EDWIN SCHARFF—BERLIN
»SITZENDE FRAU« TERRAKOTTA
ÜBER DIE MODERNE MALEREI UND DIE TRADITION
BEMERKUNGEN EINES KUNSTLERS
Wir erleben heute eine Umwälzung in den
Kunstanschauungen. Wir sehen vor unse-
ren Augen einen neuen Stil entstehen, der immer
deutlicher ins Bewußtsein der Zeitgenossen tritt.
Dieser Stil ist — was wohl festgehalten wer-
den muß — nicht in den Künstlerateliers ent-
standen, sondern in den Fabriken und in den
Arbeitsräumen der Ingenieure. Und diese Her-
kunft drückt dem neuen Stil sein Gepräge auf.
Blume und Frucht unseres 20. Jahrhunderts
ist er eine Schöpfung des Geistes, ein Werk
der Vernunft, ein Werk, das entsteht aus der
Unterordnung unter die natürlichen Gesetze
und unter die Zucht der mathematischen In-
telligenz. Dieser Stil ist klassisch; er ist sogar
der klassischste von allen Stilen, die seit den
Zeiten des alten Griechenland einander in Eu-
ropa gefolgt sind. Denn der Klassizismus ist
nichts anderes als Unterordnung unter die Ge-
setze der Vernunft, eine Unterordnung, die da-
durch entsteht, daß die Hierarchie der intellek-
tuellen Werte wieder hergestellt und an ihre
Spitze die Vernunft gesetzt wird.
Dieser Stil wurde aus der Maschine geboren
und zuerst nur auf sie angewendet; Automobile,
Flugzeuge, Schiffe sind herrliche Beispiele für
»SITZENDE FRAU« TERRAKOTTA
ÜBER DIE MODERNE MALEREI UND DIE TRADITION
BEMERKUNGEN EINES KUNSTLERS
Wir erleben heute eine Umwälzung in den
Kunstanschauungen. Wir sehen vor unse-
ren Augen einen neuen Stil entstehen, der immer
deutlicher ins Bewußtsein der Zeitgenossen tritt.
Dieser Stil ist — was wohl festgehalten wer-
den muß — nicht in den Künstlerateliers ent-
standen, sondern in den Fabriken und in den
Arbeitsräumen der Ingenieure. Und diese Her-
kunft drückt dem neuen Stil sein Gepräge auf.
Blume und Frucht unseres 20. Jahrhunderts
ist er eine Schöpfung des Geistes, ein Werk
der Vernunft, ein Werk, das entsteht aus der
Unterordnung unter die natürlichen Gesetze
und unter die Zucht der mathematischen In-
telligenz. Dieser Stil ist klassisch; er ist sogar
der klassischste von allen Stilen, die seit den
Zeiten des alten Griechenland einander in Eu-
ropa gefolgt sind. Denn der Klassizismus ist
nichts anderes als Unterordnung unter die Ge-
setze der Vernunft, eine Unterordnung, die da-
durch entsteht, daß die Hierarchie der intellek-
tuellen Werte wieder hergestellt und an ihre
Spitze die Vernunft gesetzt wird.
Dieser Stil wurde aus der Maschine geboren
und zuerst nur auf sie angewendet; Automobile,
Flugzeuge, Schiffe sind herrliche Beispiele für