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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0085

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Der Landhauscharakter des Viertels wurde
auch durch die entsprechende architektoni-
sche Gestaltung der Bauten erreicht. Zur „Be-
lebung der Fassaden“ sah die Bauordnung
ausdrücklich zahlreiche Ausnahmen für Vor-
bauten, Erker, Balkone usw. vor, durch die die
geforderte Einhaltung von Bauabständen
durchbrochen werden konnte. Diese Ausnah-
meregelung entsprach der im anspruchsvol-
len Wohnhausbau der Zeit bis etwa 1906 als
charakteristisch anzusehenden Tendenz zur
Auflösung eines klar begrenzten Baukörpers.
Vor- und Anbauten, Erker, Loggien, Balkone
bestimmen das Bild der differenzierten Bau-
umrisse. Ähnliches gilt für den Dachbereich,
wo wechselnde Traufhöhen, Giebelausbau-
ten, Gauben und Türmchen eine bewegte und
abwechslungsreiche Dachlandschaft bewir-
ken. Die Straßenecken sind zusätzlich betont
durch hochgezogene, zum Teil über Eck ge-
stellte Giebel oder Turmaufbauten (vgl. Dör-
riesplatz 4, Kantstraße 4, Fichtestraße 21,
Hegelstraße 4 u.a.).
Auch der gleichzeitige Gebrauch unterschied-
licher Materialien ist für den Landhausbau die-
ser Zeit als typisch anzusehen: verschieden

bearbeiteter Sandstein vorwiegend im Sok-
kelbereich sowie als Gliederungselement,
Fachwerk besonders im Drempelgeschoß
und bei Dachausbauten, weiße Putzflächen
im Kontrast zu Backstein oder der Wechsel
von Rauhputz- mit Glattputzflächen. Weitere
Merkmale dieser vom Jugendstil abhängigen
Architektur sind geschwungene Giebel, Form
und Anordnung der Fenster sowie ihre klein-
teilige Sprossengliederung und nicht zuletzt
der reiche florale, ornamentale und skulptura-
le Putzdekor.
Die Bebauung schritt von Westen nach Osten
fort, so daß insbesondere im um 1910 bebau-
ten Bereich östlich der Schellingstraße sich
der allmähliche Wandel der Architekturauffas-
sung zu einer einfacheren Gestaltung der äu-
ßeren Form zeigt. Der applizierte Dekor wird
weitgehend auf An- und Ausbauten reduziert,
der Umriß der Gebäude blockhafter; klassizi-
stische und neobarocke Einflüsse (vgl. Kirch-
röder Straße 11, Schellingstraße 5ff., Schlei-
ermacherstraße 5) lassen sich neben denen
des von der Wiener Schule geprägten geome-
trisierenden Jugendstils festmachen (vgl. be-
sonders Kaulbachstraße 22 oder Schleierma-

cherstraße 1 / Ecke Kirchröder Straße). Hinzu
kommen die aus der englischen Reformbewe-
gung im Landhausbau stammenden Einwir-
kungen, die an einzelnen Bauten ihren Nie-
derschlag fanden (vgl. Kaulbachstraße 24/25,
1911, Architekt Heinrichs; Gestaltung des Mit-
telteils, „Bay-windows“).
Als entwerfende Architekten sind aufgrund
zeitgenössischer Veröffentlichungen nachge-
wiesen A. Genschel, A. Heinrichs, E. Kohl-
rauth, M. Küster, Leyn & Goedecke, W. Mak-
kensen und G. Thofehrn.
Etwa 1927 wurde die von der Schleiermacher-
straße nach Osten abzweigende Liebermann-
straße angelegt, an der der Stadtbaurat Karl
Elkart 1927 sein privates Wohnhaus errichtete
(Nr. 8). Dem kubischen Klinkerbau ist über
Eck ein quaderförmiger Nebentrakt mit Ein-
gang eingeschoben, der das Zeltdach des
Hauptbaukörpers durchstößt und flach ab-
schließt (Dachterrasse).

Kantplatz 5-8, Fichtestraße 11



Fichtestraße 11-21


Kaulbachstraße 5, Kantstraße 1

.f
■ 1

Schellingstraße 5 A/B


Kaulbachstraße 21 -26


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