eigenen Wohnhaus einen ungewöhnlichen,
noch ganz im romanisierenden Rundbogenstil
gehaltenen Bau. Seine dreigeschossige Fas-
sade, deren Stockwerkhöhen über das übli-
che Maß erheblich hinausgehen, ist ganz in
Sandsteinquadern vorgeblendet. Die fünf
Achsen des Hauses sind rhythmisch gruppiert
in drei mittlere, die eine Drillingseinheit bilden,
und breite Seitenachsen. Über einem hohen,
als Sockelgeschoß ausgebildeten Erdge-
schoß werden die Obergeschosse durch seit-
lich profilierte und ornamentierte Wandvorla-
gen zusammengefaßt und gegliedert, dienst-
artig dünne Säulchen, die oberhalb des Sok-
kels in die Gebäudeecken eingestellt sind,
fassen die Fassade ein, die durch ein kräftig
ausgebildetes Konsolgesims ihren oberen
Abschluß erhält. Mit seinen ausgewogenen
Verhältnissen und feiner Einzeldurchbildung
gehört das Haus zu den qualitätvollsten Zeug-
nissen der Neuromanik in Osnabrück.
ARNDTPLATZ
In den Bebauungsplänen der westlichen Vor-
städte besaß der Arndtplatz die Funktion ei-
nes verbindenden Gelenks, das zwischen
dem Straßensystem im Bereich der alten Bür-
gergärten im Norden und dem der Wüste, die
beide voneinander abweichenden Hauptach-
sen folgen, vermittelt. Auf der Südseite des
Platzes besaß der Zimmermeister W.H. Wie-
meyer auf einem großen Grundstück seinen
Zimmerplatz. 1875 baute Wiemeyer, der als
Bauunternehmer in den Stadterweiterungen
der Zeit eine lebhafte Tätigkeit entwickelte,
am Platz sein freistehendes Wohnhaus, ein
relativ schlichtes zweigeschossiges Gebäu-
de, das zu den frühen Rohziegelbauten in Os-
nabrück gehört und nur sparsam durch Werk-
steingesimse und wenige Architekturteile in
spätklassizistischen Formen gestaltet ist
(Arndtplatz 1, Anbauten 1903).
Der Platzraum blieb noch bis zur Jahrhundert-
wende ohne eine zusammenhängende archi-
tektonische Fassung, da die angrenzende
Bebauung zumeist auf die in den Platz ein-
mündenden Straßen ausgerichtet war. Städte-
bauliche Akzente erhielt er erst zu Beginn des
20. Jh. mit Mietshausbauten, die auf gegen-
überliegenden Platzseiten zwei Straßenecken
durch Erkertürme mit hohem Glockenhelm
wirkungsvoll markieren (Martinistraße 17A/
19,1904; Arndtplatz 2A, 1905).
MARTINISTRASSE WESTLICH
DES ARNDTPLATZES
Westlich vom Arndtplatz setzte die Bebauung
der Martinistraße in größerem Umfange nach
1890 ein. Mehrfamilien- und Mietshausbauten
lösen hier das vorstädtische Einfamilienhaus
der vergangenen Jahrzehnte ab. In den Jah-
ren 1892-1896 entstand die Zeile zweige-
schossiger Häuser auf der nördlichen Stra-
ßenseite zwischen Arndtplatz und Herderstra-
ße (Nr. 16-32), trauten- und giebelständige
Rohziegelbauten, aus deren Reihe nur das
später entstandene Haus Nr. 26 (1906, ver-
putzt) herausfällt. In ihrer ganzen Anlage sind
sie noch auf die Typen des älteren Vorstadt-
hauses bezogen und besitzen ihre Erschlie-
ßung seitlich im schmalen Bauwich. Ihre Fas-
saden dagegen verdeutlichen mit einer
reicheren eklektizistischen Stuck- und Putz-
dekoration und - bei den Traufenhäusern -
der Verwendung von Giebeln und Zwerchhäu-
sern, die über die Trauflinien hinausgreifen,
das Fortschreiten der Entwicklung gegenüber
dem spätklassizistischen Fassadenschema.
Die westlichen Abschnitte der Martinistraße
bis zur Grenze des Stadterweiterungsgebiets
am ehemaligen Martiniplatz (heute Heinrich-
Lübke-Platz) wurden hauptsächlich nach der
Jahrhundertwende bis nach dem Ersten Welt-
krieg fast ganz mit Mehrfamilien- und Miets-
häusern bebaut, von denen nur wenige einen
mehr als durchschnittlichen Aufwand zeigen.
