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Albert Dresdner:
dieses Zieles dienen oder es erleichtern kann, dürfte ver-
schmäht werden, und dazu rechne ich auch die zweck-
mäßige Verwendung deutscher Übersetzungen zur Über-
windung von „Durststrecken“. Ich verstehe unter diesem
Ausdrucke minder bedeutende oder minder interessante
Teile der Schriftwerke, und ich meine, daß es sich emp-
fehlen wird, solche Abschnitte mit den Schülern in einer
deutschen Übersetzung zu lesen und an sie, soweit dies
wünschenswert erscheint, eine Besprechung in Bausch und
Bogen zu knüpfen. So wird das Bedeutende und Wert-
volle zusammengerückt, der Anteil der Schüler wach erhalten,
und es dürfte bei diesem Verfahren sich ermöglichen lassen,
große geschlossene Abschnitte aus den Historikern in einem
Semester zu bewältigen oder auch eine der umfassenderen
philosophischen Schriften Ciceros in ihren Hauptteilen durch-
zunehmen. Und da ich von Übersetzungen spreche, so
sei eine fernere Anregung gewagt, die, ich weiß es wohl,
von vielen als unerlaubte Ketzerei beurteilt werden wird,
die aber doch bei näherer Erörterung wiederholt die Zu-
stimmung erfahrener Schulmänner gefunden hat. Gegen-
wärtig ist der tatsächliche Zustand der, daß wohl die große
Mehrzahl der Schüler sich bei der Vorbereitung der griechi-
schen und lateinischen Lektüre der Hilfe deutscher Über-
setzungen bedient, obgleich ihre Verwendung verboten ist
und höchstens, weil nicht zu verhindern, stillschweigend
ignoriert wird. Man muß doch sagen, daß dies Verhältnis
nicht ganz reinlich und der Schule nicht eben würdig ist.
Wäre es da nicht moralisch und pädagogisch vorteilhafter,
die Übersetzung lieber entschlossen in den Dienst der Schul-
arbeit zu nehmen und so ihre Benutzung des gefährlichen
Keizes des Verbotenen zu entkleiden? Meines Erachtens
dürfte den Schülern anheimgegeben werden, sich deutscher
Übersetzungen bei der Vorbereitung in der Weise zu be-
dienen, daß sie sich aus ihnen im Bedürfnisfalle über den
allgemeinen Sinn und den großen Aufbau der Sätze orien-
tieren. Bei leichten und mittelschweren Stellen wird der
Albert Dresdner:
dieses Zieles dienen oder es erleichtern kann, dürfte ver-
schmäht werden, und dazu rechne ich auch die zweck-
mäßige Verwendung deutscher Übersetzungen zur Über-
windung von „Durststrecken“. Ich verstehe unter diesem
Ausdrucke minder bedeutende oder minder interessante
Teile der Schriftwerke, und ich meine, daß es sich emp-
fehlen wird, solche Abschnitte mit den Schülern in einer
deutschen Übersetzung zu lesen und an sie, soweit dies
wünschenswert erscheint, eine Besprechung in Bausch und
Bogen zu knüpfen. So wird das Bedeutende und Wert-
volle zusammengerückt, der Anteil der Schüler wach erhalten,
und es dürfte bei diesem Verfahren sich ermöglichen lassen,
große geschlossene Abschnitte aus den Historikern in einem
Semester zu bewältigen oder auch eine der umfassenderen
philosophischen Schriften Ciceros in ihren Hauptteilen durch-
zunehmen. Und da ich von Übersetzungen spreche, so
sei eine fernere Anregung gewagt, die, ich weiß es wohl,
von vielen als unerlaubte Ketzerei beurteilt werden wird,
die aber doch bei näherer Erörterung wiederholt die Zu-
stimmung erfahrener Schulmänner gefunden hat. Gegen-
wärtig ist der tatsächliche Zustand der, daß wohl die große
Mehrzahl der Schüler sich bei der Vorbereitung der griechi-
schen und lateinischen Lektüre der Hilfe deutscher Über-
setzungen bedient, obgleich ihre Verwendung verboten ist
und höchstens, weil nicht zu verhindern, stillschweigend
ignoriert wird. Man muß doch sagen, daß dies Verhältnis
nicht ganz reinlich und der Schule nicht eben würdig ist.
Wäre es da nicht moralisch und pädagogisch vorteilhafter,
die Übersetzung lieber entschlossen in den Dienst der Schul-
arbeit zu nehmen und so ihre Benutzung des gefährlichen
Keizes des Verbotenen zu entkleiden? Meines Erachtens
dürfte den Schülern anheimgegeben werden, sich deutscher
Übersetzungen bei der Vorbereitung in der Weise zu be-
dienen, daß sie sich aus ihnen im Bedürfnisfalle über den
allgemeinen Sinn und den großen Aufbau der Sätze orien-
tieren. Bei leichten und mittelschweren Stellen wird der