NEUE TRACHT UND NEUE SEELE
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tragen, die sich nicht damit auch zu einem neuen Geiste
bekennen will. Keine Frau soll sie tragen, die sich nicht
durch sie erziehen lassen will. Keine, die sich nicht das
Ziel vor Augen gestellt hat, sich so zu entwickeln, dass
ein genialer Künstler von ihr die Inspiration eines neuen
höheren Frauenideals empfangen kann. In „Past and
Present“ erzählt Carlyle von einer armen irischen Witwe
in Edinburgh, die sich vergebens an alle mildtätigen Insti-
tute der Stadt wandte, bis sie endlich zusammenbrach,
am Typhus erkrankte, starb und das ganze Gässchen, in
dem sie gewohnt, mit ihrer Krankheit ansteckte, so dass
noch siebzehn andere Personen daran starben. „Nun (so
fährt Carlyle fort), was sollen wir denn eigentlich tun?
höre ich einige entrüstete Leser rufen. Nichts, meine
Freunde, so lange Ihr nicht wieder eine Seele für Euch
selbst gewonnen habt.“ Diese Moral ist, wie mir scheint,
auf unseren Fall anwendbar. Die Frauen sollen und können
keine neue Tracht annehmen, bevor sie nicht eine neue
Seele gewonnen haben, eine Seele, harrend des neuen
Lichtes und durstig jeden Strahl seiner Morgenröte ein-
saugend. Es ist nicht das Ziel, die jetzige Generation von
Frauen mit möglichster Eile in die neue Tracht zu stecken.
Aber an die kommende Generation müssen wir denken,
an alle die Hunderttausende von jungen Mädchen, die
der Zukunft entgegen wachsen. Der Jugend gilt unsre Arbeit.
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tragen, die sich nicht damit auch zu einem neuen Geiste
bekennen will. Keine Frau soll sie tragen, die sich nicht
durch sie erziehen lassen will. Keine, die sich nicht das
Ziel vor Augen gestellt hat, sich so zu entwickeln, dass
ein genialer Künstler von ihr die Inspiration eines neuen
höheren Frauenideals empfangen kann. In „Past and
Present“ erzählt Carlyle von einer armen irischen Witwe
in Edinburgh, die sich vergebens an alle mildtätigen Insti-
tute der Stadt wandte, bis sie endlich zusammenbrach,
am Typhus erkrankte, starb und das ganze Gässchen, in
dem sie gewohnt, mit ihrer Krankheit ansteckte, so dass
noch siebzehn andere Personen daran starben. „Nun (so
fährt Carlyle fort), was sollen wir denn eigentlich tun?
höre ich einige entrüstete Leser rufen. Nichts, meine
Freunde, so lange Ihr nicht wieder eine Seele für Euch
selbst gewonnen habt.“ Diese Moral ist, wie mir scheint,
auf unseren Fall anwendbar. Die Frauen sollen und können
keine neue Tracht annehmen, bevor sie nicht eine neue
Seele gewonnen haben, eine Seele, harrend des neuen
Lichtes und durstig jeden Strahl seiner Morgenröte ein-
saugend. Es ist nicht das Ziel, die jetzige Generation von
Frauen mit möglichster Eile in die neue Tracht zu stecken.
Aber an die kommende Generation müssen wir denken,
an alle die Hunderttausende von jungen Mädchen, die
der Zukunft entgegen wachsen. Der Jugend gilt unsre Arbeit.