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Dragendorff, Hans; Archäologische Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Alexander Conze: Gedächtnisrede gehalten am Winckelmannstage 1914 in der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.41440#0020
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selbst hart ankommen, auf sein Handeln hatte das keinen Einfluß. Alles
um der Sache willen, um der Sache willen aber auch alles. So konnte er auch
fernerstehenden kalt und hart erscheinen, weil er gewaltsam aus sachlichen
Erwägungen und Verhandlungen alles Menschliche fernhielt. Wer ihn näher
kannte, wer sich die Mühe nahm, ihn zu verstehen, der fühlte sehr bald, ein
wie warmes Herz sich hinter dieser manchmal herben Art verbarg, wieviel
strenger Gerechtigkeitssinn hier mit Wohlwollen gepaart war. Und er schätzte
dann ein freundliches persönliches Wort nach langen sachlichen Verhandlun-
gen, einen kurzen Gruß am Schluß eines knappen, rein sachlichen Schreibens
höher als billige Liebenswürdigkeiten, mit denen er anderwärts überhäuft
wurde.
So hat Conze Generationen von Archäologen an sich vorüberziehen sehen.
Nichts schien ihm das Alter anhaben zu können. Erisch und stählern blieb
sein Körper, frisch sein Geist. Und mit dieser Frische bewahrte er sich auch
die Fähigkeit, die Fühlung mit seiner Umwelt nicht zu verlieren. Conze haben
wir jungen und jüngsten alle noch gekannt. Treu seinen alten Freunden,
trat er doch jedem neuen, bei dem er ehrliches Streben sah, freundlich ent-
gegen, wußte auch noch mit dem jüngsten Stipendiaten umzugehen, so daß
man den gewaltigen Altersabstand fast vergessen konnte. So klingt auch
gerade aus dem Kreise der jungen die Trauer um ihn. Er war uns keine
ferne Größe. Wir kannten und liebten ihn.
Ein gütiges Geschick hat ihn bis zuletzt geleitet. Noch einmal ist er in
diesem Frühling hinausgezogen nach Griechenland. An seine Sammlung der
Grabreliefs wollte er die letzte Hand legen und zugleich, was er bisher sich
immer versagt hatte, seiner treuen Lebensgefährtin sein Griechenland zeigen.
Noch einmal hat ihn die griechische Sonne, die er so liebte, bestrahlt. Erfrischt
kehrte er heim, und unvergeßlich bleibt mir die trauliche Teestunde, als ich
ihm — ohne feierliches Zeremoniell, so hatte er sich’s erbeten — das Diplom
über brachte, das ihn zum Ehrenmitglied des Instituts ernannte, und als
nun die beiden greisen Reisenden ihre Reiseerlebnisse und -abenteuer mit
einer Frische erzählten, um die mancher junge sie beneiden konnte. Einen
Schatten warf auf seine letzten Lebenswochen die Kunde von Unruhen, die
 
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