Glockenstraße 9, Glockenhaus, Südfassade, Detail
Abbrüche in diesem Bereich betraf 1970 ein
schon zuvor durch Abriss halbiertes spätgoti-
sches Traufenhaus, das einen selten überliefer-
ten Bautyp repräsentierte. Als Wohnhaus im
westlichen Abschnitt ist Glockenstraße 2/3
erwähnenswert, ein teils massives, teils in Fach-
werk erbautes, giebelständiges Gebäude von
zwei Geschossen, dessen verputzte Fassade
ein Umbau des Jahres 1872 bestimmt. Ins-
besondere das in zeittypischer Weise mit reich
verzierten Schmuckbrettern entlang dem Ort-
gang und mit Giebelpfahl am Freigespärre aus-
gestattete Giebeldreieck kennzeichnet die his-
toristische Gestaltung. Der kleine Balkenkeller
unter dem südöstlichen Hausbereich mindes-
tens des 16.Jh. belegt indes die weitaus ältere
Herkunft dieses Gebäudes, das zum Grund-
stück Am Sande 49 gehörte.
Glockenstraße 9. Zeughaus, so genanntes Glo-
ckenhaus. 1482-84 als dreigeschossiger Back-
steinbau vom Rat der Stadt als „bussenhus“
errichtet, dessen hohes Satteldach gleichzeitig
als Korn- und Mehlmagazin diente. Für das
Jahr 1537 ist die Lagerung von Geschützen
belegt. Eine in der Mitte des 19.Jh. eingerichte-
te Speiseanstalt 1856 geschlossen. Die
Funktion des zugehörigen Hofs, 1487 als „buw-
hoff by deme clockenhuse“ beschrieben, blieb
jahrhundertelang konstant. Bis zur Sanierung
1976/77 wurde das Gebäude als Materiallager
des städtischen Bauhofs genutzt, seitdem zu
Verwaltungs- und Veranstaltungszwecken. Das
fast 20 Meter hohe Gebäude, ohne Bauwich an
das Nebengebäude der Hausstätte Große
Bäckerstraße 15 anschließend, wendet seine
39 Meter lange Hauptfront der Glockenstraße
zu. Diese gliedert sich in drei Reihen gegenein-
ander versetzter, stichbogiger Öffnungen, die
tief mit abgeschrägter Sohlbank in das Mauer-
werk einschneiden. Dreifach gestufte Fenster-
laibung aus Viertelkreis- bzw. Fasensteinen im
Schichtenwechsel mit grün glasierten Steinen.
Von den die Geschosse trennenden, grün gla-
sierten Plattenfriesen ist der untere, aus Vier-
pässen bestehende erneuert, der obere, der
abwechselnd Platten mit Weinlaub und stilisier-
ten Löwen zeigt, vermutlich Ende des 19.Jh.
ergänzt. Den unteren Fries überschneiden zwei
Spitzbogenportale: ein schmales in der West-
achse mit einem Wappenschild in der Lünette
und das breite, mittige Hauptportal. Ursprüng-
lich von einem grün glasierten Drachenfries und
der Figur eines Hl. Georg geschmückt, nimmt
es in der Lünette ein Tondo mit dem Relief des
Hl. Georg auf. Links davon in den beiden Ober-
geschossen wohl nachträglich eingefügte
schmale Ladeluken mit Tausteinrahmung, darü-
ber im Dach eine schmale Aufzugsluke aus
Fachwerk. Die freistehende Ostseite endet über
einem Gesims aus Nasensteinen in einem
Steilgiebel mit Traufstaffeln. In dem mit stichbo-
gigen Ladeluken ausgestatteten Giebeldreieck
sitzt zwischen den beiden obersten Luken die
aus glasierten Ziegeln eingefügte Stadtmarke.
Die nördliche, nur durch den oberen Fries
gegliederte Traufseite ist vor allem im Bereich
der Erdgeschossöffnungen stärker als das übri-
ge Gebäude verändert und nur von schlichten
Stichbogenfenstern belichtet. Im Innern alle drei
Geschosse durch Unterzüge auf zwei Reihen
kräftiger Ständer unterstützt mit Sattelhölzern
und tief ansetzenden Kopfbändern. Das durch
fünf angeblattete Kehlbalkenlagen ausgesteifte
Dachwerk in den drei unteren Geschossen mit
einem doppelt stehenden und im vierten Dach-
boden mit einem einfach stehenden Stuhl auf-
geschlagen.
