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STOFFGEBIET DER LANDSCHAFT
reiches Talent betätigt haben. Von dem sicheren Terrain,
das die Alten gewonnen hatten, ausgehend, drangen sie
unermüdlich, zuerst vorsichtig und langsam, dann in
immer schnellerem Tempo, nach allen Seiten vor; sie
prüften das Überkommene nach, sie betraten das Uner-
forschte, sie wagten das Ungewagte, und sie haben so
das Stoffgebiet der Landschaftsmalerei in einer ganz
ausserordentlichen Weise erweitert.
Das Stoffgebiet der Landschaftsmalerei der Renaissance
war durchaus begrenzt. Sie kannte die Ebene, die Hügel-
und die Felslandschaft; sie mied die Gebirgsnatur und
vollends das Hochgebirge. Sie hielt sich am Rande des
Waldes und drang nicht in sein Herz, in seine geheim-
nisvolle Einsamkeit ein. Sie beschäftigte sich vorwiegend mit
dem Laubwalde und hatte für den Tannen- und Fichtenwald
nur ausnahmsweise, für den Kiefernwald gar kein Interesse.
In der Wiedergabe der Jahreszeiten beschränkte sie sich auf
eine enge Skala. Die Italiener malten eigentlich nur Sommer-
landschaften. Die Holländer stellten wohl, am liebsten
in Pendants, die vier Jahreszeiten dar, aber sie pflegten
sie nur nach ihren gröbsten Unterschieden zu charak-
terisieren und sahen es vor allem darauf ab, den Wandel
des Menschenlebens in den Jahreszeiten zu schildern. Nur
ganz ausnahmsweise haben Ruysdael und Rembrandt den
düsteren Ernst des Winters tiefer aufgefasst. So war auch ihr
Studium der atmosphärischen Erscheinungen begrenzt.
Klare oder leicht dunstige Morgen und Abende, sowie das
gedämpfte Licht bei mannigfach bewegtem Himmel waren
die Motive, zu denen sie immer wieder zurückkehrten. Kurz,
die Maler der Renaissance haben nur eine scharf begrenzte
Reihe von Naturerscheinungen in den Bereich ihres
STOFFGEBIET DER LANDSCHAFT
reiches Talent betätigt haben. Von dem sicheren Terrain,
das die Alten gewonnen hatten, ausgehend, drangen sie
unermüdlich, zuerst vorsichtig und langsam, dann in
immer schnellerem Tempo, nach allen Seiten vor; sie
prüften das Überkommene nach, sie betraten das Uner-
forschte, sie wagten das Ungewagte, und sie haben so
das Stoffgebiet der Landschaftsmalerei in einer ganz
ausserordentlichen Weise erweitert.
Das Stoffgebiet der Landschaftsmalerei der Renaissance
war durchaus begrenzt. Sie kannte die Ebene, die Hügel-
und die Felslandschaft; sie mied die Gebirgsnatur und
vollends das Hochgebirge. Sie hielt sich am Rande des
Waldes und drang nicht in sein Herz, in seine geheim-
nisvolle Einsamkeit ein. Sie beschäftigte sich vorwiegend mit
dem Laubwalde und hatte für den Tannen- und Fichtenwald
nur ausnahmsweise, für den Kiefernwald gar kein Interesse.
In der Wiedergabe der Jahreszeiten beschränkte sie sich auf
eine enge Skala. Die Italiener malten eigentlich nur Sommer-
landschaften. Die Holländer stellten wohl, am liebsten
in Pendants, die vier Jahreszeiten dar, aber sie pflegten
sie nur nach ihren gröbsten Unterschieden zu charak-
terisieren und sahen es vor allem darauf ab, den Wandel
des Menschenlebens in den Jahreszeiten zu schildern. Nur
ganz ausnahmsweise haben Ruysdael und Rembrandt den
düsteren Ernst des Winters tiefer aufgefasst. So war auch ihr
Studium der atmosphärischen Erscheinungen begrenzt.
Klare oder leicht dunstige Morgen und Abende, sowie das
gedämpfte Licht bei mannigfach bewegtem Himmel waren
die Motive, zu denen sie immer wieder zurückkehrten. Kurz,
die Maler der Renaissance haben nur eine scharf begrenzte
Reihe von Naturerscheinungen in den Bereich ihres