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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Schick-Abels, Elisabeth: Handwebereien von Elbet Fritschi-Wartner - Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0205

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34. JAHRG.

„DEUTSCHE KUNST UND DEKORATION

HEFT 10

ELSBET
FRITSCHI-
WARTNER-
MANNHEIM

HANDWEBEREIEN VON ELSBET FRITSCHI-WARTNER-MANNHEIM

Mensch und Maschine wieder ins richtige Ver-
hältnis zu bringen, ist eines der wichtigsten
volkswirtschaftlichen Probleme. Die Handweberei
könnte zu seiner Lösung beitragen. Die Vorzüge
handgewebter Stoffe sind so augenscheinlich, daß
auch ein größeres Publikum Interesse daran hat
und die Preisunterschiede zwischen rein maschi-
nellen Fabrikationen und Handwebereien sind nicht
alkugroß, was nicht genug betont werden kann im
Hinblick auf die Konsummöglichkeit einer mit der
Hand hergestellten Ware. Die Maschine verdrängt
den Menschen — das nimmt man vielfach als nicht
zu ändernde Tatsache — möge der Mensch im
Textilgebiete sich stärker behaupten.

Nun gibt man wohl unbestritten den Quali-
tätswert, der hauptsächlich das Material und die
solide Arbeit betrifft, zu. Aber es braucht der
schöpferischen Kräfte, welche der Handweberei
nicht nur modische, sondern auch künstlerische
Werte von Dauer verleihen. Dieser persönliche
Wert kann nicht durch gute handwerksmäßige
Ausbildung allein erreicht werden: er ist Ausdruck
des Stiles der Weberin. Was aber ist Stil? »le style
c'est 1'homme!«

Wer die Stoffe von Frau Fritschi-Wartner zu
beschreiben versucht, wird nicht anders können,
als dabei an eine Frau zu denken, die in einem
unmittelbaren Verhältnis zur Natur ihre Gebilde
aus dem Webstuhl zaubert. Die heutigen geome-
trischen Webmuster sind schließlich eine Mode,
die selten dauernde Werte peisönlicher Gestaltung

in die Zukunft tragen. Frau Fritschi benutzt zwar
die geometrische Liebhaberei der Zeit, aber einmal
nur sehr sparsam und dann so angepaßt dem Ma-
terial, der Webart und der Farbe, daß auch in
dieser Hinsicht Teppiche, Möbel und Vorhang-
Stoffe, sowie Kissen entstehen, die eben Stil ver-
raten, und meist noch den Reiz des Einmaligen
für sich haben. Obschon die Weberei meist die
einfachste geometrische Form, die Linie, benutzt,
und die Einfachheit der Musterung von Frau Fritschi
im besonderen bevorzugt wird, so kann trotzdem
der Rhythmus große Bewegtheit in die Musterung
bringen und sie sehr vielseitig machen. Rhythmus
gehört zum Undefinierbaren der Person, ist Wesens-
merkmal des Stils, ist die Gefühlskomponente des
wahrhaft Schaffenden. Er ist einer der Vorzüge,
der Frau Fritschis Webereien so unbedingt über
durchschnittliche Leistungen heraushebt, wie auch
die Struktur der Webereien überhaupt. Sie bringt
damit gefühlsmäßig Variationen in die Webart. In
der Zusammenstellung des Materials äußert sich
ebensosehr der persönliche Stil, der ohne jede Mode-
schablone dem Zeitgemäßen das Individuelle beifügt.

Uber das Material wäre manches Interessante
zu sagen. Namentlich daß die Wolle der Karakul-
schafe, in deutschen Tierzüchtereien gewonnen,
von Frau Fritschi gerne verarbeitet wird. Diese
Wolle gibt im Orient das warmglänzende Garn
für die kostbaren Bocharateppiche. Sie liebt Wolle
besonders in ungefärbtem Zustande, dunkelgrau,
fast weiß und zimmtbraun, sowie die unendlich

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