GÖRGESSTRASSE
Die Görgesstraße leitet in Verlängerung der
Straße Auf der Altstadt zum westlichen Aus-
gang des innerstädtischen Terrains, den einst
das Neue Tor sicherte. Entsprechend wurde die
Görgesstraße, u.a. auf dem Plan von 1765, „vor
dem neuen Thor“ und später in Abgrenzung
zum westlichen Abschnitt jenseits der Stadt-
befestigung „Untere Neuetorstraße“ genannt,
bevor sie 1909 zu Ehren des am Johanneum
tätigen Professors Wilhelm Görges (1838-1925)
umbenannt wurde. Die Bezeichnung schloss
ursprünglich darüber hinaus den heute Johann-
Sebastian-Bach-Platz genannten Abschnitt ein,
der südlich an der Michaeliskirche entlangführt.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche lie-
gen sich zwei das Straßenbild prägende
Gebäude gegenüber, das Eckhaus zur Techt
Nr. 19, das einen alten Besitz der Ritterfamilie
von Meding darstellt, sowie das im 18.Jh. ent-
standene Amtshaus (Nr. 1), das zu den kunst-
historisch qualitätvollsten Barockbauten Lüne-
burgs zählt. Dagegen treten die übrigen, dem
leichten Anstieg nach Westen in geschlossener
Zeile folgenden Wohnhäuser beider Seiten, die
einst vorwiegend von Handwerkern bewohnt
wurden, in ihrer relativ schmucklosen Gestal-
tung unter Satteldächern optisch zurück. Je-
doch erlangen sie, trotz teils eingreifender
Veränderungen, sowohl baugeschichtliche Be-
deutung aufgrund ihrer teils bis in die frühe
Neuzeit zurückreichenden Bausubstanz als
auch eine städtebauliche Bedeutung am Aus-
gang der westlichen Altstadt.
Dem freistehenden Haus Nr. 1 folgt durch einen
Bauwich getrennt der mit dreiachsiger Ziegel-
fassade, im Übrigen mit Fachwerk im Oberge-
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Abbrüche in diesem Bereich betraf 1970 ein
schon zuvor durch Abriss halbiertes spätgoti-
sches Traufenhaus, das einen selten überliefer-
ten Bautyp repräsentierte. Als Wohnhaus im
westlichen Abschnitt ist Glockenstraße 2/3
erwähnenswert, ein teils massives, teils in Fach-
werk erbautes, giebelständiges Gebäude von
zwei Geschossen, dessen verputzte Fassade
ein Umbau des Jahres 1872 bestimmt. Ins-
besondere das in zeittypischer Weise mit reich
verzierten Schmuckbrettern entlang dem Ort-
gang und mit Giebelpfahl am Freigespärre aus-
gestattete Giebeldreieck kennzeichnet die his-
toristische Gestaltung. Der kleine Balkenkeller
unter dem südöstlichen Hausbereich mindes-
tens des 16.Jh. belegt indes die weitaus ältere
Herkunft dieses Gebäudes, das zum Grund-
stück Am Sande 49 gehörte.
Glockenstraße 9. Zeughaus, so genanntes Glo-
ckenhaus. 1482-84 als dreigeschossiger Back-
steinbau vom Rat der Stadt als „bussenhus“
errichtet, dessen hohes Satteldach gleichzeitig
als Korn- und Mehlmagazin diente. Für das
Jahr 1537 ist die Lagerung von Geschützen
belegt. Eine in der Mitte des 19.Jh. eingerichte-
te Speiseanstalt 1856 geschlossen. Die
Funktion des zugehörigen Hofs, 1487 als „buw-
hoff by deme clockenhuse“ beschrieben, blieb
jahrhundertelang konstant. Bis zur Sanierung
1976/77 wurde das Gebäude als Materiallager
des städtischen Bauhofs genutzt, seitdem zu
Verwaltungs- und Veranstaltungszwecken. Das
fast 20 Meter hohe Gebäude, ohne Bauwich an
das Nebengebäude der Hausstätte Große
Bäckerstraße 15 anschließend, wendet seine
39 Meter lange Hauptfront der Glockenstraße
zu. Diese gliedert sich in drei Reihen gegenein-
ander versetzter, stichbogiger Öffnungen, die
tief mit abgeschrägter Sohlbank in das Mauer-
werk einschneiden. Dreifach gestufte Fenster-
laibung aus Viertelkreis- bzw. Fasensteinen im
Schichtenwechsel mit grün glasierten Steinen.
