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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Born, Wolfgang: Hertha Buchers Keramische Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0407

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HERTHA BUCHERS KERAMISCHE ARBEITEN

VON WOLFGANG BORN

Hertha Bucher lebt seit früher Kindheit in
Wien. Eine gewisse Musikalität der Erfin-
dung kann als glückliche Mitgift der Stadt gel-
ten, deren musische Kultur und melodische
Landschaft ihr zur Heimat geworden ist. Aber sie
besitzt dabei einen Intellekt von fast nordischer
Strenge, und die Vereinigung dieser Triebkräfte
verleiht ihren Arbeiten eine Sonderstellung.

Ihre Inspiration geht vom Gefäß aus. Dieser
gesunden Anlage verdankt sie ihre stilistische
Sicherheit. Von der tönernen Hohlform leiten
sich auch die kompliziertesten Gebilde ab. Da-
bei liebt es die Künstlerin, die Fläche netzartig
zu durchbrechen und ebenso die flache Wand
einer Heizungsanlage wie den sphärischen
Körper eines Blumenkübels in ornamentales
Flechtwerk aufzulösen, bei dem die Schatten-
flecke der Öffnungen mit feinem Gefühl in Rech-
nung gestellt sind. Hier kündigt sich das Studium
ostasiatischer Keramik an, das für die Bildung

ihres heutigen Stiles entscheidend geworden ist.
Den chinesischen Meistern verdankt sie die
Verfeinerung ihres Handwerks, das von der
Bauernkunst ausging, insbesondere aber die
subtil ausgewogene Asymmetrie der Kompo-
sition. Im Rhythmus der Synkope läuft das
Ornamentwerk unter dem Gleiten des Blickes
ab, wie ein leiser Wogenschlag, der schließlich
von selbst verebbt und so der Form eine in
sich schwingende Begrenzung gibt, oder sich
unwillig an dem geraden Damm einer Kante
bricht, die der ordnende Wille vorgezeichnet
hat. Nicht umsonst hat die Schülerin des Kera-
mikers Michael Powolny bei Architekten, wie
Oskar Strnad und Josef Hoffmann weitergelernt:
überall, besonders aber bei den Kaminen wird
es deutlich, daß hier eine Hand am Werke
ist, die zu bauen weiß.

Aber am freiesten gibt sie sich in ihren Ge-
fäßen, bei denen ihre Arbeitsweise, niemals

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XXXI. September 1928. 7
 
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