ERFÜLLUNG DER NATUR 241
da es doch in die Tiefen der Erde und des Himmels dringt?
Ist ihr Arm schwächer, da er doch über Meere und Länder
reicht, deren Vorstellung selbst in den Köpfen jener Armen
nicht Raum hat? In der Schönheit des Naturmenschen
kündet die Natur ihre Intention an, ihr Schöpfungswerk
durch den schönen Menschen zu krönen; in dem schönen
Menschen der Kultur ist ihre Absicht verwirklicht, ihr
Wille erfüllt.
Der schöne Mensch ist also ein Produkt der Kultur,
und ich behaupte, dass jede echte, das heisst: jede schöp-
ferische, keimkräftige Kultur die Blüte des schönen Men-
schen erzeugt — erzeugen muss nach ihrem Gesetze,
dass sie ihr Wesen am Menschen sichtbar zu machen
drängt. Die vollkommensten Kulturen, die die Mensch-
heit erzeugt hat, haben auch die vollkommensten schö-
nen Menschen geschaffen; allein jede Kultur, die über-
haupt einen lebendigen Kern in sich trägt, hat irgend
eine Form des schönen Menschen erzeugt. So kennen
wir den schönen Menschen der Gotik, den Spaniens,
Hollands, des Rokokos. Als sich um Goethe und Schiller
die deutsche klassische Kultur bildete, — welch erstaunlich
reicher Blütenflor von Menschen, deren Leben und Wirken
in allen seinen Äusserungen den Stempel einer eigentüm-
lichen Schönheit trägt, spross da mit einem Male hervor! Und
das Preussentum, das von den Ästheten so oft gering geach-
tete und gehänselte Preussentum, — hat es nicht in dem
preussischen Offizier einen Typus Mensch hervorgebracht,
der, hafte ihm noch so viel Einseitigkeit und Beschränkt-
heit an, ersichtlich und unzweifelhaft eine Form des
schönen Menschen darstellt? Hat nicht dieser Typus in
Gestalten, wie dem alten Kaiser, Bismarck, Moltke und
Dresdner, Weg der Kunst 16
da es doch in die Tiefen der Erde und des Himmels dringt?
Ist ihr Arm schwächer, da er doch über Meere und Länder
reicht, deren Vorstellung selbst in den Köpfen jener Armen
nicht Raum hat? In der Schönheit des Naturmenschen
kündet die Natur ihre Intention an, ihr Schöpfungswerk
durch den schönen Menschen zu krönen; in dem schönen
Menschen der Kultur ist ihre Absicht verwirklicht, ihr
Wille erfüllt.
Der schöne Mensch ist also ein Produkt der Kultur,
und ich behaupte, dass jede echte, das heisst: jede schöp-
ferische, keimkräftige Kultur die Blüte des schönen Men-
schen erzeugt — erzeugen muss nach ihrem Gesetze,
dass sie ihr Wesen am Menschen sichtbar zu machen
drängt. Die vollkommensten Kulturen, die die Mensch-
heit erzeugt hat, haben auch die vollkommensten schö-
nen Menschen geschaffen; allein jede Kultur, die über-
haupt einen lebendigen Kern in sich trägt, hat irgend
eine Form des schönen Menschen erzeugt. So kennen
wir den schönen Menschen der Gotik, den Spaniens,
Hollands, des Rokokos. Als sich um Goethe und Schiller
die deutsche klassische Kultur bildete, — welch erstaunlich
reicher Blütenflor von Menschen, deren Leben und Wirken
in allen seinen Äusserungen den Stempel einer eigentüm-
lichen Schönheit trägt, spross da mit einem Male hervor! Und
das Preussentum, das von den Ästheten so oft gering geach-
tete und gehänselte Preussentum, — hat es nicht in dem
preussischen Offizier einen Typus Mensch hervorgebracht,
der, hafte ihm noch so viel Einseitigkeit und Beschränkt-
heit an, ersichtlich und unzweifelhaft eine Form des
schönen Menschen darstellt? Hat nicht dieser Typus in
Gestalten, wie dem alten Kaiser, Bismarck, Moltke und
Dresdner, Weg der Kunst 16