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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0165

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40 RICKLINGEN

Die Grenzen des Stadtteils Ricklingen verlau-
fen im Norden entlang der Güterumgehungs-
bahn, der Ihme und dem Schnellen Graben,
im Osten entlang der Leine und im Süden in
unregelmäßiger Linie durch das Maschgebiet
und südlich am Ricklinger Holz vorbei. Im We-
sten bilden die Frankfurter Allee (B 3), die Bük-
keburger Allee und die Straße Am Tönnies-
berg die Grenze.
DAS ALTE DORF
Das 1124 erstmals urkundlich erwähnte Dorf
Ricklingen dürfte ursprünglich um den Bereich
des Edelhofes und der Beekestraße auf einer
leichten Erhöhung westlich der Ihme angelegt
worden sein. Dieser Dorfkern bildet heute den
letzten geschlossenen Komplex im Stadtteil,
der den ehemals ländlichen Charakter des Or-
tes noch anschaulich darstellen kann. Neben
den Gebäuden der Kapelle, des Edelhofes,
der alten Schule und den beiden Höfen tragen
die Backsteinmauereinfassungen, die starke
Durchgrünung mit allem Baumbestand und
der Deich im Osten zu dieser Geschlossenheit
bei. Insbesondere der unverbaute Blick von
der Vormasch zum Edelhof ist in diesem Zu-
sammenhang von hoher Bedeutung.
Die Kapelle
Der Kern dieses Bereiches bildet das für Rick-
lingen bedeutendste und zugleich älteste Ge-
bäude, die Kapelle. Die ehemalige Marienka-
pelle wurde um 1340 auf dem Gelände des
Edelhofes errichtet. Grundherr und Erbauer
war die Familie von Alten.
Die Kapelle ist ein kleiner Kalkbruchsteinbau
mit Eckquaderung auf rechteckigem Grund-
riß. Ein steiles Schopfwalmdach mit schlich-
tem Dachreiter schließt den Bau ab. Die
schmalen Fenster sind rundbogig geschlos-
sen; die Tür in der südlichen Traufseite ist
ebenfalls rundbogig und liegt in einer spitzbo-
gigen Blendnische. Nach teilweiser Zerstö-
rung im Zweiten Weltkrieg wurde die Kapelle
1963-66 wiederaufgebaut.
Am Edelhofe
Unmittelbar südlich anschließend liegen die
Gebäude des Edelhofes. Der ursprünglich
durch das im Osten liegende Herrenhaus, den
nördlichen Schafstall und den westlichen
Ochsenstall relativ geschlossene Gutsbezirk
ist durch das Fehlen des im Krieg zerstörten
Ochsenstalles verändert. Reste des Stalls
und eine Backsteinmauer ersetzen heute die
westliche Hofbegrenzung, so daß die ur-
sprüngliche Form andeutungsweise weiter er-
lebbar bleibt.
Das dreigeschossige Herrenhaus (Nr. 8) mit
seinem hohen, durch Lüftungsgauben geöff-
neten Walmdach bildet innerhalb der Gebäu-
degruppe das herausragende Objekt. Der
Fachwerkbau wurde vermutlich in der ersten
Hälfte des 18. Jh. auf den Fundamenten und
Kellergewölben eines mittelalterlichen Vor-
gängerbaus errichtet. Die zum Hof orientierte
Hauptfassade ist mit einer senkrechten Holz-
schalung versehen, während die übrigen Sei-
ten überputzt sind. Ein kleiner Erker aus Zier-
fachwerk wurde am Anfang des 20. Jh. im

ersten Obergeschoß angefügt und setzt einen
besonderen Akzent. Der nördliche Anbau ent-
stand 1904 als Verbindungstrakt zu den be-
nachbarten Wirtschaftsgebäuden. Dadurch
entfiel der ursprüngliche Zugang vom Hof zum
rückwärtigen Park.
Die übrigen Wirtschaftsgebäude des Gutes,
der ehemalige Schafstall (Nr. 8b) und ein klei-
nerer, im Zentrum des Hofes gelegener Fach-
werkbau (Nr. 8a) sind heute zu Wohnzwecken
umgenutzt und in Teilbereichen verändert.
Beide Bauten stammen wohl aus der ersten
Hälfte des 19. Jh.
Bei einem größeren Brand im Jahre 1813, bei
dem auch die Gutsgebäude in Gefahr gerie-
ten, wurde die auf dem Gutsgelände neben
der Kapelle liegende Schule vernichtet. Der
Wiederaufbau erfolgte im gleichen Jahr ge-
genüber der Kapelle an der Einfahrt zum
Gutshof (Nr. 4). Das Haus ist ein Vierständer-
bau mit Ziegelausfachung unter einem Halb-
walmdach. Das bis 1850 als Schule genutzte
Wohnwirtschaftsgebäude besaß ursprünglich
einen Klassenraum und eine Lehrerwohnung.
Nach kürzlich erfolgter Modernisierung ist es
heute ein reines Wohnhaus. Das von Ziegel-
mauern eingeschlossene, an der Straßen¬

flucht gelegene giebelständige Gebäude bil-
det auf der Südseite der Straße eine optische
Führung zum Hofbereich des Gutes.
Auf der gegenüberliegenden Nordseite wird
der Eingang des Gutsbezirkes durch einen
kleinen, mit seinem Wirtschaftsgiebel schräg
zur Straße gestellten Vierständerbau be-
stimmt (Nr. 1). Der aus dem Anfang des 19.
Jh. stammende Fachwerkbau hat rückwärtig
einen zweistöckig abgezimmerten Wohnteil.
Ein kleines ehemaliges Stallgebäude schafft
mit der hohen, grundstücksbegrenzenden
Hecke einen kleinen Vorhof. Das Gebäude ist
als wesentlicher städtebaulicher Bestandteil
des Edelhofes von besonderer Bedeutung.
Als herausragendes Objekt unter den Wohn-
wirtschaftsgebäuden des alten Dorfes ist der
östlich anschließende ehemalige Vollmeier-
hof Hartmann anzusehen (Nr. 5). Er nimmt so-
wohl aus städtebaulicher als auch aus bauhi-
storischer Sicht eine bedeutende Stellung ein.
Der 1796 gebaute Vierständerbau ist an sei-
nem Wirtschaftsgiebel bereits ohne Vorkra-
gung abgezimmert und gehört damit zu den
frühesten Beispielen dieser Bauweise in Han-
nover. An den großen Wirtschaftsteil (12 x 20

Am Edelhofe 6, Kapelle, um 1340


Am Edelhofe 8b, 8a, Wirtschaftsgebäude


Am Edelhofe 8, Herrenhaus


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