176 LÄHMUNG DER KÜNSTLERISCHEN FUNKTION
Ausschaltung des künstlerischen Momentes im mensch-
lichen Schaffen jedem Fortschritte ein unüberwindliches
Hindernis entgegenstellt. Bei allen findet man ein un-
geheures und kostbares Material von Wissen, Erfahrung
und Beobachtung im Besitze der modernen Menschheit,
und bei allen begegnet man der gleichen Ohnmacht, dies
Material in schöpferischer Gestaltung zu verwerten, es nutz-
bar zu machen, die Werksteine zum Bau zusammenzufügen.
Die Deutschen verstehen es nicht, warum ihr Leben bei
so gewaltigen Hilfsmitteln durchaus unbefriedigend, ver-
worren, unfruchtbar, belastet bleibt, und mit Ungeduld
suchen sie nach den Ursachen und den Heilmitteln
dieser Erscheinung. Gebt uns Schutzzoll! Erhöht den
Einfluss der Kirche auf die Schule! Modelt unsere Er-
ziehung nach amerikanischem Muster um! Hebt das Pri-
vateigentum auf und ihr werdet gerettet sein! So schallen
die Ratschläge durcheinander. Aber wie viel oder wie
wenig an ihnen allen nun richtig und nützlich sein mag:
nicht einen Schritt werden wir vorwärts kommen, ehe
wir nicht die Natur des Übels klar erkannt, ehe wir nicht
begriffen haben, dass es in der Erkrankung des Kunst-
organs am sozialen Körper liegt, ehe wir uns nicht zu
der für den modernen „praktischen“ Menschen freilich
höchst unbequemen und ungewöhnlichen Anerkenntnis
entschlossen, dass es nun einmal wirklich und wahrhaf-
tig dies untergeordnete und gering geschätzte Ding, die
Kunst, ist, an dem wir unser Leiden erkennen und uns der
Gefahren, der Hoffnungen und Aussichten, der Zukunft
und des Weges unseres Lebens vergewissern müssen.
Darum, o praktische Menschheit, kannst du in diesem
Augenblicke nichts Praktischeres tun, als deine ganze
Ausschaltung des künstlerischen Momentes im mensch-
lichen Schaffen jedem Fortschritte ein unüberwindliches
Hindernis entgegenstellt. Bei allen findet man ein un-
geheures und kostbares Material von Wissen, Erfahrung
und Beobachtung im Besitze der modernen Menschheit,
und bei allen begegnet man der gleichen Ohnmacht, dies
Material in schöpferischer Gestaltung zu verwerten, es nutz-
bar zu machen, die Werksteine zum Bau zusammenzufügen.
Die Deutschen verstehen es nicht, warum ihr Leben bei
so gewaltigen Hilfsmitteln durchaus unbefriedigend, ver-
worren, unfruchtbar, belastet bleibt, und mit Ungeduld
suchen sie nach den Ursachen und den Heilmitteln
dieser Erscheinung. Gebt uns Schutzzoll! Erhöht den
Einfluss der Kirche auf die Schule! Modelt unsere Er-
ziehung nach amerikanischem Muster um! Hebt das Pri-
vateigentum auf und ihr werdet gerettet sein! So schallen
die Ratschläge durcheinander. Aber wie viel oder wie
wenig an ihnen allen nun richtig und nützlich sein mag:
nicht einen Schritt werden wir vorwärts kommen, ehe
wir nicht die Natur des Übels klar erkannt, ehe wir nicht
begriffen haben, dass es in der Erkrankung des Kunst-
organs am sozialen Körper liegt, ehe wir uns nicht zu
der für den modernen „praktischen“ Menschen freilich
höchst unbequemen und ungewöhnlichen Anerkenntnis
entschlossen, dass es nun einmal wirklich und wahrhaf-
tig dies untergeordnete und gering geschätzte Ding, die
Kunst, ist, an dem wir unser Leiden erkennen und uns der
Gefahren, der Hoffnungen und Aussichten, der Zukunft
und des Weges unseres Lebens vergewissern müssen.
Darum, o praktische Menschheit, kannst du in diesem
Augenblicke nichts Praktischeres tun, als deine ganze