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Ziegelstraße 66, „Zur Windmühle”, 1402 (d), Ansicht, Stadtarchiv Münden
(Bauaufnahme O. Budde, um 1920)
Ziegelstraße 66, „Zur Windmühle”, 1402 (d)
aufgeblatteten Brüstungsriegel reichen. Das
Spitzbogenportal auf der vorderen Traufseite
wurde im frühen 17. Jh. beim Umbau des Erd-
geschosses zugestellt.
Mit seinen figürlichen Flachschnitzereien auf
den Knaggen zählt das Haus Kirchplatz 8, das
ehemalige „Küsterhaus”, zu den viel beachte-
ten Beispielen Mündener Fachwerkarchitektur.
Der dreiachsige traufstellige Bau mit stark aus-
ladendem Oberstock über hohem Erd- und
Zwischengeschoß bildet den Abschluß des
zwischen Lotzestraße und Lange Straße errich-
teten Baublocks, der gleichsam die östliche
Platzbegrenzung darstellt. Mit der angrenzen-
den, aus der Mitte des 16. Jh. stammenden
Nachbarbebauung Lange Straße 50 und Lotze-
straße 19 setzt das an exponierter Stelle des
Stadtareals gegenüber der St. Blasiikirche ge-
legene Küsterhaus einen deutlichen Akzent.
Wie die Inschriften in gotischen Minuskeln auf
den Knaggen des Zwischengeschosses bzw.
unterhalb der Dachtraufe ausweisen, wurde
das Haus für Henricus Göbele 1457 errichtet.
Es ist somit der älteste inschriftlich datierte
Fachwerkbau Niedersachsens. Auch der Hin-
weis auf den ortsansässigen Zimmermeister
ha(n)s vo(n) fermesse(n) anstelle des sonst übli-
chen Meisterzeichens war zu jener Zeit durch-
aus ungewöhnlich und unterstreicht gleichsam
die Bedeutung des schmalen Traufenhauses.
Hervorzuheben und für Münden singulär sind
vor allem die symbolträchtigen Schnitzereien
auf den mächtigen Kehlen der „klassisch” pro-
filierten Knaggen, die u. a. stilisierte Blüten- und
Fruchtzweige, Laubwerk, einen Weinstock und
das Einhorn zeigen. Ähnlich ausgebildet sind
die inschriftlich 1450 datierten Knaggen am
Rathaus in Zierenberg und am „Leckschen”
Haus in Grebenstein von 1431. Durch mehrma-
lige Umbauten wurde das Haus fast vollständig
entkernt; auch die Gefüge- und Wandgliede-
rungen wurden stark verändert.
Der Eckbau Mühlenstraße 10/Kiesau zeigte ur-
sprünglich den gleichen konstruktiven Aufbau
wie der mehr als 50 Jahre zuvor erbaute Fach-
werkbau „Zur Windmühle” Ziegelstraße 66. Er
wurde 1458 am Ende der schmalen, zur Bremer
Schlagd führenden Mühlenstraße errichtet, die
geprägt wird durch hohe dreigeschossige
Fachwerkbauten mit Zwerchgiebeln. Erd- und
Zwischengeschoß des stattlichen Baues sind
in Ständer-Geschoßbauweise zusammenge-
faßt, auf dem der zweiseitig ca. 40 cm über
tiefgekehlte Knaggen vorkragende Oberstock
ruht. An der in Geschoßbauweise erstellten
Rückseite des Hauses sind lange Schwertun-
gen und verdeckte, dünne Riegel angebracht.
Die aufgeblatteten Brustriegel, die nun nicht
mehr gefachfüllenden Andreaskreuze im Brü-
stungsbereich des Oberstocks sowie die de-
zente Profilierung der Knaggen und Knaggen-
bündel stimmen mit dem Bau auf der Ziegel-
straße überein. Die Ecken sind mit Kopfbän-
dern stabilisiert, die mit dem Rähm verblattet
sind. Eine spätere Zutat ist der Zwerchgiebel
und der erkerartige Ausbau der Oberstube aus
der Mitte des 16. Jh. Hier wird das Bemühen
deutlich, die Gefachflächen durch enggestellte
friesartige Kreuzverstrebungen in den Brü-
stungsfeldern aufzulockern und die Schwelle
durch mächtiges Tauwerk zu betonen. Auf der
Traufseite hat sich ein spitzbogiges, mit Kehle-
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