Reich gestaltet sind Nr. 50 und 52 (beide
1900), die, einander gegenüberliegend, die
Einmündung der Uhlandstaße mit ihren leb-
haft stuckierten Fassaden flankieren und
durch abgeschrägte Ecken geschickt auf die
städtebauliche Situation Bezug nehmen.
WESTLICH DES ÄLTEREN
STADTERWEITERUNGSGEBIETS
Noch bis zum Zweiten Weltkrieg griff die Bau-
tätigkeit nur wenig über die sehr großzügig be-
messenen gründerzeitlichen Bebauungsplä-
ne der westlichen Stadterweiterungen hinaus.
Lediglich an der Rheiner Landstraße, die als
Fortsetzung der Lotter Straße stadtauswärts
führt, und am Blumenhaller Weg zog sich, wie
an den anderen Fernstraßen und alten vor-
städtischen Verbindungswegen auch, der An-
bau schon früh weit hinaus bis an die West-
grenze der Feldmark. Hier wurde auf einem
ehemaligen Waldgrundstück am Stadtrand
1925 der Heger Friedhof angelegt, der größte
Friedhof Osnabrücks, dessen westliche Gren-
ze zum Teil von Resten der alten Landwehr
begleitet wird (vgl. S. 98). Am Südwestrand
des schönen parkartigen Friedhofsgeländes
baute die Stadt 1936 das Krematorium an der
Rheiner Landstraße (Nr. 168/170, Architekten
Springer, Lemcke & Brinkmann, Hannover).
Zentrum der mehrteiligen Anlage, die nach
örtlicher Tradition ganz in unverputztem
Bruchstein ausgeführt wurde, ist die hohe Ein-
segnungshalle, die über einen langgestreck-
ten, durch Rasenflächen unterteilten Vorplatz
erreicht wird. Den völlig schmucklosen, kanti-
gen Bau schließt rückwärtig ein halbrunder
chorartiger Bauteil, auf der linken Seite setzt
rechtwinklig der niedrige Leichenzellentrakt
an (1956 erweitert). Der beherrschende Ein-
Rolandstraße 9, 1905, Architekt W. Nietmann
uml'm
1
3*"
Katharinenstraße 61, 1901, Architekt W. Nepker
Martinistraße, Bebauung der nördlichen Straßenseite ab Arndtplatz 2A nach Westen
129
noch ganz im romanisierenden Rundbogenstil
gehaltenen Bau. Seine dreigeschossige Fas-
sade, deren Stockwerkhöhen über das übli-
che Maß erheblich hinausgehen, ist ganz in
Sandsteinquadern vorgeblendet. Die fünf
Achsen des Hauses sind rhythmisch gruppiert
in drei mittlere, die eine Drillingseinheit bilden,
und breite Seitenachsen. Über einem hohen,
als Sockelgeschoß ausgebildeten Erdge-
schoß werden die Obergeschosse durch seit-
lich profilierte und ornamentierte Wandvorla-
gen zusammengefaßt und gegliedert, dienst-
artig dünne Säulchen, die oberhalb des Sok-
kels in die Gebäudeecken eingestellt sind,
fassen die Fassade ein, die durch ein kräftig
ausgebildetes Konsolgesims ihren oberen
Abschluß erhält. Mit seinen ausgewogenen
Verhältnissen und feiner Einzeldurchbildung
gehört das Haus zu den qualitätvollsten Zeug-
nissen der Neuromanik in Osnabrück.
ARNDTPLATZ
In den Bebauungsplänen der westlichen Vor-
städte besaß der Arndtplatz die Funktion ei-
nes verbindenden Gelenks, das zwischen
dem Straßensystem im Bereich der alten Bür-
gergärten im Norden und dem der Wüste, die
beide voneinander abweichenden Hauptach-
sen folgen, vermittelt. Auf der Südseite des
Platzes besaß der Zimmermeister W.H. Wie-
meyer auf einem großen Grundstück seinen
Zimmerplatz. 1875 baute Wiemeyer, der als
Bauunternehmer in den Stadterweiterungen
der Zeit eine lebhafte Tätigkeit entwickelte,
am Platz sein freistehendes Wohnhaus, ein
relativ schlichtes zweigeschossiges Gebäu-
de, das zu den frühen Rohziegelbauten in Os-
nabrück gehört und nur sparsam durch Werk-
steingesimse und wenige Architekturteile in
spätklassizistischen Formen gestaltet ist
(Arndtplatz 1, Anbauten 1903).
