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steinbau, während die beiden auf den südli-
chen Straßenecken stehenden Villen (Hain-
holzweg 16 und FriedländerWeg13-Wohn-
haus des Bürgermeisters Merkel beide um
1875 erbaut) sich stark ähnelnde Putzbauten
mit sparsamer spätklassizistisch/renaissan-
cistischer Sandsteingliederung sind.
Zwei der interessantesten Villen dieser
Epoche stehen am Hainholzweg: Nr. 20
erbaute man ca. 1870. Sowohl die Form des
Baukörpers mit Walmdach und vorstoßen-
dem, hohem, flachgedecktem Mittelrisalit
als auch die Gestaltung der Fassade durch
Gruppierung der Fenster und die Strukturie-
rung von Wand und Baukörperdurch hervor-
ragend gearbeiteten zartgliedrigen Sand-
steindekor und Putzornamente im Stil der
italienischen Frührenaissance verdienen
besondere Aufmerksamkeit.
Stilistisch vergleichbar erscheint das schräg
gegenüberliegende Eckhaus Wagnerstraße
8 von ca. 1874: Es ist ein kubischer,
21/2-geschossiger Baukörper auf fast qua-
dratischem Grundriß mit Erschließung auf
der Ostseite (Treppenhaus innen an der
weniger aufwendigen nördlichen Rückseite)

aus gelbem Klinker mit Kalksteinsockel und
-gliederung. Die Betonung liegtauf derhori-
zontalen Gliederung durch die umlaufenden
Gesimse, durch die „friesartige” Form des
Drempelsund das sehr flache Walmdach mit
dem weit ausladenden korinthischen Kranz-
gesims. Die symmetrischen, dreiachsigen
Fassaden akzentuieren vertikal addierte
rahmende Elementefürdie Mittelabschnitte
der beiden Vollgeschosse. Die Hauptfas-
sade wendet sich nach Süden zum Hain-
holzweg und zieht ihre gestalterische Stei-
gerung aus der vorhallenähnlichen Terrasse
mit Freitreppe zum Garten, dem Altan am
Obergeschoß mit „Schauwand” und dem
Feston-Schmuck am Drempel. Auch an die-
sem „italienisch-renaissancistischen” Haus
überzeugen die architektonische Form und
die feingliedrigen Details.
DIE STRASSENPLANUNG 1876/78, DAS
HEUTIGE STRASSENSYSTEM UND DIE ENT-
WICKLUNG ZUM WOHNVIERTEL
Die planende städtische Behörde unter Bau-
rat Gerberversuchte in den siebziger Jahren
ein Straßenraster zu erhalten, das unter Bei-
behaltung der alten Wege eine weitgehend

Friedländer Weg 13, ca. 1875


Hainholzweg 20, ca. 1870


Hainholzweg 3, ca. 1870 Friedländer Weg 11, Architekt Rathkamp, 1870


Hainholzweg 11, ca. 1870


gleichmäßige Erschließung und Parzellie-
rung gewährleisten sollte. Verschiedene
Pläne aus den Jahren 1876/78 verdeutlichen
diese Tendenzen: Als durchlaufende, mög-
lichst rechtwinklig aufeinanderstoßende
neue Verbindungen tauchen auf
- in Ost-West-Richtung: Nikolausberger
Weg (teilweise neue Führung, vgl. Die nördli-
chen Stadtgebiete), Wilhelm-Weber Straße,
Am Goldgraben, Calsowstraße als Verlänge-
rung des Schildgrabens, Am Steinsgraben
- in Nord-Süd-Richtung: Wöhlerstraße,
Hanssenstraße über Wagnerstraße bis zur
Münchhausenstraße.
Zum Teil wurden diese Planungen nie in die-
ser Form verwirklicht (z. B. fehlt die Verlänge-
rung der Hanssenstraße nach Süden); teil-
weise erfolgte der Ausbau erst 1890-1900
(z. B. Hanssenstraße 1890, Calsowstraße
1892, Am Goldgraben 1905) und wurde
durch weitere Straßen ergänzt (z. B. Planck-
straße und Baurat-Gerber-Straße 1897 aus
Heckenwegen entstanden, Keplerstraße/
David-Hilbert-Straße 1902, Hermann-Föge-
Weg/Dahlmannstraße/Merkelstraße von
1891 -1901, Am Weißen Stein). Außerdem
legte man 1878 den Wall zwischen heutiger
Theaterstraße und Albanitor nieder.
Die Straßenführung im Ostviertel ist ein
Ergebnis der Stadtplanung des 19. Jh., die
sich den landschaftlichen Gegebenheiten,
den historischen Besitzverhältnissen und
dem verzweigten, überkommenen Wege-
netz anpaßte.
Das Ostviertel entwickelte sich - anders als
die übrigen Erweiterungsbereiche des
19.Jh., die durch ihre Nähe zur Bahnline oder
zu wichtigen Ausfallstraßen für Gewerbean-
siedlung interessant waren - vorwiegend zu
einem Wohngebiet mit wenigen Werkstät-
ten. Ende des 19. Jh. lagen am heutigen Her-
mann-Föge-Weg und auf der Südseite des
Düstere Eichen Wegs hinterden Grundstük-
ken 39-43 zwei Ziegeleien; Werkstätten
fanden sich vereinzelt am Düstere Eichen
Weg, z. B. Nr. 20, am Friedländer Weg, z. B.
Nr. 65; Gärtnereien gab es am Kieper- und
Friedländer Weg, die städtische Gärtnerei
besteht seit etwa 1900 auf der Ostseite der
Merkeistraße. Vereinzelt errichteten Stadt
und Staat Gebäude: z. B. die Albanischule
(1879), das Max-Planck-Gymnasium (1881/
84), das Hainberg-Gymnasium (1913), das
Theater (1888/90), das Völkerkundemu-
seum (1935) und Universitätsinstitute im
Walde (Herzberger Landstraße 180, 1899/
1901 und am Kieperberg ca. 1930 und 1944).
Heute von der Universität und Stadt
genutzte Gebäude sind ursprünglich häufig
Wohnhäuser, Villen oder Verbindungshäu-
ser gewesen (z. B. Herzberger Landstraße
25, die von Barsche Villa; Herzberger Land-
straße 2 und Friedländer Weg 2, ehemalige
Verbindungshäuser; Hoher Weg 10, ehema-
lige Villa usw.).

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