Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lufen, Peter Ferdinand [Oth.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0163
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Brustriegel nunmehr geschlossene Dreiecke,
die Raum schaffen für aufwendiges, flächenhaf-
tes Schnitzwerk, zunächst in Gestalt prächtiger
Fächerrosetten, die in vielfältigen Erscheinungs-
formen an Duderstädter Bürgerhäusern auftre-
ten. Diese signifikanten Schmuck- und Zierfor-
men haben sich an den folgenden Bauten er-
halten: Steintorstraße 20, 22, 24, 26, 28,
Nr. 25, Nr. 58, Nr. 60/62 und Nr. 17; Apothe-
kenstraße 5, 7, 8; Jüdenstraße 24; Neutor-
straße 13 und Obertorstraße 38.
Eine weitere zeittypische Besonderheit bildet
die zwischen Stockschwelle und Brustholz ein-
gefügte Brüstungstafel, die in Duderstadt erst-
mals 1595 am Fachwerkbau Börsengasse 5
inschriftlich gesichert nachweisbar ist. Als wei-
tere Beispiele sind die Bürgerhäuser Apothe-
kenstraße 9/11, 16; Kurze Straße 28, Obertor-
straße 22, 52; Westertorstraße 8, 26; Stein-
straße 24; Scharrenstraße 16; Steintorstraße
21, 56; Marktstraße 48, 80 und Haberstraße
20 zu nennen. Die als reines Schmuckelement
verwendete, völlig unkonstruktive Brüstungs-
platte ist jeweils in paarweise angeordnete
Blendarkaden aufgelöst, die sich in der Brü-
stungszone zu einem durchlaufenden friesarti-
gen Band vereinigen, die die horizontalen Kräfte
des Baukörpers hervorkehren.
Vereinzelt kommt es auch zur Aufnahme figürli-
cher und ornamentaler Darstellungen (Wappen,
Zunftzeichen, Landsknechte) auf den Brü-
stungsbohlen: Marktstraße 84 von 1620, Hin-
terstraße 73 von 1600, Westertorstraße 21/23
von 1640 und Westertorstraße 22/24 von 1600
- Darstellungen, wie sie in eindrucksvollen Aus-
prägungen an Bürgerhäusern in Hildesheim,
Einbeck, Braunschweig, Goslar und Göttingen
in der 2. Hälfte des 16.Jh. auftreten. Die Ten-
denz zu einer repräsentativen Fassadengestal-
tung fand ihre Fortsetzung auch in der Ausge-
staltung der Gebälkzone, indem Schwelle,
Rähm und Füllhölzer von differenziertem
Schnitzwerk (Zahnschnitt, Eierstab, Blattwerk,
Perlschnüre, Taubänder, Fischschuppen, In-
schriftenbänder) überzogen werden, die die
Wirkung des Außenbaues steigern. Immer wie-
der wird die Vorbildlichkeit und Formenvielfalt
der zeitgenössischen Steinarchitektur gesucht
und auf die Fachwerkbaukunst übertragen.
Neben ihrer baugeschichtlichen Bedeutung
kommt den Bürgerhäusern Steintorstraße 20,
22, 24, 26, 28, die aufgrund ihrer einheitlichen
konstruktiven und gestalterischen Formelemen-
te in die Zeit zwischen 1600 und 1650 zu datie-
ren sind, auch eine herausgehobene stadtbild-
wirksame Komponente zu. Das eindrucksvolle
Ensemble auf der Westseite der Steintorstraße
besteht aus traufständig ausgerichteten, drei-
geschossigen, stockwerkweise abgezimmerten
Bauten unter steilen Satteldächern. Begrenzt
wird die Gruppe im Norden durch das weit in
den Straßenraum hineinragende Bürgerhaus
Nr. 20, dessen nördliche Giebelseite zum Sand-
wasser ausgerichtet ist. Das ehemalige Haus
Dieck (Gasthaus Zum Anker) präsentiert sich
als stockwerkweise abgezimmerter Fachwerk-
bau mit z.T. tiefgreifenden baulichen Änderun-
gen wohl des ausgehenden 18. bzw. frühen
19.Jh. Das nur noch rudimentär erhaltene
Schnitzwerk auf der südlichen Giebelseite mit
Fächerrosetten in den Brüstungsfeldern, den

Steintorstraße 28, 26, 24, 22, 20, frühes 17.Jh.


Steintorstraße 20, ehern. Haus Dieck



Mi
Steintorstraße 60/62

161
 
Annotationen