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Du Bos

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sehen sich früher oder später einige, so ließen sich
auf diesem Wege schließlich allgemein gültige Ur-
teile erzielen — so fügt Du Bos hinzu, weil er sich
nicht entschließen kann, die Konsequenz der Subjek-
tivität allen Kunsturteils zu ziehen^?). So war denn
das gebildete, das empfindende Laienpublikum von
der neuen Theorie in aller Form als oberste Kunst-
instanz eingesetzt. Aber wie steht es nun um das
Anrecht der Künstler? Werden sie vollkommen vom
Kunsturteile ausgeschlossen? Hierin geht Du Bos
insofern mit de Piles einig, als er den Künstlern wohl
die Möglichkeit, nicht aber den eigentlichen Beruf zu-
billigt, über die Schöpfungen der Kunst ein Urteil
zu fällen. Zwar erkennt er an, daß in der bildenden
Kunst die Stimme des Fachmannes von größerem Be-
lange sei, als in der Dichtung, und zwar aus dem
Grunde, weil man, um ein Werk der bildenden Kunst
zu beurteilen, wissen müsse, wie nahe es den besten
Mustern seiner Gattung gekommen sei; auch spricht
er denjenigen Künstlern, deren natürliches Genie mit
einer viel feineren Empfindung verbunden sei, als die
gemeine der Menschen, die Zuständigkeit zu — aber
diese bilden die Ausnahme; im allgemeinen aber irr-
ten die Künstler leicht, weil ihre Sensibilität abge-
stumpft sei, weil sie über alles auf dem Wege der
Diskussion urteilten, statt sich dem naiven Eindrücke
hinzugeben, endlich weil sie Vorurteile für irgend
eine Seite ihrer Kunst zu haben pflegten und diese in
ihre Urteile hineintrügen. Übrigens gibt er zu be-
denken, ob es denn wirklich ein so großes Glück für
die Künstler sein würde, wenn sie nur von ihresglei-
chen beurteilt würden — ein Zweifel, der, wie sich
noch zeigen wird, in den Zuständen innerhalb der
Künstlerschaft volle Begründung fand^). Mit diesen
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