also der Landseite, mit zwei Riegelketten kons-
truiert. Hier rechts des mittigen Eingangs auf
einer „1700“ datierten Zeichnung L. A. Geb-
hardis eine über Ziegelsockel fast vollständig
verglaste Auslucht eingetragen. Auf kannelier-
ten Knaggen mit Zahnschnittornament vorkra-
gendes Obergeschoss mit zweifacher Verrie-
gelung. Die Ständer an den beiden Traufseiten
mit geschweiften bzw. zweifach gekehlten
Kopf- und Fußbändern ausgesteift, zusätzlich in
einigen Gefachen Streben. Die landseitige
Fassade über dem Eingang im Obergeschoss
mittig durch eine Ladetür (neues Stahl-Glas-
Element) mit Klappläden bestimmt, die im
geschweiften Sturz die Jahreszahl „1576“ trägt,
sowie das große Zwerchhaus unter Steilgiebel
mit doppelter Vorkragung, ebenfalls mit Ladetür
unter geschweiftem Sturz. Auf der Wasserseite
außermittig rechts ein schmaleres Zwerchhaus,
das eine höher gelegene Gaube ersetzt. Die
Obergeschossfenster, rundbogige Zwillings-
fenster mit Eisensprossen, übergreifen jeweils
die beiden oberen Gefache. Dachgeschoss
ebenfalls auf kannelierten Knaggen mit schlich-
ten Füilhölzern zwischen den Balkenköpfen
vorkragend. Im Innern beider Geschosse je
zwei Unterzüge auf Stützen mit kräftigen Sattel-
hölzern und Kopfbändern im Querverband.
- Anbau, erbaut 1874i laut sandsteinerner
Inschriftentafel von Heinrich Behr. Mit der histo-
rischen Mühle über neuen Treppenhauszwi-
schentrakt verbundener, viereinhalbgeschossi-
ger Ziegelbau unter flachgeneigtem Satteldach.
Das ursprüngliche Gebäude von zweieinhalb
Geschossen, das allseitig ein Schachbrettfries
unterhalb der Traufe umzog, nachträglich auf-
gestockt mit einer Blendendrahmung der
Wandflächen, die nur durch die 1903 veränder-
ten, segmentbogigen Fenster mit Holzflügeln
strukturiert sind. Traufseitig im Dachgeschoss
kleine, rundbogige Eisensprossenfenster, zur
freistehenden Giebelseite ein gleichförmiges
großes Fenster. Den historischen Eingang zur
Straßenseite ergänzen zur Wasserseite zwei
neue Eingänge.
Bei der Ratsmühle, Karte der Ilmenau mit anliegenden Grundstücken, Hoebel, 1857 (NtA-HSTAH, 32 k,
Lüneburg, 47 pg)
BEI DER RATSMÜHLE
Südöstlich der St. Johanniskirche liegt an einer
Gefällestufe der Ilmenau, überragt vom Wasser-
turm F. Krügers, der Gebäudekomplex der
Ratsmühle und bildet zusammen mit jenem
eines der städtebaulich und architekturhisto-
risch bedeutendsten Architekturensembles der
Lüneburger Altstadt. 1319 erstmals erwähnt,
werden die erst ab 1443 ständig als „des rades
molen“ bezeichneten, unterschiedlichen Mahl-
funktionen dienenden Gebäude in den Quellen
zunächst „Mühlen bei der Stadtmauer“ oder
auch „Mühlen beim Johanneskirchhof“ ge-
nannt. Nachdem sie 1332 von den Herzögen
Otto und Wilhelm an die Familie des Albert van
der Molen verkauft worden waren (siehe eben-
so Bei der Abtsmühle), wurde ihre Belehnung
1407 dem Rat übertragen, der sich 1483 des
Weiteren den Zins und damit die Eigentums-
rechte sicherte. 1820 wurde das Anwesen der
Ratsmühle zum Erbzinsgut umgewandelt.
Das bestehende Hauptgebäude, die nach ihrer
Grundrissform so genannte Kreuzmühle, stellt
einen Neubau von 1597 dar (Bei der Ratsmühle
17). Bereits 1572 war der unmittelbar benach-
barte Wasserturm der vier Jahre zuvor gegrün-
deten Ratswasserkunst-Gesellschaft errichtet
worden, der als Zeugnis einer städtischen
Wasserversorgung zu den ältesten Exemplaren
dieser Art in Deutschland zählt. Abgebildet ist er
mitsamt dem Rohrleitungssystem auf einer
1652 von Moritz Gödecke verfassten Karte.
