Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

DOI Artikel:
Heilmaier, Hans: Neues über Jean Lurçat
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0174

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
jean lurcat—paris gemälde »die küste« 1929

NEUES ÜBER JEAN LURCAT

vos hans heilmaier

Seit Lurcats erster Kollektivschau in einer mit sich. Lurcat nahm im Verlauf eines mit ihm
Galerie des rechten Ufers sind vier Jahre geführten Gesprächs selbst Stellung hiezu. „Der
verflossen. Der Maler hat sich inzwischen ent- Motivwandel in meinen Bildern steht zweifellos
wickelt und nach einer kurzen Periode, die man in innerm Zusammenhang mit dem Anfang einer
als statisch bezeichnen kann, wieder zu jenem andern Gestaltungsweise. Es gibt ebenso eine
Elan und Lyrismus zurückgefunden, zu jener psychologische wie eine künstlerische Erklärung
ursprünglichen Harmonie von Farbe und Zeich- hiefür. Das obskure Bedürfnis nach einem neuen
nung, welche Grundzug seines Stils und Wesens Weg und Ausgang erregt den Wunsch nach
sind. Lurcat gehört zu jenen Naturen, denen frischen äußern Anstößen, die die Erinnerung
Ortswechsel ein Bedürfnis ist und aus der Be- an das Bisherige tilgen und das Werden —
gegnung mit neuen Horizonten frischen Anreiz sagen wir eines neuen Stils — erleichtern."
schöpfen für ihre Kunst. So hat Lurcat die Lurcat hat von einem längern Aufenthalt
Visionen eines farbenbesessenen Nordafrika, in New York eine Reihe Marinen mitgebracht,
die lautern und strengen Konturen griechischer (zu denen das auf Seite 160 reproduzierte Bild
Landschaft uns bildhaft zu vermitteln gewußt, einVorläufer ist). Eine sieghafte Fanfare des vom
ohne daß seine Leinwände eine simple Replik stechenden Giftgrün bis zum kalten Schwefei-
des Geschauten wären. So erwecken die hier gelb alle verwandten Tonskalen durchlaufenden
gezeigten Gebäudereste, die mit Wasser und Kolorits, eine rhythmische Kadenz von Segeln
Himmel eine aus Farbe und Form geschweißte und Masten, die Horizontale der Boote und
Einheit bilden, den seltsamen Zauber eines die sich kreuzenden Gestänge schaffen eine
Niemandslands. Das Motiv bleibt sekundär, tönende Symphonie.

das bildhaft gestaltete Erlebnis ist entscheidend Eine Periode produktiver Besessenheit, deren

und ruft die Sensation künstlerischer Schöp- Resultate in nächster Zeit in einer Berliner Ga-

fung im Beschauer hervor. lerie zu sehen sein werden. Was die Arbeiten

Freilich bringt der Wechsel in Farbe und der eingangs erwähnten Kollektiv-Schau mit

Form, der Übergang vom Statischen zum Be- diesen Marinen auf eine Linie bringt, ist das

wegten, neben einer neuen Konzeption auch nieversiegendeTemperament des Malers Lurcat,

einen Wechsel des gegenständlichen Inhalts das Temperament des ewigen Vagabunden, h. h.
 
Annotationen