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Dragendorff, Hans; Archäologische Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Alexander Conze: Gedächtnisrede gehalten am Winckelmannstage 1914 in der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.41440#0011
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chenland eine Fülle feinerer Kenntnisse gewonnen. Aber alle diese neue Er-
kenntnis hat die Grundlage von Conzes Arbeit nicht berührt.
Die Bedeutung dieser Arbeit geht aber noch weiter. In Wien, wo Conze
damals als Universitätsprofessor weilte, war er mit der Prähistorie des Ge-
bietes nördlich der Alpen näher bekannt geworden. Die Beziehungen zwischen
den prähistorischen Funden Mitteleuropas und den altgriechischen gingen
ihm hier auf. Er erkannte, daß Fäden schon in grauer Vorzeit hinüber und
herüber sich spannen, daß die eine Wurzel griechischer Kunst schließlich im
europäischen Norden liege so gut wie die Heimat des entscheidenden Bestand-
teiles der Bevölkerung Griechenlands. Er wies die Archäologen auf die Prä-
historie und zog diese in den Arbeitsbereich der Archäologen, die sie heute nicht
mehr entbehren können. So war die Archäologie vorbereitet, als bald darauf
seit Schliemanns Funden der Spaten sie in immer tiefere Schichten der
Vorzeit führte.
Das Schicksal hat Conze besonders glückliche Wege geführt. Dem jungen
Gelehrten, der sein Studium abgeschlossen hatte, gab es reichliche Gelegen-
heit, die Stätten alter Kultur, die Schätze von diesen Stätten, selbst auf zu -
suchen. Die griechischen Originale des Britischen Museums und der Besuch
Griechenlands waren es, die Conzes Wissenschaft die entscheidende Sichtung
gaben, und ich meine, seiner ganzen Lebensarbeit fühlt man es an, daß Conze
einer der ersten zünftigen Archäologen war, die von Griechenland, vom
Griechischen, nicht vom Römischen aus sich ihren Weg bahnten.
Ein gutes Geschick hatte Conze auch den zähen Körper gegeben, der
gern den Strapazen trotzt, sie sucht. Mit der Kenntnis des Südens, den seine
Reisen dem jungen Gelehrten, dem ersten Stipendiat des Instituts gegeben,
gaben sie ihm zugleich die Freude am Reisen, die ihm bis ins hohe Alter blieb,
die Freude am frischen Erkundungsritt ins Fremde, Ferne, an der Arbeit
iin Terrain, die noch den 78 jährigen nicht davor zurückschrecken ließ, die
Strapazen eines mehrwöchigen Aufenthaltes auf sturmgepeitschtem ödem
Bergrücken in über 1000 m Meereshöhe, zur Aufdeckung des Heiligtumes
auf Mamurt Kaleh bei Pergamon auf sich zu nehmen. Conze ist nie
ein Bücherarchäologe geworden, nie der Gelehrte, der hinter seinem behag-
 
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