des Quartiers, das sich aufgrund des Bebau-
ungsplans in gewissem Ausmaß von den älte-
ren Bereichen der Nachbarschaft absetzt:
Wegen der vorgesehenen höheren Anzahl
von Geschossen (vier-fünf) sind die Straßen
breiter als normalerweise in der Lindener Süd-
stadt; außerdem sollten schmale Vorgärten
den Straßenraum erweitern. Die Bebauung in
der Charlotten- und Tonstraße setzte etwa
1906 ein und war 1911 mit den Häusern des
Spar- und Bauvereins Hannover (Charlotten-
straße 87, 89, Strousbergstraße 9) beendet.
Es handelt sich bis auf Tonstraße 14 (Ver-
blendziegel) um Putzbauten mit vier, verein-
zelt auch fünf Geschossen und ausgebautem
Mansarddach. Die Eckgebäude haben Läden
im Erdgeschoß und drei Wohnungen pro Eta-
ge. Im übrigen sind es bescheidene Wohn-
häuser häufig mit mittiger Erschließung und
zweispännigem Grundriß. An Wohnungsgrö-
ße und Ausstattung (3 Zimmer, Flur, Toilette
am Treppenhaus) hatte sich seit den neunzi-
ger Jahren (vgl. Lindener Nordstadt, Entwick-
lung nach 1890) nichts verändert.
Während die Hausfronten in der Charlotten-
straße weitgehend flach gehalten sind, finden
sich an jenen der Tonstraße und an den Eck-
Charlottenstraße 79, Wohnhaus, um 1910
Charlottenstraße 81 -87, Wohnhäuser, um 1910
Charlottenstraße 87, Wohnhaus, 1911
gebäuden Erker, Vorbauten z.T. mit loggien-
ähnlichen Baikonen oder Altanen in der durch
Giebel und Ausbauten belebten Dachzone.
Die Fassadengestaltung beschränkt sich auf
flächige Ornamente und geometrische Mu-
ster, die sich aus der Differenzierung der Putz-
struktur ergeben. Vereinzelt erscheinen appli-
zierte Schmuckelemente, die kaum aus der
Wandfläche vortreten. In diesem einheitlich
wirkenden bescheidenen Wohngebiet domi-
niert die Front der drei Genossenschaftsbau-
ten zwischen Ton- und Strousbergstraße. Die
Gesamtplanung lieferte 1911 F. Möller, der
den Baukörper und die Fassade durch reprä-
sentative Symmetrie und reduzierten neoklas-
sizistischen Dekor auszeichnete.
ERLÖSERKIRCHE UND UMGEBUNG
Im 3. Viertel des 19. Jh. legten die stetig an-
steigenden Einwohnerzahlen die Gründung
einer weiteren evangelischen Gemeinde in
Linden nahe. Bereits 1866 stiftete das hanno-
versche Königshaus einen Bauplatz für das
Gemeindezentrum auf der weitgehend nach
umbebauten Ostseite der Ricklinger Straße
schräg gegenüber dem Allerweg. Doch erst
Allerweg, Erlöserkirche, 1878-80,
Architekt C.W. Hase (Foto Johannes)
Tonstraße, Blick nach Westen
1878-80 (Turm 1882) wurde das Kirchenge-
bäude nach überarbeiteten älteren Plänen
von C.W. Hase ausgeführt.
Der Backsteinbau ist geostet. Es handelt sich
um eine Staffelhalle auf kreuzförmigem Grund-
riß mit Empore in den Seitenschiffen. Das
Langhaus umfaßt zwei quadratische Joche
mit sechsteiligen Gewölbefeldern, die eben-
falls im Querhaus auftauchen. Den quergela-
gerten, um Seitenschiffbreite ausgeweiteten
Chor hinterfängt eine dreiseitige Apsis, der
sich eine sechsseitige kapellenähnliche Sakri-
stei anschließt. Im Westturm an der Ricklinger
Straße finden sich die Eingangshalle und das
Archivoltenportal unter Wimperg; seitlich leh-
nen sich dem Turm niedrigere symmetrische
Treppenhäuser an. Durch die verschiedenen
Anbauten, Strebepfeiler, Maßwerk erhält die
Kirche ihr vielgestaltiges Äußeres das ebenso
wie der Innenraum von gotischer Architektur
angeregt ist. Der Bau stellt ein hervorragen-
des Beispiel der Hannoverschen Bauschule
dar und gehört zu den wenigen kaum verän-
derten Exemplaren dieser Epoche. Trotz der
stark veränderten städtebaulichen Situation
prägt die reiche Turmsilhouette noch immer
die Ostansicht dieses Abschnitts der Lindener
Südstadt.
