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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0121

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der Bergkuppe östlich der Mühle lagernden
Gebäude ein trutziges burgähnliches Ausse-
hen gab.
Auf einer angeböschten, 80 x 50 m großen
sockelartigen Natursteinquaderterrasse er-
hebt sich der 80 x 40 m umfassende, ca. 8,5
m hohe Behälter, dessen ebenfalls gebösch-
te, verputzte Mauern durch strebepfeilerartige
Vorlagen verstärkt und skandiert werden und
gegen einen auf Rundbögen ruhenden, aus
Backstein gemauerten Aufsatz ansteigen.
Dieser, an einen Wehrgang erinnernd, ka-
schiert das flache Dach. Während die öff-
nungslosen Seiten- bzw. Rückfronten einen
abweisenden Eindruck hinterlassen, geben
der östlich, auf Linden bzw. Hannover gerich-
teten symmetrischen Schauseite ein mittlerer,
zweigeschossiger Vorbau und vor die Ecken
gestellte polygonale „Pavillons“ ein durchge-
gliedertes reicheres Aussehen. Das Back-
steinmaterial und die von der Hannoverschen
Bauschule übernommenen Architekturformen
dieser Gebäudeteile wiederholten sich im
heute angepaßt wiedererrichteten mittigen
turmähnlichen Aufsatz auf dem Dach; der
ehemals vorhandene „Burgfried“ ist ver-
schwunden. In den Vor- bzw. Aufbauten wa-
ren neben einer Wohnung für den Wassermei-
ster Schieber, Treppen, Schornsteine usw.
untergebracht. Wenngleich die gesamte tech-
nische Innenausstattung ersetzt werden muß-
te, gehört der Hochbehälter noch immer zu
den bedeutendsten Bauten der Wasserver-
sorgung in Norddeutschland und leitete eine
Reihe von technischen Nachfolgebauten in
Hannover ein: die verlorene Flußwasserkunst
in der Nähe des Leineschlosses aus den
neunziger Jahren, den Wasserturm in Mis-
burg und an der Vahrenwalder Straße 267 von
etwa 1910, das Wasserwerk Ricklingen von
1878 und Misburg von 1926.
Das mächtige Gebäude prägt zusammen mit
der Villa Osmers (s.u.) entscheidend die ver-
hältnismäßig freie östliche und südöstliche
Ansicht des Lindener Berges und verdeckt die
ehemalige Mühle; auf der Nord- und Westsei-
te behindert jedoch der z.T. hohe Baumbe-
stand seine Fernwirkung.
Von Norden - z.B. von der Badenstedter
Straße - ist der Bau trotz des steilen Gelände-
abfalls praktisch nicht wahrnehmbar, denn
hier zieht sich von der Badenstedter Straße
bis zur Straße Am Lindener Berg der 1862 ein-
gerichtete, weitgehend von einer Mauer ein-
gefaßte, von alten Bäumen beschattete Stadt-
friedhof (Am Lindener Berg 44) hinauf, der zu
Beginn des 20. Jh. seine heutige Ausdehnung
erreichte (1965 geschlossen). Im ältesten,
nordöstlichen Friedhofsabschnitt finden sich
neben zahlreichen Grabmälern eine Kapelle
und ein Brunnen aus dem späten 19. Jh. Heu-
te betritt man den Friedhof durch den Haupt-
eingang an der Straße Am Lindener Berg, ei-
nem barocken Tor, das ursprünglich das Al-
lee-Portal des Küchengartens (s.u.) bildete,
welches nach der Auflösung des Gartens
1866 zunächst einen Privatpark an der Ihme
schmückte. Es führt auf ein ebenes, rechtecki-
ges, durch Hecken und Bäume eingegrenztes
Rasenstück, das sich auf den nördlich stehen-
den Küchengartenpavillon ausrichtet. Der Pa-
villon — ursprünglich Lusthaus und Point de
vue auf der Nordgrenze des Küchengartens

an der heutigen Einmündung der Pavillon- in
die Fössestraße - steht seit 1914 oberhalb
des Nordhanges auf dem Friedhof, diente in
den zwanziger Jahren als Gefallenengedenk-
stätte und wird seit seiner Sanierung 1976 als
Künstlerwerkstatt genutzt. Es ist ein schlan-
kes Belvedere auf quadratischem Grundriß
mit Unter- und hohem überkuppeltem Ober-
geschoß und symmetrischen seitlich anschlie-
ßenden Altanen. Es entstand als verputzter
Backsteinbau mit feinteiliger Sandsteingliede-
rung wahrscheinlich 1741 durch Johann Paul
Heumann (Schieferkuppel erst 1749) anläß-
lich der Umgestaltung des kurfürstlichen Kü-
chengartens und gehört - trotz der Translo-
zierung und einiger Veränderungen - zu den
architektonischen Kostbarkeiten Hannovers.
Der Lindener Berg blieb bis heute weitgehend
unbebaut; lediglich östlich der Straße Am
Spielfelde und zwischen Am Steinbruch und
Am Lindener Berg finden sich Wohnbauten
fast ausschließlich aus dem 20. Jh. Knapp un-
terhalb des Wasserbehälters steht in einem
mäßig großen Garten auf der Nordseite der
Straße Am Lindener Berg die um 1900 von
Carl Arend entworfene Villa Osmers (Nr. 36).

Es ist ein für Lindener Verhältnisse aufwendig
gestaltetes Backstein/Putz-Gebäude auf Na-
tursteinsockel mit Zierfachwerk an den Gie-
beln, differenzierter Dachlandschaft und
Schmuckformen, in denen sowohl Einflüsse
des Jugendstils als auch historischer Stile
„modern“ umgedeutet sind. Die Tendenz, den
Baukörper asymmetrisch aufzugliedern er-
zeugt eine malerische Silhouette, welche be-
sonders durch den „Aussichtsturm“ mit mehr-
fach gestuftem Helm geprägt wird und durch
die exponierte Lage der Villa beträchtliche
Fernwirkung besitzt. Das Gebäude bildet ei-
nen reizvollen Kontrast zum Wasserbehälter.
LINDENER BERG BIS SCHWARZER BÄR:
BEREICH DES DORFES ALT-LINDEN
Folgt man der stark abfallenden Straße Am
Lindener Berg - Zugang zu den Einrichtun-
gen auf dem Lindener Berg, gleichzeitig alter
Kirchweg der Badenstedter Bauern - den
modernen Westschnellweg überschreitend
nach Osten, stößt man auf der Nordseite der
Straße auf ein kleines Wohn-Wirtschaftsge-
bäude in Fachwerkbauweise aus dem frühen
19. Jh. (Am Lindener Berg 16), dem man trotz



Am Lindener Berg 44, Friedhof,
ehern. Küchengartenpavillon

Am Lindener Berg 16,
Wohnwirtschaftsgebäude

Am Lindener Berg 36, Villa Osmers, um 1900, Architekt C. Arend

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