Von den die Geschosse trennenden, grün gla-
sierten Plattenfriesen ist der untere, aus Vier-
pässen bestehende erneuert, der obere, der
abwechselnd Platten mit Weinlaub und stilisier-
ten Löwen zeigt, vermutlich Ende des 19.Jh.
ergänzt. Den unteren Fries überschneiden zwei
Spitzbogenportale: ein schmales in der West-
achse mit einem Wappenschild in der Lünette
und das breite, mittige Hauptportal. Ursprüng-
lich von einem grün glasierten Drachenfries und
der Figur eines Hl. Georg geschmückt, nimmt
es in der Lünette ein Tondo mit dem Relief des
Hl. Georg auf. Links davon in den beiden Ober-
geschossen wohl nachträglich eingefügte
schmale Ladeluken mit Tausteinrahmung, darü-
ber im Dach eine schmale Aufzugsluke aus
Fachwerk. Die freistehende Ostseite endet über
einem Gesims aus Nasensteinen in einem
Steilgiebel mit Traufstaffeln. In dem mit stichbo-
gigen Ladeluken ausgestatteten Giebeldreieck
sitzt zwischen den beiden obersten Luken die
aus glasierten Ziegeln eingefügte Stadtmarke.
Die nördliche, nur durch den oberen Fries
gegliederte Traufseite ist vor allem im Bereich
der Erdgeschossöffnungen stärker als das übri-
ge Gebäude verändert und nur von schlichten
Stichbogenfenstern belichtet. Im Innern alle drei
Geschosse durch Unterzüge auf zwei Reihen
kräftiger Ständer unterstützt mit Sattelhölzern
und tief ansetzenden Kopfbändern. Das durch
fünf angeblattete Kehlbalkenlagen ausgesteifte
Dachwerk in den drei unteren Geschossen mit
einem doppelt stehenden und im vierten Dach-
boden mit einem einfach stehenden Stuhl auf-
geschlagen.
GÖRGESSTRASSE
Die Görgesstraße leitet in Verlängerung der
Straße Auf der Altstadt zum westlichen Aus-
gang des innerstädtischen Terrains, den einst
das Neue Tor sicherte. Entsprechend wurde die
Görgesstraße, u.a. auf dem Plan von 1765, „vor
dem neuen Thor“ und später in Abgrenzung
zum westlichen Abschnitt jenseits der Stadt-
befestigung „Untere Neuetorstraße“ genannt,
bevor sie 1909 zu Ehren des am Johanneum
tätigen Professors Wilhelm Görges (1838-1925)
umbenannt wurde. Die Bezeichnung schloss
ursprünglich darüber hinaus den heute Johann-
Sebastian-Bach-Platz genannten Abschnitt ein,
der südlich an der Michaeliskirche entlangführt.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche lie-
gen sich zwei das Straßenbild prägende
Gebäude gegenüber, das Eckhaus zur Techt
Nr. 19, das einen alten Besitz der Ritterfamilie
von Meding darstellt, sowie das im 18.Jh. ent-
standene Amtshaus (Nr. 1), das zu den kunst-
historisch qualitätvollsten Barockbauten Lüne-
burgs zählt. Dagegen treten die übrigen, dem
leichten Anstieg nach Westen in geschlossener
Zeile folgenden Wohnhäuser beider Seiten, die
einst vorwiegend von Handwerkern bewohnt
wurden, in ihrer relativ schmucklosen Gestal-
tung unter Satteldächern optisch zurück. Je-
doch erlangen sie, trotz teils eingreifender
Veränderungen, sowohl baugeschichtliche Be-
deutung aufgrund ihrer teils bis in die frühe
Neuzeit zurückreichenden Bausubstanz als
auch eine städtebauliche Bedeutung am Aus-
gang der westlichen Altstadt.
Dem freistehenden Haus Nr. 1 folgt durch einen
Bauwich getrennt der mit dreiachsiger Ziegel-
fassade, im Übrigen mit Fachwerk im Oberge-
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