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Dresdner, Albert; Gaede, Richard
Neues Leben im altsprachlichen Unterricht: 3 Preisarbeiten — Berlin, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.43344#0042
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Albert Dresdner:

Schreibers gegenübersteht, verfolgt das bellum Gallicum
zugleich politische Zwecke. Moltke war Feldherr, Cäsar
Feldherr und Politiker zugleich; er zählt zur Klasse der
Cromwell, Friedrich, Napoleon, und indem diese Persönlich*
keiten sich in Verwandtschaften und Gegensätzen aneinander
erkennbar machen, erwirbt der Schüler am Cäsar ein neues
Kapital menschlich-politischer Erfahrung.
Überhaupt aber ist es von großem Werte, daß er
überall von den Werken zu ihren Schöpfern geführt werde,
und daß ihm die Persönlichkeiten der antiken Autoren als
lebendige Menschen anschaulich und fühlbar gemacht werden.
Die Bücher, die er liest, müssen ihm nicht Bücher bleiben,
sondern als Niederschläge und Erzeugnisse von Charakteren,
persönlichen Temperamenten und Erfahrungen faßbar werden.
Das Altertum muß sich seinem Gedächtnis nicht als eine
Masse lateinisch und griechisch bedruckten Papiers, sondern
als die bewegte Welt reicher, geistig reger, unendlich ver-
schiedener Individualitäten einprägen. Denn der Mensch
ist das Maß aller Dinge; vom Menschen geht das Interesse
des Schülers aus, und zum Menschen kehrt es immer wieder
zurück. Wo freilich der Schöpferwille sich in einer so
geschlossenen, aus eigenem liechte lebenden Welt ob-
jektiviert hat, wie in den homerischen Gedichten, da tritt
die Persönlichkeit des Schöpfers von selbst in den Hinter-
grund (obgleich die Jugend für die Frage nach dem Dichter
Homer ein sehr lebhaftes Interesse zu haben pflegt); allein
in der Mehrzahl der Fälle wird die Lektüre gewinnen, wenn
sie vom Autor ausgeht und den Blick immer wieder auf
ihn zurücklenkt. Wie glückliche Ergebnisse sich auf diesem
Wege erzielen lassen, bezeugt das Cicero-Lesebuch von
Wilhelm Jordan, in dem die Cicero-Lektüre um den Lebens-
und Entwicklungsgang des Verfassers gruppiert, und Cicero
dadurch, man möchte fast sagen, interessanter gemacht ist,
als er eigentlich ist. Nicht immer ist ein so förderliches
und bequemes Hilfsmittel zur Hand. Aber der Erfahrung
des Lehrers wird es gelingen, in vielen Fällen aus Eigenem
 
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