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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Baum, Julius: Alfred Heinrich Pellegrini
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Nemitz, Fritz: Der neue Kunstfreund
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0295

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Alfred Heinrich Pcllegrini

A. H. PELLEGRINJ—BASEL

hatte er 1914 im Wettbewerb für die Bemalung
des Kirchleins zu St. Jakob an der Birs den ersten
Preis und damit das Recht zur Ausführung er-
halten, die sich drei Jahre hinzog. Die beiden
einander entsprechenden Bilder, auf die Schlacht
von St. Jakob im Jahre 1444 bezüglich, der
S tein wurf Arnold Schicks, un d der Fahnenträger,
„vom Siegen ermüdet", gehören in ihrem sehr
strengen flächigen Aufbau und der herben Farbe
auch heute noch zu den besten Wandbildern
des beginnenden 20. Jahrhunderts. Ihnen folgt
1919 ein mächtiges Werk, „Die neue Zeit"
(Abb. S. 279), die Unruhe und das geheimnis-
volle Drängen der Nachkriegsepoche im Bild
einer vom Sturm bedrohten Bootfahrt seherisch
symbolisierend; die repräsentativen Wand-
gemälde an der Basler Börse und das ergrei-
fende Bild im Gerichtssaal (Studie, Abb. S. 288)
reihen sich groß und wirkungsvoll an.

Stehenbleiben und Ausruhen ist nicht Sache
dieses ernsten Künstlers. Von der Wand-
malerei zieht es ihn immer wieder zum Studium
der Wirklichkeit. Zweimal hat er Berufungen
abgelehnt, die ihn wirtschaftlich sichergestellt
hätten, 1913 zu Alfred Fischer nach Essen,
1926 zu Riemerschmid nach Köln, immer aus
der Furcht heraus, der Schulbetrieb könne ihn
zu sehr von seinem geliebten Naturstudium ab-
bringen. Kantig, wie er selbst ist, sucht er
überall das Schwere und Harte. „Menschen
müssen nicht schön sein", schreibt er, „aber
sie müssen Rasse haben und Kämpfer sein;
Schönes ist ungut, Starkes und Einfaches gut".

Daß für einen solchen Maler das Dürerwort
vom Herausreißen der Kunst aus der Natur in
seinem ganzen Umfange gilt, versteht sich. Da-

SUPRAPORTE »FASAN«

rum sind seine Bildnisse, wie das hier wieder-
gegebene Porträt des lauschenden Geigers Adolf
Busch (in der Basler Kunsthalle, Abb. S. 282)
so erschöpfend und eindringlich, darum spürt
man in jedem seiner Blumenstücke und Jagd-
stilleben , wie in den kühlen Landschaften voll
Schnee (Abb. S. 278) oder salziger Meerluft
den suchenden und verantwortungsvollen Künst-
ler, in seiner Herbheit ein Stück des guten Ge-
wissens unserer Zeit.............. j B.



DER NEUE KUNSTFREUND

Zur Neugestaltung unseres Kunstlebens kann
man nicht durch Einzelreformen kommen,
das Mißverhältnis zwischen Kunst und Publi-
kum nicht durch Organisationen überwinden.
Die Umgestaltung unseres Kunstlebens ist zu
allererst eine moralische Angelegenheit.

Solange die Ursachen der Mißstände nicht
an der Wurzel beseitigt werden, sind alle an-
deren Versuche, die Krisis zu überwinden, ver-
geblich. Sie verschleiern nur die Lage, da sie
dem eigentlichen Problem aus dem Wege gehen.

Der Hauptfehler liegt in den herrschenden
Anschauungen jedes einzelnen Zeitgenossen.

Solange die Tätigkeit des Malers und Bild-
hauers nicht als ebenso notwendig gilt wie die
des Ingenieurs oder Chemikers, solange das Ge-
fühl und das Bewußtsein für die gegenseitige
Bedingtheit zwischen Kunst und Gesellschafts-
form nicht in breiterem Ausmaß vorhanden, so-
lange nicht eine zuträgliche Atmosphäre da ist,

— sei sie im einzelnen zustimmend oder ableh-
nend — ist das Mißverhältnis nicht zu lösen.

— Heute sind die Beziehungen zwischen beiden,

XXXI. August 1928. J
 
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