Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0041
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eine insgesamt bemerkenswerte Anlage und ein aus zahlreichen Einzeldenkmalen bestehendes
besonderes Kleinod stellt das Gut Böhme (Böhme 3) dar, das, erhöht am Böhmefluss etwas nörd-
lich der Einmündung in die Aller, aufgebaut wurde. Es war von 1715 an in mehreren Bauabschnitten
für die in Diensten der Kurfürsten zu Hannover stehende Familie Hattorf entstanden (unter Einbezie-
hung weniger Vorgängerbauten, wie der mächtigen, ehemaligen Zehntscheune von 1737). Eine
ebenfalls im 18.Jh. errichtete Mauer begrenzt noch heute die weitläufige Anlage mit fünfzehn im
Sinne des Barock weitgehend symmetrisch aufgebauten, wertvollen Gebäuden. Diese durch die
Architekten Johann Caspar Borchmann (auch Schloss Ahlden, Kloster Walsrode) und Christian
Georg Vick (1731/32, auch Wiederaufbau von Walsrode) überwiegend in Fachwerkbauweise errich-
teten Wohn-, Wirtschafts- und auch Sondergebäude, wie die kleine Gutskirche, mussten unter-
schiedliche Veränderungen hinnehmen und wurden in jüngerer Zeit sorgfältig restauriert. Im Mittel-
punkt von flankierenden Wirtschaftsgebäuden steht das wohlproportionierte barocke Herrenhaus
mit gliedernden Mittelrisaliten, zentraler Treppenanlage und übergiebeltem Portal sowie rückwärtiger
Terrasse. Diese bildet den Übergang zu dem in Abschnitten noch auszumachenden barocken Lust-
garten mit seiner auf das Hauptgebäude ausgerichteten regelmäßigen Gestaltung (Parterre), der
später im Sinne der englischen Gartenkunst überformt und erweitert und schließlich als Land-
schaftsgarten des 19.Jh. umgestaltetet worden ist.
Viele der damaligen Gutshöfe wurden sicherlich durch die unterschiedlich ausgeprägten Gartenan-
lagen des 18.Jh. bereichert, die sich an den jeweiligen fürstlichen Vorbildern orientiert hatten.
Zumeist sind diese durch den Wegfall notwendiger Pflege nur noch in Umrissen sowie an einzelnen
Merkmalen und Details erkennbar, die sich inmitten von Aufforstungen und Überwucherungen erhal-
ten haben (Gut I in Schwarmstedt, Mühlenweg 10 und Gut Wiedenhausen in Hodenhagen). Auf Gut
II in Klein Häuslingen/Häuslingen sind innerhalb der ausgedehnten Garten und Parkanlagen vor
einem Gewächshaus des 18.Jh. Reste eines kleinen Barockgartens sowie ein ausgedehnter Land-
schaftspark zu entdecken.
Auch die bürgerlichen Bauten des 19.Jh. schmückten sich mit Gartenanlagen, in denen Nutzgärten
und romantische parkartige Bereiche vereint werden, wie der ausgedehnte und inzwischen stark
verwilderte Garten eines Sommersitzes in Ahlden (1844, Bahnhofstraße 1) und der zusammen mit
einem Sommerhaus einer Fabrikantenfamilie angelegte Landschaftsgarten u.a. mit Teichanlagen
und gewundenen Alleen in der Böhmeaue in Soltau (2. Hälfte des 19.Jh., Breidingsgarten 5).
Ländliche Haus- und Hofformen
Landwirtschaftliche Gebäude nehmen den weitaus größten Anteil an Baudenkmalen im Landkreis
ein. Sie haben über Jahrhunderte die ländliche Kultur geprägt, welche auch heute einen bedeuten-
den Anteil der Identität dieser Heideregion ausmacht.
Die oftmals umfangreichen offenen Hofanlagen mit ihren locker verteilten Haupt- und Nebengebäu-
den spiegeln die Funktionen des traditionellen bäuerlichen Wohnens und Wirtschaftens wieder.
Anhand ihrer Gestaltung werden ihre Kontinuität sowie ihr Wandel im Laufe von Jahrhunderten
deutlich, die insbesondere durch die Strukturveränderungen aufgrund der Auswirkungen der Agrar-
reformen im 19.Jh. sowie durch die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute hervorgeru-
fen wurden.
Der wirtschaftliche Aufschwung des 19. Jh. hatte vielfach auch in den abgelegenen ländlichen Berei-
chen des Kreises zu einer nachhaltigen Veränderung oder auch zur Aufgabe der historischen
Bausubstanz geführt, die sich u.a. durch den Wechsel vom Fachwerk- zum Massivbau (bei Wohn-
und Wirtschaftsgebäuden) kenntlich macht und durch die Hinwendung zur Nutzungstrennung
zwischen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und einer damit einhergehenden, den repräsentativen,
städtischen Bürgerbauten entsprechenden Bauweise. Zahlreiche Ortslagen und ihre historische
Bebauung sind im Zweiten Weltkrieg bei späten Kampfhandlungen infolge von Truppendurchmär-
schen etwa zwischen dem Allerübergang bei Rethem in Richtung Nordosten stark zerstört worden.
Zusätzlich haben die umwälzenden Strukturveränderungen in der Nachkriegszeit zu Umnutzungen
und Modernisierungen, aber auch zu Leerstand und Verfall von landwirtschaftlichen Gebäuden
geführt.
Trotz dieser Entwicklungen vertreten heute mehr als 2.000 Baudenkmale überwiegend aus dem
ländlichen Bereich die historische Bebauung des Kreises. Viele der teilweise mächtigen und reich
ausgestatteten historischen Wohnwirtschaftgebäude sowie Nebengebäude konnten ihren besonde-
ren Charakter bewahren oder ihn durch behutsame Erneuerungsmaßnahmen zurückerhalten. Auch
größere, weitgehend unveränderte Gebäudegruppen oder Einheiten (Dörfer, Hofanlagen), die in der
Zusammenstellung die Besonderheiten der historisch gewachsenen Siedlungsstrukturen der jeweili-
gen Landschaft hervorheben, blieben bestehen.
In der nördlichen Hohen Heide und in der Südheide überziehen jeweils unterschiedlich große Grup-
pen von Baudenkmalen nahezu die gesamten Ortskerne; so in den kleinen abgelegenen Bispinger
Ortschaften Wilsede und Oberhaverbeck sowie in Krelingen und Westenholz, beide Walsrode. Eine
Anzahl großzügiger Hofensembies mit jeweils einer Reihe von Einzeldenkmalen setzen sich dort zu
den unterschiedlich großen Haufendörfern zusammen. Auch die südlich anschließenden Ortskerne
von Bothmer und Grindau in Schwarmstedt sowie von Grethem, Eickeloh und Eilte/Ahlden weisen
große, zusammenhängende Bereiche mit schützenswerter Bausubstanz auf, die sich zu Hofanlagen

37
 
Annotationen