Zur Erbauungszeit hob sich der Komplex aus
der zweigeschossigen Bebauung der gegen-
überliegenden Straßenseite heraus. Beispiel-
haft bewahren dieses Bedeutungsgefälle zwi-
schen Sakral- und Wohnbauten die kleinen
zweigeschossigen Backsteinhäuser Ricklin-
ger Straße 76/78, 80/82 (1881) und 84 (1875),
welche gut erhalten die ursprüngliche Bebau-
ung zwischen maßstäblich angepaßten Sa-
nierungsneubauten dokumentieren.
Nach der Entstehung der Stadt Linden befaß-
te sich das Stadtbauamt mit der Erweiterung
des Siedlungsgebietes nach Osten: 1892
plante man die Laportestraße mit Querstra-
ßen, zu denen auch die Ostverlängerung des
Allerwegs gehörte. Etwa gleichzeitig begann
die Bebauung der freien Grundstücke an der
Ricklinger Straße mit viergeschossigen Miet-
wohnhäusern. Das der Kirche auf der Nord-
ostecke Ricklinger Straße/Allerweg gegen-
überstehende typische Lindener Eckgebäude
(Ricklinger Straße 41) zeigt den um 1890 voll-
zogenen Wandel im Miethausbau zu vier-
bzw. fünf Geschossen, einer hohen Grund-
stücksausnutzung bei ansprechender Fassa-
dengestaltung: Die älteren kleinstädtisch-
dörflichen Siedlungsbereiche wurden mit
großstädtischen Häusern aufgefüllt.
Neben dem Pfarrhaus (1892, Hase, 1979 ab-
gerissen) blieb Nr. 41 allerdings zunächst der
einzige Bau an dem neuen Abschnitt des Al-
lerwegs. Erst etwa 1928 entstand die an-
schließende Blockrandbebauung aus vier-
bzw. fünfgeschossigen Mietwohnhäusern,
deren Putz-Klinker-Fassaden durch bandarti-
ge Schichtung und Reihung gleicher Motive
gegliedert ist (Allerweg 27, 29, Laportestraße
24, 24a, 24b), wobei Ziersetzungen, Putzele-
mente, Gesimse und Erker dem Baublock das
Relief geben. Sie schlossen die Front gegen-
über der Ihmeaue, die derart im Hinblick auf
den Bau der Legionsbrücke (erst 1942) städ-
tebaulich prägnant gestaltet wurde. Heute ist
allerdings die Wirkung durch den Komplex
des Landesverwaltungsamtes eingeschränkt.
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ungsplans in gewissem Ausmaß von den älte-
ren Bereichen der Nachbarschaft absetzt:
Wegen der vorgesehenen höheren Anzahl
von Geschossen (vier-fünf) sind die Straßen
breiter als normalerweise in der Lindener Süd-
stadt; außerdem sollten schmale Vorgärten
den Straßenraum erweitern. Die Bebauung in
der Charlotten- und Tonstraße setzte etwa
1906 ein und war 1911 mit den Häusern des
Spar- und Bauvereins Hannover (Charlotten-
straße 87, 89, Strousbergstraße 9) beendet.
Es handelt sich bis auf Tonstraße 14 (Ver-
blendziegel) um Putzbauten mit vier, verein-
zelt auch fünf Geschossen und ausgebautem
Mansarddach. Die Eckgebäude haben Läden
im Erdgeschoß und drei Wohnungen pro Eta-
ge. Im übrigen sind es bescheidene Wohn-
häuser häufig mit mittiger Erschließung und
zweispännigem Grundriß. An Wohnungsgrö-
ße und Ausstattung (3 Zimmer, Flur, Toilette
am Treppenhaus) hatte sich seit den neunzi-
ger Jahren (vgl. Lindener Nordstadt, Entwick-
lung nach 1890) nichts verändert.
Während die Hausfronten in der Charlotten-
straße weitgehend flach gehalten sind, finden
sich an jenen der Tonstraße und an den Eck-
Charlottenstraße 79, Wohnhaus, um 1910
Charlottenstraße 81 -87, Wohnhäuser, um 1910
Charlottenstraße 87, Wohnhaus, 1911
gebäuden Erker, Vorbauten z.T. mit loggien-
ähnlichen Baikonen oder Altanen in der durch
Giebel und Ausbauten belebten Dachzone.
Die Fassadengestaltung beschränkt sich auf
flächige Ornamente und geometrische Mu-
ster, die sich aus der Differenzierung der Putz-
struktur ergeben. Vereinzelt erscheinen appli-
zierte Schmuckelemente, die kaum aus der
Wandfläche vortreten. In diesem einheitlich
wirkenden bescheidenen Wohngebiet domi-
niert die Front der drei Genossenschaftsbau-
ten zwischen Ton- und Strousbergstraße. Die
Gesamtplanung lieferte 1911 F. Möller, der
den Baukörper und die Fassade durch reprä-
sentative Symmetrie und reduzierten neoklas-
sizistischen Dekor auszeichnete.
