weise überdauert
wie Renoir, Monet, Pissarro, Sisley das ihrige.
Corinth aber steht unter ihnen als der ganz be-
sondere Verkünder des Lachens der Erde, der
ungezähmten Pracht, Tiefe und Fülle des Da-
seins; ein animalisches Glück bricht aus allen
seinen Tafeln, der Körper seiner Kunst hat das
blühende Schwellen und Drängen, den inneren
„turgor" der Gesundheit. Ihm sind insbeson-
dere die größten, erfülltesten Porträts des
deutschen Impressionismus gelungen. Die satte,
bestürzende Wirklichkeit eines gegenwärtigen,
in alle Welt eingebetteten Menschen hat kei-
ner so eindringlich hingestellt wie er.

Die deutsche Kunst wird diesen glückhaften,
feinen, barbarischen Schlemmer und die blit-
zende Freude seiner künstlerischen Existenz
niemals vergessen. Sein Werk hat die dauernde
Kraft dessen, was echt und endgültig ist. w. m.
 
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