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DIE INSCHRIFT ÜBER DIE
STEINERNE KASSETTENDECKE DES WESTRAUMES

Die längst bekannte Inschrift EW. 380 XIII, Sp. I, Z.3—14, die eine Rechnung des Ere-
chtheion-Baues aus dem Jahre 408/7 enthält und von der Herstellung einer Decke (opo<p])
handelt, hat das Mißgeschick gehabt, schon seit fast 100 Jahren falsch verstanden zu werden.
Man hat die antike Interpunktion der Inschrift nicht beachtet und durch Einführung einer
neuen falschen Interpunktion ihren Sinn entstellt. Man glaubte nämlich damals und glaubt
noch heute, daß in der Rechnung von einer xap.7tuXY] gsX'lc, die Rede sei, die von mehreren
Forschern und zuletzt von den Amerikanern eingehend besprochen worden ist, während es
sich in Wirklichkeit um eine xa|j.uuXY) öpocfYj handelt.

Schon F. Thiersch hat in seiner Abhandlung „Uber das Erechtheion" (Abh. Münch. 1843, 141)
von dieser xajrrcuXY] asXtc; gesprochen und sie für einen hölzernen Balken erklärt, „der in eine
Biegung oder Höhlung gearbeitet war". Zu dieser mir nicht ganz verständlichen Erklärung
war er gekommen, weil er die Inschrift auf S. 168, Z. 4—7 in folgender Weise wiedergibt:
TTjV öpocpvjv xocx'.axäatv, xyjv xa[i/7iuXrjv asXwa sie, l'Spav xal xae; aXXac; ercayayoijaiv sie, ISpav
ixdaiYjv . . . (folgen die Namen von 6 Arbeitern, von denen jeder 1 Drachme als Lohn
erhalten hat). Thiersch hatte, um das Verständnis zu erleichtern, nach xouatäatv ohne Be-
rechtigung ein modernes Komma gesetzt, dafür aber leider eine antike Interpunktion (:), die
zwischen den Worten xajrjruXrjv und asXiSa auf dem Stein steht, ausgelassen. A. Michaelis
(Arx 1901, 105) und ebenso L. D. Caskey (EW. 380) haben die antike Interpunktion zwar
richtig hinzugefügt, aber das den Sinn entstellende Komma von Thiersch beibehalten. B. H. Hill,
der sich besonders eingehend mit der xocjjjtuXY) aeXig befaßt hat (AJA. 1910, 292), ist leider
Thiersch ganz gefolgt, indem er die antike Interpunktion wieder wegließ und das moderne
Komma durch einen Punkt ersetzte. Im CIA. I 324a, Sp. I 4 und in der Editio minor des
Corpus von 1924 (IG. I2, 374, 56), sogar auch im EW. Taf. 49 links, ist die Inschrift dagegen
von F. Hiller v. Gaertringen bzw. von Caskey korrekt wiedergegeben: xr^v äpocpyjv xaxiaxäaiv
xyjv xajJ/JiuXYjv: asXßa sie; eSpocv xai tag aXXac; sirayayoOatv sie, ISpav IxdaxrjV . . .

Da wir von vornherein anzunehmen haben, daß die antike Interpunktion einen Zweck hat
und die beiden Worte xa|i7cuXrjv und asXBa trennen soll, so müssen wir die Worte xyjv opscprjv
xaxiaxäaiv tyjv xa|j.T:uXY)v zusammenfassen und mit asXtöa einen neuen Satzteil beginnen:
„Den Arbeitern, welche die Decke, die gekrümmte, hergestellt haben, (indem sie)
eine Platte an ihren Platz (gelegt) und die anderen (Platten) herangeschafft und
jede an ihren Platz (gelegt haben), dem Manis aus Kollytos und den übrigen fünf
Arbeitern je 1 Drachme (nämlich den Lohn je eines Tages), zusammen 6 Drachmen."
Es scheint mir hiernach zweifellos, daß der Verfasser der Inschrift die antike Interpunktion
zwischen xa[i7:6XYjv und asXt5a gesetzt hat, um die nahehegende, aber unrichtige Verbindung
dieser beiden Worte zu verhindern. Seltsamerweise haben jedoch aUe Epigraphiker ohne Aus-
nahme bisher die antike Interpunktion mißachtet, mit F. Thiersch eine xajjmuXrj osXtg an-
genommen und darunter einen gekrümmten Balken aus Holz verstanden, der mit anderen
nicht gekrümmten Hölzern eine Decke gebildet haben soll; und sie haben das getan, obwohl
osXtg niemals „Balken" bedeutet. So erkennen namentlich die Amerikaner (EW. 363, 380,

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