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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0147

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zur Nutzung (Randbereich mit Teppichstan-
gen usw., parkartig gestalteter Mittelteil) of-
fenstehen und zu gemeinsamen Aktivitäten
einladen - eine bereits vor dem Ersten Welt-
krieg in der Genossenschaftsbewegung ent-
wickelte Idee zum neuen Wohnen in der Groß-
stadt.
Schon auf dem Entwurfsplan ist nördlich der
Berdingstraße auf dem industriell genutzten
Grundstück Wohnbebauung angedeutet. Das
entsprach den Intentionen der Stadt Hanno-
ver - Linden hatte 1920 seine Selbständigkeit
als politische Gemeinde abgegeben die die
Ansiedlung der Schadstoffe emittierenden Fa-
briken westlich der Innenstadt (Windrichtung)
ungern erduldet hatte und deshalb eine Um-
setzung der Betriebe in den Norden oder
Osten der Gesamtstadt bevorzugt hätte. Dazu
fehlte jedoch in den zwanziger Jahren das
Geld; Fabrikgrundstücke wurden nur verein-
zelt aufgelassen (z.B. ehern. Asphaltfabrik an
der Limmerstraße). Erleichtert durch die
Kriegszerstörungen an den Fabrikationshal-
len erfolgte die Verlagerung von Industrie aus
Linden-Nord vor allem nach 1950 - z.B. wur-
den in der Folgezeit auch nördlich der Ber-
dingstraße anstelle der Fabrikgebäude Wohn-
hauszeilen errichtet. Diese Entwicklung dien-
te zwar der Lebensqualität, damit ging gleich-
zeitig die historische, für Linden-Nord typische
Einheit zwischen Fabrik- und Wohnbebauung
weitgehend verloren.
Fabrik Wilhelm-Bluhm-Straße 12
Ein Stück dieser Einheit findet sich allerdings
noch im Gegenüber der Wohnhäuser des
Spar- und Bauvereins und der 1890 nach Lin-
den verlagerten Bettfedernfabrik (Wilhelm-
Bluhm-Straße 12). Die ältesten Gebäude der
Anlage wurden bis auf ein Haus an der Wil-
helm-Bluhm-Straße im Zweiten Weltkrieg zer-
stört. Erhalten haben sich dagegen der
Schornstein (um 1890) mit später angebauten
Kesselhaus (um 1920) und die Fassade einer
1913 nach Plänen von E. Werner errichteten
Fabrikhalle an der Leinaustraße (die Halle
selbst im Zweiten Weltkrieg zerstört, heute
Neubau). Diese Fabrikmauer prägt den Cha-
rakter des Quartiers und weist auf die Ur-
sprünge des Stadtteils, welche gleichfalls weit
sichtbar nur noch von dem Kesselhaus-Kom-
plex am Flußufer dokumentiert werden.
LINDENER SÜDSTADT

Der Stadtteil Linden-Süd umfaßt heute Teile
der ehemaligen dörflichen Feldmark und des
nach dem Dreißigjährigen Krieg angelegten
gräflichen Guts. Ursprünglich gehörte zu Lin-
den ein Gutteil der Aue im Ihmebogen, der
durch die Flußbegradigung in den dreißiger
Jahren dieses Jahrhunderts abgeschnitten
und zur Calenberger Neustadt geschlagen
wurde. Traditionell war die Flußaue der Wei-
dewirtschaft vorbehalten. Gärten bzw. Felder
lagen westlich der heutigen Aue-/Ritter-Brü-
ning-Straße auf einer Geländestufe, die sich
noch immer deutlich, z.B. südlich des ersten
Lindener Rathauses (Deisterstraße 19) und
am Milchgang zeigt. Gleichzeitig steigt das
Gelände zunächst kräftiger, dann alllmählich

vom Schwarzen Bär nach Süden und von je-
ner Geländestufe nach Westen an, so daß
z.B. die fast in Nord-Süd-Richtung verlaufen-
de Ricklinger-, Charlotten- und Posthornstra-
ße quasi über ebenen Grund führen, während
an der schräg dazu ausgerichteten Deister-
straße im nördlichen Abschnitt ein deutlicher
Anstieg zu bemerken ist, der sich nach Süden
abschwächt. Die Straßen mit Ost-West-Rich-
tung steigen relativ gleichmäßig an.
Die bauliche Entwicklung in diesem Bereich
vollzog sich zunächst allein auf dem gräflichen
Besitz, der westlich der Deisterstraße lag; ne-
ben dem Sommersitz der Herren von Platen
und dem dazugehörigen Gut entstand die
Handwerkersiedlung Neu-Linden. Im 1. Vier-
tel des 19. Jh. begann die Besiedlung östlich
der Deisterstraße ausgehend vom Schwarzen
Bären mit Sommerhäusern in Gärten, mit vil-
lenähnlichen Wohnhäusern und - z.T. an neu
angelegten Straßen (ab 1845) - mit beschei-
denen Arbeiterhäusern. Da die Ihme oberhalb
der Brücke am Schwarzen Bär nicht mehr
schiffbar, zudem die Flußaue feucht war, fehl-
ten in Linden-Süd die Industrieanlagen am
Fluß, wie sie in Linden-Mitte und -Nord vor-

herrschten. Im Süden, östlich der heutigen
Ricklinger Straße gab es seit der 1. Hälfte des
19. Jh. Ziegeleien (verschwunden). Initiiert
durch die verschiedenen Unternehmungen
von Egestorff, vor allem durch die Gründung
der Eisengießerei und Maschinenfabrik 1835
bildete sich südlich des Von-Altenschen An-
wesens (südlich Deisterplatz) ein Industriege-
biet, das sich begünstigt durch den Bau der
1872 eröffneten Bahn mit Bahnhof Fischerhof
(benannt nach einem Hof mit Fischteichen
und Gastwirtschaft) immer stärker ausdehnte
und weit nach Ricklingen reicht.
EHEMALIGER GRÄFLICHER BESITZ
1688 kaufte der spätere Reichsgraf Franz von
Platen den verschuldeten Besitz derer von Al-
ten und weitere Ländereien in Linden und bau-
te das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Schloß
(Entfernung der Ruine 1965, Architekturteile
als Versatzstücke erhalten) in einem großen
Barockpark. Er und in der Folge sein Sohn
umgaben diesen Sommersitz mit Wirtschafts-
anlagen und einem heute noch ablesbaren
Straßensystem (s.o. Das Wegesystem) und
gründeten im frühen 18. Jh. die Webersied-

Linden-Süd, Plan von 1887/91, Maßstab des Originals 1:2.500, Stadtvermessungsamt Hannover


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