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DER TANZ IN DER ERZIEHUNG
Nur ein Gesetzgeber herrsche bei diesen Übungen, ein
liebenswürdiger, aber strenger Gesetzgeber: der Rhythmus.
Er zügelt die Mutwilligen, er beflügelt die Trägen; er
bringt den ganzen Körper zur Aktion, er drängt die Ge-
bärde zur Prägnanz und hindert sie am Überschwang,
er bringt in die empirische, naturalistische Sprache des
Körpers Ordnung und Form, und indem er seinen Zwang
auf viele zugleich ausübt, organisiert er sie bei ihnen zu
einem gemeinsamen Besitztume.
Mögen also Freunde und Freundinnen der Jugend
musikalische Kindergärten für die Kleinen errichten, in
denen der Gedanke Fröbels in neuer und ich darf viel-
leicht sagen: in fruchtbarerer und höherer Form verwirk-
licht wird. Möge die Schule dann dies Werk fortsetzen,
in der Erkenntnis, dass es nicht genügt, die Gesundheit
des Körpers durch Turnen zu fördern, sondern dass es
gilt, dem Körper seine Macht als künstlerisches Ausdrucks-
mittel zu erhalten und sie so zu entwickeln, dass die
köstlichen Gaben, die die Natur dem Kinde auf den
Lebensweg mitgibt, in geläuterter und veredelter Form
auch dem Jünglinge und dem Manne, der Jungfrau und
Frau bewahrt werden. Hier ist das Gebiet, auf dem wir
von Miss Duncan zu lernen haben. Freilich wollen wir
hoffen, dass sich Künstlerinnen und Künstler des Tanzes,
Genies der Tanzkunst finden werden, die ihre Anregungen
aufnehmen und ausbilden. Was wir aber tun können
und sollen, ist, durch die Erziehung ein Fundament zu
schaffen, auf das sich künftig der Tanz als bildende
Kunst, als Vorbild und Lehrer menschlicher Schönheit,
als Bahnbrecher aller echten und grossen Kunst gründen
kann. Welche berechtigten Bedenken wären in der Tat
DER TANZ IN DER ERZIEHUNG
Nur ein Gesetzgeber herrsche bei diesen Übungen, ein
liebenswürdiger, aber strenger Gesetzgeber: der Rhythmus.
Er zügelt die Mutwilligen, er beflügelt die Trägen; er
bringt den ganzen Körper zur Aktion, er drängt die Ge-
bärde zur Prägnanz und hindert sie am Überschwang,
er bringt in die empirische, naturalistische Sprache des
Körpers Ordnung und Form, und indem er seinen Zwang
auf viele zugleich ausübt, organisiert er sie bei ihnen zu
einem gemeinsamen Besitztume.
Mögen also Freunde und Freundinnen der Jugend
musikalische Kindergärten für die Kleinen errichten, in
denen der Gedanke Fröbels in neuer und ich darf viel-
leicht sagen: in fruchtbarerer und höherer Form verwirk-
licht wird. Möge die Schule dann dies Werk fortsetzen,
in der Erkenntnis, dass es nicht genügt, die Gesundheit
des Körpers durch Turnen zu fördern, sondern dass es
gilt, dem Körper seine Macht als künstlerisches Ausdrucks-
mittel zu erhalten und sie so zu entwickeln, dass die
köstlichen Gaben, die die Natur dem Kinde auf den
Lebensweg mitgibt, in geläuterter und veredelter Form
auch dem Jünglinge und dem Manne, der Jungfrau und
Frau bewahrt werden. Hier ist das Gebiet, auf dem wir
von Miss Duncan zu lernen haben. Freilich wollen wir
hoffen, dass sich Künstlerinnen und Künstler des Tanzes,
Genies der Tanzkunst finden werden, die ihre Anregungen
aufnehmen und ausbilden. Was wir aber tun können
und sollen, ist, durch die Erziehung ein Fundament zu
schaffen, auf das sich künftig der Tanz als bildende
Kunst, als Vorbild und Lehrer menschlicher Schönheit,
als Bahnbrecher aller echten und grossen Kunst gründen
kann. Welche berechtigten Bedenken wären in der Tat