Zum Mühlenensemble, zeichnerisch erstmals
um 1660 von Anthonie Waterloo festgehalten,
gehörten 1740 zwei Kornmühlengebäude mit
neun Grindeln, je eine Loh-, Walk- und Beutler-
mühle, die Wohnung des Mühlenmeisters
sowie Schauer und Ställe, außerdem die
Mühlenbrücken und Wasserbäume unter der
erst im 17.Jh. angelegten Stammersbrücke.
1782 installierte E. G. Sonnin ein von drei
Wasserrädern der Mühle angetriebenes Ge-
stänge, das zur Saline führte, um dort das
Solepumpwerk in Betrieb zu halten. Ebenso wie
die Ratsmühlen mit ihren 12 Wasserrädern ist
es auf Appuhns Plan 1802 verzeichnet, wurde
jedoch 1868 stillgelegt und acht Jahre später
demontiert.
Unter Heinrich C. Findorff, der die Mühle 1854
auf Erbzins erworben hatte, fanden umfangrei-
che bauliche Veränderungen statt. Er ließ
1861/62 anstelle der alten Walkmühle ein
neues Mühlengebäude mit Turbinenantrieb
errichten und fügte 1878 ein Maschinenhaus
mit Schornstein für den Betrieb einer Dampf-
maschine an. Der 1883 nachfolgende Heinrich
W. Behr ersetzte 1895 auch die sechs Wasser-
räder der alten Mühle durch eine Turbine. Den
Mahlbetrieb für Getreide stellte man 1928
zugunsten der ausschließlichen Futtermittelpro-
duktion ein. Nach Beschädigungen der Mühlen
im Zweiten Weltkrieg waren mit dem Wieder-
aufbau erhebliche Veränderungen in der Subs-
tanz und im Erscheinungsbild verbunden.
Während die Turbine in der Findorff-Mühle 1952
stillgelegt wurde, installierte man zeitgleich in
der alten Mühle zwei neue Francisturbinen zur
Stromerzeugung, die noch heute in Funktion
sind. Ab 1961 baute man die Kreuzmühle für
Bürozwecke, die Findorff-Mühle 1975 für
Wohnzwecke um.
Die Bezeichnung „Bei der Ratsmühle“ umfasst
außer dem Mühlengrundstück die Häuser Nr.
2-12, die den kleinen Baublock westlich des
Anwesens, in dem für das 14./15.Jh. eine Ba-
destube nachgewiesen ist, rechtwinklig einfas-
329
truiert. Hier rechts des mittigen Eingangs auf
einer „1700“ datierten Zeichnung L. A. Geb-
hardis eine über Ziegelsockel fast vollständig
verglaste Auslucht eingetragen. Auf kannelier-
ten Knaggen mit Zahnschnittornament vorkra-
gendes Obergeschoss mit zweifacher Verrie-
gelung. Die Ständer an den beiden Traufseiten
mit geschweiften bzw. zweifach gekehlten
Kopf- und Fußbändern ausgesteift, zusätzlich in
einigen Gefachen Streben. Die landseitige
Fassade über dem Eingang im Obergeschoss
mittig durch eine Ladetür (neues Stahl-Glas-
Element) mit Klappläden bestimmt, die im
geschweiften Sturz die Jahreszahl „1576“ trägt,
sowie das große Zwerchhaus unter Steilgiebel
mit doppelter Vorkragung, ebenfalls mit Ladetür
unter geschweiftem Sturz. Auf der Wasserseite
außermittig rechts ein schmaleres Zwerchhaus,
das eine höher gelegene Gaube ersetzt. Die
Obergeschossfenster, rundbogige Zwillings-
fenster mit Eisensprossen, übergreifen jeweils
die beiden oberen Gefache. Dachgeschoss
ebenfalls auf kannelierten Knaggen mit schlich-
ten Füilhölzern zwischen den Balkenköpfen
vorkragend. Im Innern beider Geschosse je
zwei Unterzüge auf Stützen mit kräftigen Sattel-
hölzern und Kopfbändern im Querverband.
- Anbau, erbaut 1874i laut sandsteinerner
Inschriftentafel von Heinrich Behr. Mit der histo-
rischen Mühle über neuen Treppenhauszwi-
schentrakt verbundener, viereinhalbgeschossi-
ger Ziegelbau unter flachgeneigtem Satteldach.
Das ursprüngliche Gebäude von zweieinhalb
Geschossen, das allseitig ein Schachbrettfries
unterhalb der Traufe umzog, nachträglich auf-
gestockt mit einer Blendendrahmung der
Wandflächen, die nur durch die 1903 veränder-
ten, segmentbogigen Fenster mit Holzflügeln
strukturiert sind. Traufseitig im Dachgeschoss
kleine, rundbogige Eisensprossenfenster, zur
freistehenden Giebelseite ein gleichförmiges
großes Fenster. Den historischen Eingang zur
Straßenseite ergänzen zur Wasserseite zwei
neue Eingänge.
