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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0117

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Hannover, Ansicht von Merian, 1654 (?), Ausschnitt mit dem Dorf Linden im Vordergrund


Unter den seit den fünfziger Jahren entstan-
denen Neubauten finden sich besonders im
Hinblick auf Konstruktion, Verwendbarkeit
von Materialien und zeitsparenden Aufbau in-
teressante Objekte. Die Europahalle (Halle 7)
entstand 1950 durch die Architekten Brock-
mann und Lichtenhahn und war zu der Zeit die
größte geschlossene Halle Deutschlands in
freitragender Stahlkonstruktion: Eine Fläche
von 80 x 160 m wurde durch Bogenbinder frei
überspannt.
1951 bauten die Architekten Gutschow, Fin-
sterwald und Pistor den Sonderbau für die Ze-
mentindustrie (heute Mercedes-Benz-Pavil-
lon): Zwei von einem kräftigen Pfeiler weit
ausladende Kragplatten aus Stahlbeton bil-
den Fußboden und Dach des dreieckigen
Ausstellungsraumes, der rundum verglast ist.
Eine weit geschwungene Freitreppe er-
schließt das Gebäude von der Rückseite. Als
weithin sichtbares Merkmal und Wahrzeichen
der Hannover-Messe wurde 1957 der „Her-
mes-Turm“ von dem Architekten Gabriel er-
richtet. Der 86 m hohe, aus zwei in Gleitscha-
lung hergestellten Stahlbetonröhren beste-
hende Turm wird durch eine sternförmige
Aussichtsplattform und ein Cafe bekrönt. Ein
zwischen den Röhren sichtbarer Schnellauf-
zug erschließt den Turmkopf. Die spezielle
Schalungsbauweise und die hohe Fahrstuhl-
geschwindigkeit erregten zur Zeit der Erbau-
ung die besondere Aufmerksamkeit der Mes-
sebesucher. Architektonisch stellt das Bau-
werk mit dem Hermeskopf an der Spitze eines
der bedeutendsten Turmbauwerke der Stadt
dar.

33-35 LINDEN

Die drei Stadtteile Linden-Nord (33), Linden-
Mitte (34) und Linden-Süd (35) schmiegen
sich in das Ihme-Leine-Knie; im Westen be-
grenzen Westschnellweg, Liepmannstraße
Richtung Fösse, Fösse bis Güterumgehungs-
bahn, der Bahndamm bis Badenstedter Stra-
ße, Badenstedter Straße nach Osten bis Am
Ihlpohl und dieser Weg bis zur Bornumer Stra-
ße die Stadtteile. Die südliche Grenze schließt
den Güterbahnhof Linden ein und folgt dem
Bahndamm nach Osten bis zur Ihme.
Zwischen den heutigen Stadtteilen verlaufen
die Grenzen etwa in Ost-West-Richtung;
Spinnerei- und Fössestraße trennen Linden-
Nord und Linden-Mitte; Linden-Süd beginnt
westlich bzw. südlich der Deisterstraße -
Von-Alten-Allee, umfaßt die Neubauten an der
Godehardistraße und das gesamte Gelände
westlich des Westschnellwegs bis zur Straße
am Lindener Berg.
Man mag in diesen Grenzen z.T. historische
Strukturen und erlebbare Zäsuren (z.B. Fös-
sestraße) entdecken, im Ganzen gliedern sie
jedoch das Gebiet der ehemaligen Stadt Lin-
den (1885-1920) willkürlich. Topographie
und Stadtbild der drei Stadtteile sind jedoch al-
le aus ihrer gemeinsamen historischen Ent-
wicklung zu verstehen. Von daher wird im Fol-
genden das Ordnungsprinzip der Hannover-
Bände - Stadtteildarstellung in numerischer
Reihenfolge unter Beachtung der Stadtteil-
grenzen - durchbrochen und Linden ausge-
hend vom Lindener Berg als zusammenhän-
gendes Ganzes beschrieben. (Zur Geschich-
te vgl. Hannover, Teil 1, S. 18ff).

TOPOGRAPHIE UND ENTWICKLUNG -
VOM DORF ZUR INDUSTRIESTADT
Das Dorf, dessen Name sich vielleicht von
dem lindenumstandenen Gerichtsplatz der
Grafen von Schwalenberg (12. Jh.) im Seifeid
auf dem Westufer der Ihme ableitet, entstand
vor 1100 an einigen heute verschwundenen

Quellen am Nordosthang des Lindener Ber-
ges. Der Siedlungsplatz östlich der Martins-
kirche lag etwas abseits der alten Fernstraße
westlich der Leine (Frankfurt-Bremen), auf
die regional bedeutende Verbindungen von
Hameln und von Minden südwestlich jener
Stelle mündeten, wo die Topographie dank
einiger Sandwerder eine Furt durch die sump-
fige Aue von Ihme und Leine zuließ. Über die-
se früh befestigte und durch Brücken verbes-
serte Furt, deren Westeingang der heutige
Schwarze Bär bildet, kommunizierten die hi-
storischen Handelswege mit dem ursprüngli-
chen wichtigeren Straßensystem auf dem
Ostufer der Leine (vgl. Hannover Teil 1, S. 13,
49, 85), wo begünstigt durch die Verkehrsver-
hältnisse die Marktsiedlung Hannover ge-
gründet wurde.
Die historischen Handelswege westlich der
Ihme/Leine umgingen auf überschwem-
mungsfreiem Grund den Lindener Berg, einen
aus Kalkstein bestehenden Ausläufer der Mit-
telgebirgsschwelle in der bei Hannover begin-
nenden norddeutschen Tiefebene. Neben
dem weit östlich liegenden Kronsberg (104 m)
bildet der Lindener Berg mit seinen fast 90 m
die höchste Erhebung im Stadtgebiet (zwi-
schen 53 und 60 m über NN) und bietet einen
weiten Ausblick auf Hannover.
Schon der Merianstich von Hannover aus dem
Jahre 1654 (?) stellt die Stadt vom Lindener
Berg aus dar. Im Mittelgrund des Blattes findet
sich die älteste Ansicht von Linden, die bei al-
lem Staffage-Charakter die historische Reali-
tät des Ortes angemessen wiedergibt. Als
wichtige Informationen lassen sich daraus
entnehmen: Das Dorf Linden liegt etwa auf
halber Höhe des zunächst steil, dann allmäh-
licher zur Ihme abfallenden Hanges, den im
Norden tiefer liegendes flaches, im Süden
leicht welliges Gelände begleitet. Die Höfe fin-
den sich östlich der Kirche und ziehen sich fast
bis zum Fluß hinab, über den weit und breit die
einzige Brücke führt. Vor dieser treffen mehre-
re Wege zusammen (s.o.). Im Vordergrund
steht eine Mühle (s.u.), in deren Nähe Men-
schen in einem Steinbruch arbeiten.

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