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Dörpfeld, Wilhelm [Hrsg.]
Troja und Ilion: Ergebnisse der Ausgrabungen in den vorhistorischen und historischen Schichten von Ilion 1870 - 1894 (Band 1) — Athen, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.1114#0020
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I. Abschnitt: Geschichte der Ausgrabungen von Troja. (W. Dörpfeld)

lange schwanken: Nur hier konnte der Ort sein, wo einst die heilige Ilios
Homers gestanden hatte. Hier waren offenbar Jahrhunderte lang Ansiedelun-
gen verschiedener Art gewesen. Hier mussten auch, davon war er bald fest
überzeugt, noch Reste der alten Königsburg des Priamos und des Hektor unter
dem Boden und unter den späteren Bauresten erhalten sein. Diese sagenhaften
Ruinen an's Licht zu fördern und so einen Traum seiner Jugend zu erfüllen,
das war der feste Entschluss, den er bei seinem ersten Besuche der Troas
fasste und bald auch in die That umsetzte. In dem kurz darauf erschienenen
Buche: «Ithaka, der Peloponnes und Troja» kündigte er öffentlich seine Absicht
an, auf dem Hügel Hissarlik das homerische Troja auszugraben.

Im April 1870 sehen wir ihn schon bei der Arbeit Den ersten Spaten-
stich unternahm er an der Nordwestecke des Hügels und entdeckte eine auf
unserem Plane III in dem Quadrate B 4 verzeichnete Mauer der römischen
Zeit, sah sich aber durch Streitigkeiten mit den Besitzern des Grundstückes,
zwei Türken aus Kum - Kaleh, gezwungen, die Arbeit vorläufig einzustellen und
die Regelung der Besitzverhältnisse abzuwarten.

Nachdem die türkische Regierung die westliche Hälfte des Hügels angekauft
hatte, konnten die Grabungen im Oktober 1871 wieder aufgenommen werden.
Diesmal nahm auch Frau Sophie Schliemann an den Arbeiten ihres Mannes
thätigen Anteil. Wiederum wurde an der Nordwest - Ecke in den Quadraten
A4 und B4 der Spaten eingesetzt und unterhalb eines griechisch-römischen
Gebäudes in die Tiefe gegangen. Mehrere Mauern aus unbearbeiteten Steinen
und Lehmziegeln, zahlreiche Stücke sehr einfacher altertümlicher Topfwaare und
viele Steingeräte wurden an's Licht gebracht und bewiesen dem glücklichen
Finder, dass hier in der That, wie man schon vermutet hatte, seit uralten
Zeiten Ansiedelungen gewesen waren. Dazu bestätigten einige römische Inschrif-
ten, die in der obersten Schicht gefunden wurden, mit voller Sicherheit, dass
die jüngsten Mauern der römischen Stadt Ilion angehörten. Die älteren Ruinen
durften also mit der grössten Wahrscheinlichkeit einem vorhistorischen Ilion
zugeschrieben werden. So konnte denn Schliemann in seinem Berichte vom 18.
November 1871 (Trojanische Altertümer, S. 32) mit voller Überzeugung sagen:
«Wenn es jemals ein Troja gab, und mein Glaube daran steht fest, so kann
es nur hier auf der Baustelle von Ilion gewesen sein.»

Während des Winters ruhte die Arbeit und wurde erst im folgenden
Frühjahre (April 1872) mit einer grösseren Zahl von Arbeitern wieder aufge-
nommen. Östlich von dem früheren Arbeitsplatze wurde am nördlichen Abhänge
des Hügels in den Quadraten D 2, E 2 und F 2 unseres Planes III eine grosse
Terrasse angelegt und in den Hügel hineingetrieben. Schliemann plante einen
breiten Durchschnitt quer durch den ganzen Hügel, um das Innere der Schutt-
massen gründlich zu erforschen. Die Lage dieses Durchschnittes, wie auch des
ersten Ausgrabungsplatzes, ist in dem ersten Plane angegeben, der auf Tafel
116 der Trojanischen Altertümer veröffentlicht wurde. Nebenstehend ist er in
 
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