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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Osborn, Max: Akademie und Secession in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0221

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HANS HEYBODEN—BERLIN (akademie-ausstei.lung) GEMÄLDE »LEYSIN«

AKADEMIE UND SECESSION IN BERLIN

VON DR. MAX OSBORN

Einst waren es grimme Gegensätze: Aka- Problem des malerischen Schmuckes im Raum
demie und Secession. Dort war die Überlie- teils zurückgesetzt erscheint, teils zum Wand-
ferung, hier der wagemutige Blick ins Neuland. bild drängt, weil vielfach ein intensives Echo
Das hat sich längst verschoben. Als Max Lieber- des Lebensgefühls der Zeit vermißt wird, und
mann Akademiepräsident geworden — vor nun weil die Augen des Publikums überhaupt, von
bald zehn Jahren —, nahm das ehrwürdige der Präzision intellektualistischer Sachlichkeit
Staatsinstitut einen Verjüngungstrank, und die verführt, für Sinn und Reiz der Malerei in ihrer
Secession als Bannerträgerin moderner Ideen eigentlichen Mission unverkennbar schwächer
konnte ihren Vorzugsplatz umso weniger be- geworden — je rücksichtsloser sich alle diese
haupten, da jüngere Gruppen und Organisatio- Tatsachen in den Vordergrund schieben, umso
nen ihr die Fortschrittsfahne aus der Hand unerschöpflicher wird die Produktion. Als jüngst
nahmen. Heute gibt es grundsätzliche Unter- der Verein Berliner Künstler an seinem 90. Ge-
schiede überhaupt nicht mehr. Höchstens mate- burtstag sein neues, recht behagliches Quar-
rielle, da die Akademie auf sicherem Etatgrunde tier in der Berliner Tiergartenstraße einweihte,
ruht, die Secession aber, das ist für eine private prägte der Vorsitzende Carl Langhammer die
Person heute keine Schande, Geldsorgen hat. hübsch erfundene und zutreffende Wendung,
Gleichermaßen indes ist hier wie dort die wir hätten jetzt so etwas wie eine „Ausstel-
Abschließung gegen die nachdrängende Jugend lungsinflation". Das bricht ununterbrochen über
und die suchenden Gedanken von heute. Was uns herein wie ein Sturzbach, nicht wesentlich
Alfred Döblin, der Dichter, querköpfig und anders als vor zehn Jahren die Geldscheine der
ohne logische Schärfe, bei seiner inzwischen be- Notenpresse.

rühmt oder berüchtigt gewordenen Eröffnungs- Werden die in solchen Massen öffentliche

anspräche in der Secession meinte: daß es rings und private Ausstellungssäle überströmenden

allzu geruhsam zugehe und man nichts vom Bilder auch immer weniger wert, wie einst das

Sturmwind der Zeit spüre, hätte er ebenso gut Papiergeld? Das wird man gewiß nicht be-

an Stelle Liebermanns als Weiheredner der haupten. Im Gegenteil, seitdem das Handwerk

Akademie sagen können. Aber merkwürdig: sich wieder gefestigt hat, bringt jede dieser

je deutlicher die heute ohne Zweifel vorhan- Übersichten eine so breite Front tüchtiger Ar-

dene kritische Lage des Tafelbildes hervortritt, beiten, daß man die schwierige, fast verzwei-

weil der Absatz ins Stocken geriet, weil das feite Lage der Künstlerschaft doppelt beklagen

XXXIV. Juli 1931. 1
 
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