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V, 5: Intellektuelles Leben.

von Bremen stand1). In Florenz lebte ums Jahr 1066 ein
geistlicher Maler Rusticus2). Als Kunsthandwerker in Gold-,
Silber-, Marmor- und Holzarbeiten war der Veroneser Erzdiakon
Pacificus3) und, ebenfalls in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts,
der Farfenser Abt Benedikt (—815) hervorragend4). Die wohl
dem 11. Jahrhundert entstammende Klosterordnung von Farf'a
kennt sogar eine eigene Zelle, in der die Gold- und Glas-
arbeiter u. s. w. ihrer Kunst obliegen sollten5).
Umfangreicher jedoch war der mittelbare Anteil, den Kirche
und Geistlichkeit an der Entwickelung der Kunst nahmen. Denn
die Kirche bildet den unbedingt herrschenden Mittelpunkt aller
Kunstübung, für ihre Zwecke arbeiten alle Künste, allen giebt
sie den Inhalt. Findet wirklich einmal ein weltlicher Stoff Be-
handlung, so steht er sicher in irgend welchem Zusammenhänge
mit einem geistlichen Gegenstände6); denn eines anderen, als
des überkommenen religiösen Inhalts haben sich die Künstler
noch nicht zu bemächtigen verstanden. Und sie sind zugleich
materiell von der Kirche abhängig, weil sie fast allein Kunst-
bedarf hat und Auftraggeberin ist.
Freilich, es ist keineswegs eine Blütezeit der Kunst, von der
wir sprechen. Koch schleppen sich alte Formen inhaltsarm fort7),
denn noch war das Kapital, das das religiöse Stoffgebiet der Kunst
bot, ein totes, und so stellen zumal das 10. und 11. Jahrhundert,
etwa von 925 an, wohl den tiefsten Punkt dar, zu dem die bildenden
Künste in Italien gelangten8). Das deutlichste Spiegelbild dieser
Entwickelung bildet die Baukunst, der ja als dem Mittelpunkte
alle andern Künste dienten. Noch bis ins erste Drittel des 10.
Jahrhunderts hinein haben die Päpste mit ziemlichem Eifer Kirchen

3) Bruno, de b. Sax. 4 (Ser. V 381); Springer, a. a. 0. 3.
2) Springer, a. a. 0. 32.
3) Grabsclirift bei Dümmler, Poet. II 655.
4) CÖnstr. Farf. 17 (Scr. XI 529).
6) Ordo Farf. (Ser. XI 547). S. v.~ Schlosser, abendl. Klosteranlage,
S. 61.
0) S. über die Ivreaner Bilder aus einer Reihe „Agenda mortuorum“
Betbmann, Arch. IX 625 und Dümmler, Ans. 85 fgd., und die Cassineser
Bilder bei Tosti, Monte Cassino I 289.
7) Veryl. Sebnaase, Gesell, d. B. Künste IV'2 433.
8) Ibid. 693.
 
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