Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

DOI Artikel:
N., H.: Gärten und plastische Bildwerke
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0385

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BERNHARD SOPHER—DUSSELDORF

»MUTTER U. KIND« MUSEUM-KÖNIGSBERG

GÄRTEN UND PLASTISCHE BILDWERKE

Das Beieinander von Plastik und geordnetem
Pflanzenleben zählt seinen Möglichkeiten
nach zu den schönsten Begegnungen zwischen
Kunst und Natur. Architektur steht zum Pflanzen-
leben in Kontrast und wirkt im Verhältnis zu
ihm hauptsächlich durch eine schöne, lebensvolle
Spannung. Das Werk der Skulptur vertritt
zwar ebenfalls der Pflanze gegenüber den Be-
reich des Menschen, aber es vertritt ihn durch
die Menschengestalt selber, die als eine Natur-
gestalt dem pflanzlichen Leben einen Grad
näher gerückt ist. So bleibt zwar auch bei
dieser Begegnung eine Spannung bestehen, aber
die organische Form der Menschengestalt bindet
sich doch liebenswürdiger mit der Form von
Baum, Strauch und Blume. Skulpturales Werk
im Garten wirkt als eine Art Aufgipfelung,
Weiterführung, Sinndeutung des pflanzlichen
Lebens. Fs wiederholt die Situation im Paradies:
da gab es noch keine Architektur, d. h. noch

keine deutliche, bewußte Unterscheidung des
Menschen von den übrigen Geschöpfen, wohl
aber sproßte und wucherte um den Menschen
die Fülle vegetabilischen Daseins j er war dessen
Herr, nicht aber ein Gegensatz und ein Fremdling
zu ihm, sondern das letzte Wesen der einheit-
lichen, geschlossenen Schöpfungsreihe.

Gartenplastik hält den Blick bedeutsam fest,
erfrischt immer wieder die Auffassung des
Pflanzenlebens, liefert Mittelpunkt und höhere
Organisation. Auf der anderen Seite wird die
plastische Form durch die benachbartenPflanzen-
formen wunderbar verdeutlicht und gleichsam
„erläutert", ähnlich wie dies durch Musik ge-
schieht, die bekanntlich plastische Formen
eigenartig aufleben, ja gleichsam aufglühen und
wachsen läßt. So leisten sich der Garten und
das skulpturale Werk wechselseitig die schönsten
Dienste, indem eins das andere erhöht, organi-
siert und in seiner Bedeutung faßlich macht, h. n.

375

XXXI September 1928. 4
 
Annotationen