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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 67.1930-1931

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R.: Ein Wohnhaus und Wohnräume von Bruno Paul
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M., W.: Ist die Kunstkrise eine wirtschaftliche Erscheinung?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7202#0336

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Ein Wohnhaus und Innenräume von Bruno Paul

sehen Typs lebt stets auch der Sinn für das
Kunstwerk, für das gute Buch und die wohl-
geformte Geselligkeit.

Die neueste Schöpfung Bruno Pauls, das Haus
Warmboldt in Berlin-Dahlem, entspricht dem
hier gekennzeichneten Typ. Ein vornehmer
Klinkerbau, mit all dem Ernst, den dieses Bau-
material mit sich bringt, aber von weißenFenster-
einfassungen heiter belebt. Durchaus „Bau-
körper" , d.h. aus einer plastischen Gesamt-
empfindung geformt, aber nicht unzulässig „ex-
pressiv". Schöne Deckung von innerem und
äußerem Wesen; frei und locker im Aufbau,
aber dabei zuchtvoll, mit guten Bindungen, wie
den Fenstergruppen unten und oben, die ge-
wissermaßen als Reime in dem Gefüge stehen.
Ein Streben, die Horizontale zu betonen, tritt
hervor, doch ohne gezierte Absichtlichkeit. Es
ergibt sich ein behagliches Lagern des Bau-
körpers, dem die Überschneidungen durch die
hochwipfligen Kiefern sehr zustatten kommen.

Die zugleich abgebildeten Innenräume und
Raumausschnitte stammen aus einer Berliner
Etagenwohnung, die Bruno Paul bearbeitet hat.
Man bemerkt auch an seinem Mobiliar die vor-
nehmen, ruhigen Formen, die, ohne schwer zu
sein, eine feste Gediegenheit in sich haben und
denkbar weit von spielerischem Getändel ent-
fernt sind. Das kommt in der Kaminpartie mit
Sessel und Tischchen gut zur Anschauung,
überall sprechen blanke, klare Linien, edle
Hölzer, einleuchtende Gruppierungen.

Als Innen- und Außenarchitekt ist Bruno Paul
durchaus „Künstler", doch faßt er seine Auf-
gabe nicht so, daß seine Räume peinlich geord-
nete Gefüge werden, die schließlich nur den
entwerfenden Künstler etwas angehen und vom
Bewohner nur gestört werden können. Sondern
er setzt von vornherein das Leben der Bewoh-
ner in die Rechnung mit ein und sucht ihm nur
den Dienst zu tun, daß er ihm eine gute Füh-
rung, eine feine Fassung gibt.......... r.

IST DIE KUNSTKRISE
EINE WIRTSCHAFTLICHE ERSCHEINUNG?

Man kann heute, wo man will, betont kühle
und starknervige Äußerungen über die
Kunst hören; und dies von den sonderbarsten
Leuten. Daß es eine Kunstkrise gibt, kann nicht
geleugnet werden. Die sinkenden Ziffern der
Ankäufe, die Problematik der großen Kunst-
ausstellungen, die Sprödigkeit einer gewissen
modernen Raum-Ausstattung gegen das Kunst-
werk reden in dieser Hinsicht eine deutliche
Sprache. Wir müssen mit dieser Erscheinung
rechnen, so unerfreulich sie sein mag mit
ihren trübseligen, halbgaren Argumenten und
schwachherzigen Gesinnungen, die sie vielfach
einherführt. Aber man soll ihr doch, gerade
mit Hinblick auf die Gründe, hinter denen sie
sich verschanzt, auf die Finger sehen. Kann
wirklich heute, wie es oft geschieht, von einer
in gewissen Kreisen vorhandenen „Kunstfeind-
schaft" gesprochen werden, so ist dies eine so
ernste, eine in den Kulturbestand so schwer
eingreifende Erscheinung, daß man ihr minde-
stens keine faulen, keine offensichtlich falschen
Rechtfertigungen hingehen lassen darf.

Ein Rechtfertigungsversuch dieser Art ist
der Hinweis auf die wirtschaftlichen Nöte der
Gegenwart. Der Mensch der Gegenwart, hört
man da, kann sich Kunst einfach nicht mehr
leisten. Überall sind die Einkommen so be-
schränkt, daß Kunstausgaben weder im Etat
der Einzelpersonen noch im Etat der öffent-

lichen Körperschaften untergebracht werden
können. Die Kunstkrise ist eine Folge der wirt-
schaftlichen Not, damit basta.

Sollten diejenigen, die so sprechen, wirklich
die Wahrheit nicht sehen? Sollten sie nicht
sehen, daß dieselben Menschen, die sich den
Umgang mit der Kunst angeblich nicht mehr
leisten können, Geld genug für allerlei andere
Dinge haben — und daß der Unterschied nur
darin liegt, daß sie diese anderen Dinge zu be-
nötigen glauben, die Kunst aber nicht? Wäre
es die wirtschaftliche Not, die unsre Beziehungen
zur Kunst stört, so müßte man doch ein Ringen
sehen, ein Kämpfen um das, was nun trotz der
Not noch an Kunstbeziehung zu erhalten wäre.
Es gab auch früher kleine Leute, die sich keine
Ölgemälde kaufen konnten. Da kauften sie eben
einen schönen Stich oder ein Mappenwerk, ver-
folgten die Ausstellungen und die Kunstzeit-
schriften. Aber gerade dieses Ringen um das noch
Mögliche an Kunstbeziehung ist im Schwinden.
Man kann die Pointe unseres Arguments ge-
radezu umkehren und sagen: Wäre es doch so,*
daß die Kunstkrise faktisch nur eine wirt-
schaftliche Erscheinung ist! Wäre es doch
so, daß die Menschen ihre Kunstausgaben ge-
nau so weit einschränkten, wie es die Not er-
fordert! Dann bliebe für die Kunst noch so viel
übrig, daß sie ihre Arbeit an den Menschen
weiter tun könnte. Das Übel liegt aber einzig
 
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