ERLÖSERKIRCHE UND UMGEBUNG
Im 3. Viertel des 19. Jh. legten die stetig an-
steigenden Einwohnerzahlen die Gründung
einer weiteren evangelischen Gemeinde in
Linden nahe. Bereits 1866 stiftete das hanno-
versche Königshaus einen Bauplatz für das
Gemeindezentrum auf der weitgehend nach
umbebauten Ostseite der Ricklinger Straße
schräg gegenüber dem Allerweg. Doch erst
Allerweg, Erlöserkirche, 1878-80,
Architekt C.W. Hase (Foto Johannes)
Tonstraße, Blick nach Westen
1878-80 (Turm 1882) wurde das Kirchenge-
bäude nach überarbeiteten älteren Plänen
von C.W. Hase ausgeführt.
Der Backsteinbau ist geostet. Es handelt sich
um eine Staffelhalle auf kreuzförmigem Grund-
riß mit Empore in den Seitenschiffen. Das
Langhaus umfaßt zwei quadratische Joche
mit sechsteiligen Gewölbefeldern, die eben-
falls im Querhaus auftauchen. Den quergela-
gerten, um Seitenschiffbreite ausgeweiteten
Chor hinterfängt eine dreiseitige Apsis, der
sich eine sechsseitige kapellenähnliche Sakri-
stei anschließt. Im Westturm an der Ricklinger
Straße finden sich die Eingangshalle und das
Archivoltenportal unter Wimperg; seitlich leh-
nen sich dem Turm niedrigere symmetrische
Treppenhäuser an. Durch die verschiedenen
Anbauten, Strebepfeiler, Maßwerk erhält die
Kirche ihr vielgestaltiges Äußeres das ebenso
wie der Innenraum von gotischer Architektur
angeregt ist. Der Bau stellt ein hervorragen-
des Beispiel der Hannoverschen Bauschule
dar und gehört zu den wenigen kaum verän-
derten Exemplaren dieser Epoche. Trotz der
stark veränderten städtebaulichen Situation
prägt die reiche Turmsilhouette noch immer
die Ostansicht dieses Abschnitts der Lindener
Südstadt.
Zur Erbauungszeit hob sich der Komplex aus
der zweigeschossigen Bebauung der gegen-
überliegenden Straßenseite heraus. Beispiel-
haft bewahren dieses Bedeutungsgefälle zwi-
schen Sakral- und Wohnbauten die kleinen
zweigeschossigen Backsteinhäuser Ricklin-
ger Straße 76/78, 80/82 (1881) und 84 (1875),
welche gut erhalten die ursprüngliche Bebau-
ung zwischen maßstäblich angepaßten Sa-
nierungsneubauten dokumentieren.
Nach der Entstehung der Stadt Linden befaß-
te sich das Stadtbauamt mit der Erweiterung
des Siedlungsgebietes nach Osten: 1892
plante man die Laportestraße mit Querstra-
ßen, zu denen auch die Ostverlängerung des
Allerwegs gehörte. Etwa gleichzeitig begann
die Bebauung der freien Grundstücke an der
Ricklinger Straße mit viergeschossigen Miet-
wohnhäusern. Das der Kirche auf der Nord-
ostecke Ricklinger Straße/Allerweg gegen-
überstehende typische Lindener Eckgebäude
(Ricklinger Straße 41) zeigt den um 1890 voll-
zogenen Wandel im Miethausbau zu vier-
bzw. fünf Geschossen, einer hohen Grund-
stücksausnutzung bei ansprechender Fassa-
dengestaltung: Die älteren kleinstädtisch-
dörflichen Siedlungsbereiche wurden mit
großstädtischen Häusern aufgefüllt.
Neben dem Pfarrhaus (1892, Hase, 1979 ab-
gerissen) blieb Nr. 41 allerdings zunächst der
einzige Bau an dem neuen Abschnitt des Al-
lerwegs. Erst etwa 1928 entstand die an-
schließende Blockrandbebauung aus vier-
bzw. fünfgeschossigen Mietwohnhäusern,
deren Putz-Klinker-Fassaden durch bandarti-
ge Schichtung und Reihung gleicher Motive
gegliedert ist (Allerweg 27, 29, Laportestraße
24, 24a, 24b), wobei Ziersetzungen, Putzele-
mente, Gesimse und Erker dem Baublock das
Relief geben. Sie schlossen die Front gegen-
über der Ihmeaue, die derart im Hinblick auf
den Bau der Legionsbrücke (erst 1942) städ-
tebaulich prägnant gestaltet wurde. Heute ist
allerdings die Wirkung durch den Komplex
des Landesverwaltungsamtes eingeschränkt.
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