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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0112

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30 SEELHORST

Die Grenzen des Stadtteils Seelhorst bilden
im Westen die Eisenbahnlinie nach Kassel, im
Norden die Güterumgehungsbahn und im
Osten die Bemeroder Straße. Von dieser ver-
läuft die Grenze in westlicher Richtung ent-
lang der Seelhorst und der Garkenburgstraße
bis zur Bahnlinie.
Das Gebiet des Stadtteils gehörte ursprüng-
lich zur Gemarkung der Dörfer Döhren und
Kirchrode und wurde mit diesen im Jahre 1907
nach Hannover eingemeindet. Bis zu dieser
Zeit war das gesamte Areal von Bebauung
fast vollständig frei und wurde bestimmt durch
das ausgedehnte Waldgebiet der Seelhorst
mit den umgebenden Feldern. Die früheste
Ansiedlung war neben einigen nicht mehr vor-
handenen Pulvermagazinen die heutige
„Waldwirtschaft Seelhorst“ an der Straße Vor
der Seelhorst. Das Gebäude wurde 1852 als
Jagdhaus von dem Leutnant a.D. Werner von
Grävemeyer gebaut. Das Haus ist ein schlich-
ter eingeschossiger Putzbau mit Walmdach,
der mit der Schauseite zum Hofbereich orien-
tiert ist. Jeweils zwei rundbogige Fenster rah-
men den in Anlehnung an das Palladiomotiv
gestalteten mittigen Eingang. Die siebenach-
sige Rückfront wird in der Mitte durch ein
dreiachsiges Zwerchhaus, das das Familien-
wappen der Grävemeyers trägt, betont. Eine
ursprüngliche Bekrönung mit Fialgiebel und
Zinnen wurde entfernt. Das Gasthaus wird zur
Hofseite rechtwinklig von einem kleinen Fach-
werkbau flankiert, der vermutlich um 1820 als
Waldaufseherhaus errichtet wurde und heute
als Nebengebäude genutzt wird.
Im Jahre 1852 wurde östlich der Waldwirt-
schaft am Seelhorstweg ein Obelisk aufge-
stellt.
Im Zusammenhang mit der Errichtung einiger
großzügiger Villen und Landhäuser am Bünte-
weg und an der Bemeroder Straße (siehe 28
Kirchrode) im ersten Jahrzehnt dieses Jahr-
hunderts entstand auch auf Seelhorster Ge-
biet ein Gebäude dieses Typus. Unmittelbar
an der Nordgrenze des Waldes am Döhrbruch
106 wurde 1904 ein im Vergleich zu den Be-
meroder Villen zwar kleines, aber doch eben-
so qualitätsvolles Wohnhaus in Anlehnung an
den englischen Landhausstil gebaut. Der ein-
geschossige Bau aus rotem Backstein ist
durch Anbauten mit tief herabgezogenen Dä-
chern und Ausbauten im Dachgeschoß stark
plastisch durchgebildet. Fachwerkdetails in
kontrastreichem schwarz-weiß setzen beson-
dere Akzente. In die das Gebäude umgeben-
de freie Landschaft wurde in den siebziger
Jahren der mehrgeschossige Neubau der
Hannoverschen Allgemeinen Zeitung gesetzt,
der aufgrund seiner Größe doch eine erhebli-
che optische Beeinträchtigung des „Landhau-
ses“ darstellt.
Der Stadtfriedhof
Die wohl interessanteste und bedeutendste
bauliche Erweiterung erhielt der Stadtteil
Seelhorst durch die Anlage des neuen Stadt-
friedhofs im Jahre 1919. An der Stelle eines
kleinen alten Friedhofs wurde mit einer Fläche
von 60 ha (heute 68,5 ha) der größte Friedhof
Hannovers geschaffen.

Häuser, die in symmetrischer Anordnung ei-
nen U-förmigen Komplex bilden. Drei zurück-
gelegene Bauten werden von seitlichen risalit-
artigen Flügeln flankiert. Die Gestaltung des
Baublocks mit seiner plastisch durchgebilde-
ten Fassadengliederung in expressionisti-
scher Formgebung ist in der hannoverschen
Architektur einmalig. Der besondere Reiz des
Komplexes entsteht insbesondere durch die
Vielzahl von kontrastierenden Elementen:
konkave und konvexe Formen an Erkern und
Eingängen, Anwendung der Materialien Putz
und Klinker sowie horizontaler und vertikaler
Gliederungsmerkmale (Gesimse und Trep-
penhäuser). Besondere plastische Architek-
turdetails an den Treppenhäusern und Gesim-
sen der Mittelbauten und an den Giebeln und
Brüstungsfeldern der Seitenflügel verstärken
den unverwechselbaren Gesamteindruck.
Grundformen dieser Gestaltung, die aller-
dings weniger stark expressionistisch ausge-
prägt sind, werden bei den Gebäuden Wich-
mannstraße 10, 11, 11a wiederaufgenom-
men. Herauszustellen ist die interessante
Formgebung der Erdgeschoßfenster und der
Balkone im ersten und zweiten Obergeschoß
der Nr. 10,11. Der Eckbau Nr. 11 a übernimmt

durch das Vorziehen aus der Bauflucht gleich-
zeitig den Abschluß des Straßenraumes der
Wichmannstraße und bildet die Verbindung
beider Baukomplexe.
DAS GEBIET ÖSTLICH DER
HILDESHEIMER STRASSE
Bis auf wenige Ausnahmen ist das Gebiet zwi-
schen Hildesheimer Straße und der Bahnlinie
nach Göttingen erst in den Jahren nach dem
Zweiten Weltkrieg nördlich der Peiner Straße
mit Wohnbebauung, südlich davon mit Indu-
strie- und Gewerbebauten aufgesiedelt wor-
den. Von den frühen Bauten sind neben der
St. Bernwardkirche (s.o.) lediglich einige
Wohnbauten der zwanziger Jahre erwäh-
nenswert. So entstand 1922 am Wollweg und
an der Heintzestraße ein Einfamilienhausge-
biet der Baugenossenschaft „Spar- und Bau-
verein Döhren“, das durch Privatisierung heu-
te leider sehr stark verändert ist. An der Peiner
Straße 23-29 wurde Ende der zwanziger
Jahre ein interessanter Klinkerbau errichtet,
dem auch durch die Lage in der Blickachse
der Straße eine wichtige städtebauliche Funk-
tion zukommt.

Vor der Seelhorst, ehern. Jagdhaus, 1852

Döhrbruch 106, Wohnhaus, 1904

Stadtfriedhof Seelhorst, 1919

Landwehrstraße 48, Wohnhaus, um 1928

Peiner Straße 23-29, Wohn- und
Geschäftshaus, um 1928

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