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Lufen, Peter Ferdinand [Oth.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0116
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Westertorstraße, Blick von Westen


Neutorstraße, Blick von Nordosten auf die Liebfrauenkirche


die vom ehemaligen Neutorturm bis zur Wallan-
lage reicht, gekennzeichnet durch eine offene
Bauweise, bestehend aus freistehenden Solitär-
bauten, die in keinem funktionalen Zusammen-
hang stehen. Verbunden ist die Neutorstraße im
Süden mit der kurzen Jüdenstraße und im Nor-
den, jenseits des Walldurchbruchs, mit der
Herzberger Landstraße. Die Nahtstelle im Sü-
den bildete das Neutor, dessen Bau im Jahre
1436 im Zusammenhang mit der Stadterweite-
rung nach Norden erfolgte, die zur Anlage der
Benebenstadt führte. Den direkten Zugang zur
„Nygenstad“ ermöglichten das Neutor (valva
nova) und die „brugen vor der Jodenstraten“.
Das Neutor, in den Schriftquellen auch als „val-
va beatae Mariae Virginis“ bezeichnet, erhielt
seinen Namen durch die Nähe zur Kapelle St.
Maria, die im Jahre 1442 mit zugehörigem Hos-
pital in dem geplanten Neustadtgebiet errichtet
wurde. An der Stelle der inzwischen baufällig
gewordenen Kapelle entstand 1889/90 nach
den Plänen des Hildesheimer Regierungsbau-
meisters R. Herzig die in neuromanischen For-
men gehaltene Liebfrauenkirche (Neutorstra-
ße 11). Das aus sorgfältig bearbeiteten Rot-
sandsteinquadern gemauerte Gotteshaus mit
seinen schlanken spitzhelmbekrönten Osttür-
men, die eine Halbrundapsis einfassen, setzt
am Straßenknotenpunkt Neutorstraße/Christi-
an-Blank-Straße/Kardinal-Kopp-Straße einen
wichtigen, weithin sichtbaren straßenraumwirk-
samen Akzent in der Benebenstadt. Dieser Kul-
minationspunkt ist Teil des mehrgebäudigen
ehemaligen Ursulinenkonvents, den Kommissa-
rius Böning im Jahre 1700 gründete. Zum älte-
ren Kem der auf einer großflächigen Parzeiie
sich ausdehnenden Anlage gehört ein dreige-
schossiger, stockwerkweise abgezimmerter
Fachwerkbau mit zeittypischen Schmuckfor-
men, der 1703 entstand und giebelständig zur
Christian-Blank-Straße ausgerichtet ist. Im Jah-
re 1908 wurde der Grundstein zum langge-
streckten Flügel St. Ursula gelegt, der parallel
zur Neutorstraße errichtet wurde.
In der Nähe des Ursulinenkonvents setzt der
langgestreckte eingeschossige Fachwerkbau
Neutorstraße 2 einen straßenbildwirksamen
Akzent. Der 1803 entstandene, auf hohen
Sandsteinquadersockel gestellte schmucklose
Fachwerkbau unter abgewalmtem Satteldach
diente zunächst den preußischen Dragonern als
Reit- und Pferdestall. Nach J. Jaeger wurde
das 180 Fuß lange, 50 Fuß tiefe und 13 Fuß
hohe Gebäude, dessen Kosten 5.834 Taler,
106 Groschen und acht Pfennige betrug, so
eingerichtet, „daß das Militär in demselben
auch exerzieren konnte ...“. Die Umbauten des
giebelständig zur Neutorstraße errichteten Bau-
es zum Gefängnis (Jugendgefängnis) erfolgten
1851 bzw. 1964. Verworfen wurde der Plan des
„Baukondukteurs“ Heinz, durch die Stadtver-
waltung die sogenannte Herrenscheune, die
dem Ursulinenkonvent gegenüber lag, zu nut-
zen, „da die Scheune als Heu- und Holzmaga-
zin diene, daß neben derselben kein Platz zur
Ablagerung des Pferdedüngers vorhanden sei,
daß die Nähe des Klosters und der Liebfrauen-
kirche ein Hindernis bilde, da durch das nicht
zu vermeidende Geräusch sowohl der Schulun-
terricht in der Klosterschule als auch die An-
dacht in der Kirche gestört würde.“

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