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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 67.1930-1931

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Neugass, Fritz: Camille Pissarro
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https://doi.org/10.11588/diglit.7202#0157

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CAMILLE PISSARRO

GEMÄLDE »RUHEPAUSE«

CAMILLE PISSARRO

Die große Ausstellung der Werke Pissarros,
die zum Gedächtnis seines 100. Geburts-
tags in dem neuen Musee de l'Orangerie ver-
anstaltet wurde, war zugleich auch das erste
Manifest einer offiziellen Anerkennung des Im-
pressionismus seitens des französischen Staats.

Die künstlerische Entwicklung und die viel-
spältigen Einflüsse, die Pissarro erfahren hatte,
kamen in ihrem ganzen Umfang und in ihrer
weittragenden Bedeutung für die gesamte im-
pressionistische Malerei zum ersten Male in
dieser Ausstellung zur Geltung. 139 Gemälde,
57 Gouaches, Pastelle und Zeichnungen und
80 Radierungen zeigten den Meister in seiner
ganzen universalen Beherrschung der maleri-
schen und graphischen Künste. Und heute er-
scheint es uns unbegreiflich, daß ein so bedeu-
tender Künstler fast sein ganzes Leben lang
verkannt und mißachtet wurde und erst als
Greis die Anerkennung fand, die man ihm als
dem Ahnherrn des Impressionismus schuldete.

Als er 1855 als 25 jähriger aus St. Thomas,
seiner heimatlichen Insel im großen Ozean, nach
Paris kam, um sich der Malerei zu widmen, fand
er gerade alle Prominenten der damaligen Kunst
mit ihren Hauptwerken auf der großen Welt-
Ausstellung im Industriepalast vereinigt. Man
sollte glauben, daß eine Auswahl von 35 Bildern
vonDelacroix, 43 Ingres, 40 Courbets, 6 Corots,
ohne die Werke eines Pujol, Vernet, Flandrin,
Bouguereau, Cabanel und Chevenard aufzu-
zählen, diesen begeisterten Jünger der Kunst
hätte erschüttern müssen. Doch der ganze Aka-
demismus der Jahrhundertmitte ließ ihn unbe-
rührt. Der Naturbursche kam aus seiner tro-
pischen Heimat ganz unbelastet von einer künst-
lerischen Tradition, mit offenen Augen und
einer glühenden Liebe zur Natur. Durch seine
Abstammung von jüdisch - kreolischen Eltern
besaß er eine gewisse romantische Sentimen-
talität und eine schwermütige Sehnsucht, die
ihn zu einem neuen Künder der Natur und zu

XXXIV. Dezember 1D30. 1
 
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