Der Platzraum blieb noch bis zur Jahrhundert-
wende ohne eine zusammenhängende archi-
tektonische Fassung, da die angrenzende
Bebauung zumeist auf die in den Platz ein-
mündenden Straßen ausgerichtet war. Städte-
bauliche Akzente erhielt er erst zu Beginn des
20. Jh. mit Mietshausbauten, die auf gegen-
überliegenden Platzseiten zwei Straßenecken
durch Erkertürme mit hohem Glockenhelm
wirkungsvoll markieren (Martinistraße 17A/
19,1904; Arndtplatz 2A, 1905).
MARTINISTRASSE WESTLICH
DES ARNDTPLATZES
Westlich vom Arndtplatz setzte die Bebauung
der Martinistraße in größerem Umfange nach
1890 ein. Mehrfamilien- und Mietshausbauten
lösen hier das vorstädtische Einfamilienhaus
der vergangenen Jahrzehnte ab. In den Jah-
ren 1892-1896 entstand die Zeile zweige-
schossiger Häuser auf der nördlichen Stra-
ßenseite zwischen Arndtplatz und Herderstra-
ße (Nr. 16-32), trauten- und giebelständige
Rohziegelbauten, aus deren Reihe nur das
später entstandene Haus Nr. 26 (1906, ver-
putzt) herausfällt. In ihrer ganzen Anlage sind
sie noch auf die Typen des älteren Vorstadt-
hauses bezogen und besitzen ihre Erschlie-
ßung seitlich im schmalen Bauwich. Ihre Fas-
saden dagegen verdeutlichen mit einer
reicheren eklektizistischen Stuck- und Putz-
dekoration und - bei den Traufenhäusern -
der Verwendung von Giebeln und Zwerchhäu-
sern, die über die Trauflinien hinausgreifen,
das Fortschreiten der Entwicklung gegenüber
dem spätklassizistischen Fassadenschema.
Die westlichen Abschnitte der Martinistraße
bis zur Grenze des Stadterweiterungsgebiets
am ehemaligen Martiniplatz (heute Heinrich-
Lübke-Platz) wurden hauptsächlich nach der
Jahrhundertwende bis nach dem Ersten Welt-
krieg fast ganz mit Mehrfamilien- und Miets-
häusern bebaut, von denen nur wenige einen
mehr als durchschnittlichen Aufwand zeigen.
Reich gestaltet sind Nr. 50 und 52 (beide
1900), die, einander gegenüberliegend, die
Einmündung der Uhlandstaße mit ihren leb-
haft stuckierten Fassaden flankieren und
durch abgeschrägte Ecken geschickt auf die
städtebauliche Situation Bezug nehmen.
WESTLICH DES ÄLTEREN
STADTERWEITERUNGSGEBIETS
Noch bis zum Zweiten Weltkrieg griff die Bau-
tätigkeit nur wenig über die sehr großzügig be-
messenen gründerzeitlichen Bebauungsplä-
ne der westlichen Stadterweiterungen hinaus.
Lediglich an der Rheiner Landstraße, die als
Fortsetzung der Lotter Straße stadtauswärts
führt, und am Blumenhaller Weg zog sich, wie
an den anderen Fernstraßen und alten vor-
städtischen Verbindungswegen auch, der An-
bau schon früh weit hinaus bis an die West-
grenze der Feldmark. Hier wurde auf einem
ehemaligen Waldgrundstück am Stadtrand
1925 der Heger Friedhof angelegt, der größte
Friedhof Osnabrücks, dessen westliche Gren-
ze zum Teil von Resten der alten Landwehr
begleitet wird (vgl. S. 98). Am Südwestrand
des schönen parkartigen Friedhofsgeländes
baute die Stadt 1936 das Krematorium an der
Rheiner Landstraße (Nr. 168/170, Architekten
Springer, Lemcke & Brinkmann, Hannover).
Zentrum der mehrteiligen Anlage, die nach
örtlicher Tradition ganz in unverputztem
Bruchstein ausgeführt wurde, ist die hohe Ein-
segnungshalle, die über einen langgestreck-
ten, durch Rasenflächen unterteilten Vorplatz
erreicht wird. Den völlig schmucklosen, kanti-
gen Bau schließt rückwärtig ein halbrunder
chorartiger Bauteil, auf der linken Seite setzt
rechtwinklig der niedrige Leichenzellentrakt
an (1956 erweitert). Der beherrschende Ein-
Rolandstraße 9, 1905, Architekt W. Nietmann
uml'm
1
3*"
Katharinenstraße 61, 1901, Architekt W. Nepker
Martinistraße, Bebauung der nördlichen Straßenseite ab Arndtplatz 2A nach Westen
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