Bei der Ratsmühle, Karte der Ilmenau mit anliegenden Grundstücken, Hoebel, 1857 (NtA-HSTAH, 32 k,
Lüneburg, 47 pg)
BEI DER RATSMÜHLE
Südöstlich der St. Johanniskirche liegt an einer
Gefällestufe der Ilmenau, überragt vom Wasser-
turm F. Krügers, der Gebäudekomplex der
Ratsmühle und bildet zusammen mit jenem
eines der städtebaulich und architekturhisto-
risch bedeutendsten Architekturensembles der
Lüneburger Altstadt. 1319 erstmals erwähnt,
werden die erst ab 1443 ständig als „des rades
molen“ bezeichneten, unterschiedlichen Mahl-
funktionen dienenden Gebäude in den Quellen
zunächst „Mühlen bei der Stadtmauer“ oder
auch „Mühlen beim Johanneskirchhof“ ge-
nannt. Nachdem sie 1332 von den Herzögen
Otto und Wilhelm an die Familie des Albert van
der Molen verkauft worden waren (siehe eben-
so Bei der Abtsmühle), wurde ihre Belehnung
1407 dem Rat übertragen, der sich 1483 des
Weiteren den Zins und damit die Eigentums-
rechte sicherte. 1820 wurde das Anwesen der
Ratsmühle zum Erbzinsgut umgewandelt.
Das bestehende Hauptgebäude, die nach ihrer
Grundrissform so genannte Kreuzmühle, stellt
einen Neubau von 1597 dar (Bei der Ratsmühle
17). Bereits 1572 war der unmittelbar benach-
barte Wasserturm der vier Jahre zuvor gegrün-
deten Ratswasserkunst-Gesellschaft errichtet
worden, der als Zeugnis einer städtischen
Wasserversorgung zu den ältesten Exemplaren
dieser Art in Deutschland zählt. Abgebildet ist er
mitsamt dem Rohrleitungssystem auf einer
1652 von Moritz Gödecke verfassten Karte.
Zum Mühlenensemble, zeichnerisch erstmals
um 1660 von Anthonie Waterloo festgehalten,
gehörten 1740 zwei Kornmühlengebäude mit
neun Grindeln, je eine Loh-, Walk- und Beutler-
mühle, die Wohnung des Mühlenmeisters
sowie Schauer und Ställe, außerdem die
Mühlenbrücken und Wasserbäume unter der
erst im 17.Jh. angelegten Stammersbrücke.
1782 installierte E. G. Sonnin ein von drei
Wasserrädern der Mühle angetriebenes Ge-
stänge, das zur Saline führte, um dort das
Solepumpwerk in Betrieb zu halten. Ebenso wie
die Ratsmühlen mit ihren 12 Wasserrädern ist
es auf Appuhns Plan 1802 verzeichnet, wurde
jedoch 1868 stillgelegt und acht Jahre später
demontiert.
Unter Heinrich C. Findorff, der die Mühle 1854
auf Erbzins erworben hatte, fanden umfangrei-
che bauliche Veränderungen statt. Er ließ
1861/62 anstelle der alten Walkmühle ein
neues Mühlengebäude mit Turbinenantrieb
errichten und fügte 1878 ein Maschinenhaus
mit Schornstein für den Betrieb einer Dampf-
maschine an. Der 1883 nachfolgende Heinrich
W. Behr ersetzte 1895 auch die sechs Wasser-
räder der alten Mühle durch eine Turbine. Den
Mahlbetrieb für Getreide stellte man 1928
zugunsten der ausschließlichen Futtermittelpro-
duktion ein. Nach Beschädigungen der Mühlen
im Zweiten Weltkrieg waren mit dem Wieder-
aufbau erhebliche Veränderungen in der Subs-
tanz und im Erscheinungsbild verbunden.
Während die Turbine in der Findorff-Mühle 1952
stillgelegt wurde, installierte man zeitgleich in
der alten Mühle zwei neue Francisturbinen zur
Stromerzeugung, die noch heute in Funktion
sind. Ab 1961 baute man die Kreuzmühle für
Bürozwecke, die Findorff-Mühle 1975 für
Wohnzwecke um.
Die Bezeichnung „Bei der Ratsmühle“ umfasst
außer dem Mühlengrundstück die Häuser Nr.
2-12, die den kleinen Baublock westlich des
Anwesens, in dem für das 14./15.Jh. eine Ba-
destube nachgewiesen ist, rechtwinklig einfas-
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