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Gutskirche und der am gegenüberliegenden
Flussufer gelegenen sog. Obermühle. Seit der
Aufteilung des Gutes nach 1945 ist an Stelle
des südlich gelegenen alten Forsthauses das
sog. Rittergut II errichtet worden. Noch im
19.Jh. lagen einige Häuslingshäuser, ein Schul-
haus, ein Gasthof sowie einige Neubauernhöfe
innerhalb des Grundbesitzes. Dieser reichte mit
seinen Wäldern und Feuchtgebieten bis an die
Dorfschaft im Westen heran, wie die Verkopp-
lungspläne von 1856/57 zeigen, auf denen die-
se Flächen ausgespart blieben.

Gutshof, Nr. 1
Dieser wird vielfach als eines der schönsten
Forstgüter angesehen. Tatsächlich war die
Forstwirtschaft von Anbeginn die Grundlage
dieses Herrensitzes der Familie von Behr, deren
Mitglieder um 1200 nachweislich bereits mit
Heinrich dem Löwen gekämpft haben und die
im Laufe der Jahrhunderte namhafte führende
Persönlichkeiten hervorgebracht hat. Erst 1470
ist die damalige Feste urkundlich als Lehen der
braunschweig-lüneburgischen Herzöge an die
wohl ursprünglich in Klein Häuslingen (Samtge-
meinde Rethem) ansässige Adelsfamilie gekom-
men, die bis heute Erbherren des Gutes geblie-
ben ist.
Die schon in frühen Urkunden als „festes
Schloss“ bezeichnete Anlage, die wohl, wie die
Burgen in Bierde und Ahlden an der Aller, als
Grenzposten durch Gräben und Wälle befestigt
war, ist zunächst durch bauliche Veränderungen
wohl zu dem typischen Herrensitz der Renais-
sance herausgebildet worden, wie er bei Merian
um 1650 dargestellt wird. Nach Abbruch des
alten Hauptgebäudes ist 1703/04 das heutige
Herrenhaus in barockem Stil unter teilweiser
Einbeziehung der alten Gewölbe in zweige-
schossiger Fachwerkkonstruktion erbaut wor-
den. Es liegt auf einer leichten Anhöhung im
Norden der fast quadratischen flachen Insel, die
von dem historischen breiten Burggraben um-
flossen wird. Das Gerüst dieses imposanten,
9-achsigen, symmetrisch gegliederten, mit ei-
nem hohen Walmdach versehenen Baukörpers

wird von einer quaderimitierenden Holzverscha-
lung verkleidet. Diese ist im Bereich des vorkra-
genden Obergeschosses von einem profilierten
hölzernen Gesimsband unterbrochen. Während
das Gebäude 1903 im Inneren umgebaut und
durch einen kleinen Anbau im Westen verlängert
wurde, ist der winkelförmige Flügelanbau 1910
in massiver Bauweise in angepasstem Stil ent-
standen. In dieser Zeit ist wohl auch der von
sechs Säulen getragenen offene Veranda-Anbau
auf der Gartenseite entstanden sowie der kleine
halbrund geöffnete Teepavillon, dessen glocken-
förmiges Dach von zwei Säulen gestützt wird.
An den südseitigen Garten schließen sich heute,
jenseits des Grabens im Süden, eine Reihe von
Fischteichen an. Nach Osten erstreckt sich die
flache Wiesenlandschaft des von einem schma-
len Graben umflossenen ehemaligen Parks mit
dem veränderten Nachfolgebau eines Nelken-
hauses aus dem 18.Jh., wie es auch noch in
Klein-Häuslingen zu finden ist. Der dahinter
anschließende ausgedehnte Nutzwald, Stellich-
ter Sünder, verbirgt das aufwendig gestaltete
Mausoleum der Gutsfamilie, das 1902 auf einer
natürlichen Anhöhe errichtet, ab 1903 die Be-

gräbnisstätte in der Gutskirche ablöste. Es ist
ein auf kreuzförmigem Grundriss mit oktogona-
lem Überbau errichteter massiver Baukörper
aus Sandsteinquadern in neoromanischer For-
mensprache. Während diese Zierelemente star-
ke Verwitterungsspuren aufweisen, sind an dem
einzigen Steinsarg sowie an einigen Fenstern
mutwillige Zerstörungen sichtbar.
Auf der Nordseite des Herrenhauses stellt eine
aus Granitquadern erbaute romantische Bogen-
brücke mit hölzernem Zugband und Brüstung
aus Feldsteinen eine Verbindung zum Wirt-
schaftshof her. Seit ihrer Erbauung 1860 führt
sie in Verlängerung des mittigen Hauseingangs
mit Familienwappen der Bauherren auf die von
Wirtschaftsgebäuden und alten Bäumen um-
standene Hoffläche, die von der Straße über ei-
ne kurze Allee erreicht wird. Hinter den sowohl
massiv als auch in Fachwerkbauweise errichte-
ten Wohnwirtschafts- und Wirtschaftsgebäuden
aus der Zeit um 1900 und einer etwas später
entstandenen stattlichen Querdurchfahrtsscheu-
ne von 1908 in gemischter Konstruktion, steht
in der Nähe des Lehrde-Ufers das alte Gerichts-

Stellichte, Gutshof, Herrenhaus, 1703/04, Aufnahme 1993



Stellichte, Gutshof, Teepavillon, um 1910

Stellichte, Gutshof, Teil der Graft

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