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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0096
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DIE ENTWICKLUNG UM DIE
JAHRHUNDERTWENDE
Die bevorzugte Wohnlage Kirchrodes in un-
mittelbarer Nähe von Eilenriede und Tiergar-
ten brachte es mit sich, daß ebenso wie in an-
deren Stadtteilen Hannovers (Waldhausen,
Zoo) auch hier ein Bedarf nach Bauplätzen für
den gehobenen Wohnungsbau bestand. So
begann am Ende des 19. Jh. zunächst west-
lich der alten Ortslage, am Anfang des 20. Jh.
im Osten die Anlage von zwei Wohngebieten,
in denen ausschließlich Villen oder sogenann-
te Landhäuser entstanden.
Die erste Straße, die angelegt wurde, war die
Kaiser-Wilhelm-Straße, die in der Zeit von
1897 bis zum Ersten Weltkrieg bebaut wurde.
Zu den ältesten und gleichzeitig markantesten
Bauten sind die Häuser Nr. 1 und Nr. 2 zu
rechnen. Die Ziegelbauten mit ihrem histo-
risierenden Fassadenschmuck renaissanci-
stischer Prägung bilden als Eckbauten zur
Tiergartenstraße gleichsam die Eingangssi-
tuation. Den stark plastisch ausgebildeten
Baukörpern kommt mit ihren Giebeln, Ecktür-
men und Risaliten eine herausragende städ-
tebauliche Bedeutung zu. Zeitlich in der Nähe

dieser Bauten stehen Nr. 9 und Nr. 20, die
wohl zwischen 1900 und 1905 errichtet wur-
den. Beides sind Putzbauten, die durch deutli-
che Ausprägung bestimmter Bauteile ihre Wir-
kung im Straßenraum erzielen. Beispielhaft
für die Bauten nach 1910 sei das Haus Nr. 22
genannt, das durch sehr strenge symmetri-
sche Fassadengestaltung besticht. Hervorzu-
heben ist an dem ansonsten schlichten Bau
das Vorhandensein der ursprünglichen Fen-
ster mit Buntverglasung in den Oberlichtern.
Insgesamt besitzt die Kaiser-Wilhelm-Straße
mit den freistehenden Wohnhäusern, den
Vorgärten mit größtenteils erhaltenen Einfrie-
digungen und dem Grünbestand auch heute
noch den Charakter einer reinen Wohnstraße
und gibt Zeugnis von der Entwicklung Kirchro-
des zu einem der Villengebiete Hannovers.
In der westlich parallel gelegenen Lange-
Hoop-Straße, in der die Aufsiedlung zwar
gleichzeitig begann, aber wesentlich langsa-
mer voranschritt, ist dieser Eindruck durch
Veränderung des Straßenraumes und eines
Großteils der Gebäude nicht mehr deutlich.
Lediglich einige bedeutende Einzelgebäude
lassen die ursprüngliche Planungsidee erken-
nen, wie das Haus Nr. 1 (um 1900), Nr. 9 (um


Kaiser-Wilhelm-Straße 20, Villa, um 1905

Kaiser-Wilhelm-Straße 2, Villa, um 1898


Kaiser-Wilhelm-Straße 22, Villa, um 1912


Tiergartenstraße 66, Wohnhaus, um 1900


1910) oder der Eckbau Tiergartenstraße 66,
der mit seinem Turm, ähnlich wie an der Kai-
ser-Wilhelm-Straße 1 und 2, die Eingangssi-
tuation markiert.
Für den Bereich der Jöhrensstraße und der
Elisabethstraße entstand um 1909 ein Bebau-
ungsplanentwurf des Architekten Ernst Ste-
phan aus Hannover, der bereits sehr detaillier-
te Aussagen zu einzelnen Objekten machte.
Ebenso wie an der Kaiser-Wilhelm-Straße
und Lange-Hoop-Straße sollten auch hier auf
ca. 1.000 m2 großen Parzellen Wohnhäuser
mit Landhauscharakter entstehen. Obwohl
die Planungen Stephans im einzelnen nicht
zur Ausführung kamen, hielt man sich doch an
den von ihm vorgegebenen Rahmen. Beide
Straßen verdeutlichen heute die Idee, für be-
stimmte Berufsgruppen wie Kaufleute, Fabri-
kanten und Akademiker ein bevorzugtes
Wohngebiet zu schaffen. Bei der weitgehend
erhaltenen Bausubstanz sind überwiegend
Formen des Jugendstils und Neoklassizismus
verarbeitet worden, wobei die Anwendung
von Fachwerk und die Anlehnung an den eng-
lischen Landhausstil vorherrscht. Sehr an-
schaulich wird diese Bauweise an den Häu-

Kaiser-Wilhelm-Straße 9, Villa, um 1905


Jöhrensstraße 20-16, Wohnhäuser,
um 1908/1910


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