Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
rer, anspruchsvoller Wohnhausbebauung
umgestaltet, dem das Auditoriumsgebäude
(Weender Landstraße 2) einen repräsentati-
ven Akzent gab. Dieses ausschließlich für
verschiedene Hörsäle vorgesehene Ge-
bäude war durch die Entwicklung der Uni-
versität und das Anwachsen der Studenten-
zahlen notwendig geworden. Hatten die Pro-
fessoren vorher in ihren Häusern oder in den
wenigen Institutsgebäuden Vorlesungen
halten können, so machte die Masse der
Studierenden dieses Verfahren unmöglich.
Das Auditorium Maximum bot vor allem der
philosophischen, der juristischen und der
theologischen Fakultät die angemessenen
Räumlichkeiten für die Lehre. Der Universi-
tät erwuchs neben der Aula und der Biblio-
thek ein weiterer Mittelpunkt.
Die 1861/62 entstandenen Pläne stammen
von Fr. Doeltz, die bildhauerischen Arbeiten
übernahmen Dopmeyer, Engelhardt und
Küsthardt. Die Einweihung erfolgte 1865. In
den Jahren 1901/03 vergrößerte man den
Komplex durch einen angepaßten rückwär-
tigen Trakt wahrscheinlich nach den Plänen
von Breymann und Kropp.

Weender Landstraße 47, ca. 1890



Weender Landstraße 21, ca. 1885

Weender Landstraße 53, ca. 1912


Es ist ein dreiflügeliger Werksteinbau (Tuff-
stein mit Sandsteingliederung) mit Walm-
dach , im Rundbogenstil. Die zur Weender
Landstraße ausgerichtete symmetrische
Fassade beherrscht der giebelständige Mit-
telrisalit mit vorgelegter Freitreppe, dreibo-
gigem Eingangsbereich und reichem roma-
nisierendem Dekor. Das Figurenprogramm
ehrt die Gründer, Förderer und Lehrer der
Georgia Augusta.
1924 setzte die Universität ihren im Ersten
Weltkrieg gefallenen Dozenten, Beamten
und Studenten vor dem Gebäude ein Denk-
mal, das von J. Kemmerich gearbeitet
wurde.
Heute fehlt dem Auditorium durch die Neu-
planung der fünfziger, vor allem aber der
späten sechziger Jahre die korrespondie-
rende Bebauung des 19. Jh.; der räumliche
Zusammenhang des Torbereiches ist durch
den Ausbau der Straßen vollständig zerstört.
An der Weender Landstraße wurden bis
etwa 1900 kleine Mietwohnhäuser z. T. mit
villenähnlichem Charakter (Nr. 21, 47)
gebaut, zu denen auf der Rückseite der


Weender Landstraße 2, Mittelrisalit

Weender Landstraße 37, ca. 1908


Grundstücke häufiger Nebengebäude
(Werkstätten usw.) gehörten: Eine
Mischung, wie sie sich ebenfalls auf der
Nordseite des Kreuzbergringes (Nr. 1-19)
findet, wo Maurermeister Hagelstange 1891
die ersten Häuser hinsetzte.
1854/56 waren die Bahnlinie mit Güterbahn-
hof, 1860 daneben die Gasanstalt, 1883 der
Schlachthof und 1899 das Elektrizitätswerk
am Schlachthofweg - alles westlich der
Weender Landstraße - fertiggestellt. Wäh-
rend dieses Zeitraums hatten sich an der
Weender Landstraße und an den Querstra-
ßen (z. B. Güterbahnhofstraße, Fabrikweg,
Boieweg, Bertheaustraße) Werkstätten,
Speditionen und Fabriken niedergelassen
(z. B. die MetallfabrikBoie, die Briefordnerfa-
brik Mehle und eine Zuckerfabrik). Diese
Entwicklung zum Gewerbegebiet schrieb
die geänderte Bauordnung von 1899 (s. o.)
fest. Damit war die Zeit der villenähnlichen
Bebauung endgültig vorbei, die einzige Aus-
nahme bildet die etwa 1912 gebaute Fabri-
kantenvilla Nr. 53. Dagegen entstanden um
die Jahrhundertwende als Spekulationsbau-
ten mehrgeschossige Mietwohnhäuser auf
der Ostseite der Straße und in der benach-
barten Emilien- und Arndtstraße, vorwie-
gend aus gelben Klinker mit sparsamen
Schmuckelementen in Werkstein und Fach-
werk, das heute meistenteils unter Verputz
oder Behang liegt. Auf der Westseite folgten
einige interessantere Putzbauten mit renais-
sancistischen bzw. Jugendstil-Elementen
(Nr. 37).
Der Spar- und Bauverein hatte in den neunzi-
ger Jahren an der Gartenstraße gebaut; ab
1900 kaufte er damals noch preiswertes
Gelände im Norden der Stadt, auf dem er bis
etwa 1905 die Doppelhäuser Kreuzbergring
14-32, und ab 1913 bis ca. 1930 die Wohnan-
lage Weender Landstraße 89-97/Lieb-
rechtstraße errichtete. Diese umschließt
einen begrünten Hof mit Kinderspielplatz,
der durch einen Torweg von der Weender
Landstraße aus zugänglich ist; es handelt
sich um eine der ersten derartigen Planun-
gen in Göttingen.
Nach dem Ersten Weltkrieg kaufte der
Beamten-Wohnungsverein östlich der
Weender Landstraße das Geländezwischen
Goßlerstraße / Kreuzbergring / Lichtenberg-
straße/Bergstraße/A. von Haller-Straße und
siedelte es bis in die dreißiger Jahre des
20. Jh. mit mehrgeschossigen Reihenmiet-
häusern auf. Dieser Bereich ist heute ziem-
lich ungestört erhalten.
Dagegen ist der Veränderungsgrad an den
Gebäuden zu beiden Seiten der Weender
Landstraße beträchtlich. Umnutzung der
Gebäude und die Straßenverbreiterung der
sechzigerJahre änderten den Charakterder
Straße endgültig, denn die Vorgärten, die
den heterogenen Bestand etwas zusam-
menschlossen, fielen der Verkehrsplanung
zum Opfer. Am südlichen Abschnitt erbaute
man ab ca. 1965 ein Wohn-/Einkaufszentrum
und den „Universitäts-Campus”, für die z. T.
wertvolle ältere Bebauung eliminiert wurde.
Den Rest bildet die Villa Nr. 14 (s. o.); außer-
dem ist auf dem Campus „spolienartig” der
Eingangsrisalit des 1968 abgerissenen Reit-
stalls (vgl. Weender Straße) aufgestellt.

64
 
Annotationen