rendes, fassadengliederndes Element. In Anleh-
nung an zumeist neoklassizistische Formvor-
stellungen wählte von Tettau in Putz gearbeite-
te, flach aufgelegte Pilaster oder Lisenen, ab-
wechslungsreich eingesetzte Tür- und Fen-
sterverdachungen, dezente Putzfugenschnitte,
schlichte Konsolenfriese, die die häufig weit
ausladenden Traufgesimse stützen sowie mar-
kante, sich vom Putz absetzende Pfannenge-
simse, die vereinzelt fassadenübergreifend
(Marktstraße 5 und 7) eingesetzt sind und so-
mit ein zusammenfassendes stadträumliches
Element bilden. In einem nicht unerheblichen
Maße tragen die sprossengeteilten Rechteck-
fenster, die durch Profillatten eingefaßt sind, zur
Wirkung der Fassade bei. Bewußt griff er auf
außen angeschlagene Fenster zurück, die ge-
gen die Außenflucht der Bauten nicht zurück-
treten. Die Vorteile dieser Anschlagsweise lie-
gen „abgesehen von der spezifisch eigenartigen
Erscheinung einer solchen Fassade, auch in der
besseren Dichtung bei Sturm.“ Leider sind in
jüngster Zeit die wohlproportionierten Fenster
vielfach durch ungegliederte Neueinbauten er-
setzt worden und tragen, wie auch die nicht
sehr einfühlsamen Umgestaltungen der Erdge-
schoßzonen (Marktstraße) zu einem erheblichen
Qualitätsverlust bei. Herauszustellen ist das
Wohnhaus mit Gastwirtschaft für Herrn Franz
Otto Auf der Spiegelbrücke 17 von 1911, für
dessen Entwurf H. Stübe verantwortlich zeich-
nete (wie seine Bauzeichnungen ausweisen,
sind die Pläne offenbar durch von Tettau modi-
fiziert worden). Es entstand ein dreigeschossi-
ger, streng gegliederter Putzbau mit einem
markanten, die Traufzone durchbrechenden
dreigeschossigen Erker. Fassadengliedernd
wirken das breite Pfannengesims und das de-
zente, schwach profilierte Sohlbankgesims,
das im Einklang steht mit den Fenstereinfas-
sungen.
Als Besonderheit hebt sich der exponiert gele-
gene, für H. Stier geplante und von F.
Borchard ausgeführte Bau Marktstraße 7
(Germania Drogerie) heraus. Der einzige von
Tettau in Fachwerk ausgeführte Bau wird ak-
zentuiert durch einen bis in die Dachzone rei-
chenden dreigeschossigen Kastenerker, der
oberhalb des einst durch Bogenstellungen ge-
gliederten und aufgelockerten Erdgeschosses
ansetzt. Als Reminiszenz an den frühneuzeitli-
chen Duderstädter Fachwerkbau fügte er in
die Brüstungsfelder des Oberstocks und des
Erkers figürliche Reliefplatten ein. Neben den
Reliefplatten sind Inschriftentafeln angebracht,
die sich auf den verheerenden Stadtbrand be-
ziehen und die allgemeine Stimmung betroffe-
ner Duderstädter Bauherren treffend charakte-
risieren:
„Schrecklich tobt’ des Feuers Brunst, Die uns
tat vernichten - Schrecklicher des Staates
Gunst, Die uns half errichteten.“
Hier wird deutlich, daß die seitens der Ministeri-
en unentgeltlich zur Verfügung gestellten Bau-
entwürfe nicht als Unterstützung der Bauher-
ren, sondern als Beeinträchtigung ihrer Rechte
angesehen wurden.
In der planerischen Umsetzung ist vor allem die
Bebauung der unteren Sackstraße gelungen.
Der leicht gekrümmte Fluchtlinienverlauf der
nach Norden hin sanft ansteigenden Sack-
straße läßt die Gebäudefronten stärker hervor-
treten. Einfluß auf das straßenräumliche Gefüge
nimmt der Eckbau (ehern. Schmiede) Sack-
straße 24/Schmiedegasse von 1912, ein be-
merkenswerter doppelgeschossiger Putzbau
mit hohem Spitzgiebel, der den Straßenraum
einschnürt. Geschickt sind fassadengliedernde
Elemente wie Pfannengesims und konsolartige
Knaggen eingesetzt, die den Überhang des
Obergeschosses abfangen. Die Plastik des
Schmieds an der Ecke der einstigen Hauslaube
(heute zugestellt), die der Kasseler Bildhauer K.
Groß schuf, setzt einen besonderen Akzent.
Die geländebedingten, unterschiedlich hohen
Sockel in Verbindung mit uneinheitlichen Trauf-
höhen und der Einbindung des Doppelhauses
Sackstraße 17/19 lassen insgesamt ein vielglie-
driges Straßenbild entstehen, dessen Einzel-
bauten bei aller individuellen Freiheit sich dem
Gesamtbild der Straße unterordnen.
Es sind wohl proportionierte, klar gegliederte
Bauten ohne falsches Pathos, deren Putz-
flächen leicht abgetönt sind und durch präg-
nante, wohlgesetzte Einzelformen bestechen.
Bald sind es geschoßübergreifende Pilaster und
Lisenen, bald eine dezente Türeinfassung mit
Rosettendekor oder ein in Putz hergestelltes
Flachrelief in den Brüstungsfeldern des Erkers
oder aber ein breitgelagertes Zwerchhaus, die
in einer Gesamtschau den Charakter der
Straße, ja des gesamten Wiederaufbaues des
Architekten Wilhelm Freiherr von Tettau bestim-
men.
Sackstraße 17/19,1911/12
185
nung an zumeist neoklassizistische Formvor-
stellungen wählte von Tettau in Putz gearbeite-
te, flach aufgelegte Pilaster oder Lisenen, ab-
wechslungsreich eingesetzte Tür- und Fen-
sterverdachungen, dezente Putzfugenschnitte,
schlichte Konsolenfriese, die die häufig weit
ausladenden Traufgesimse stützen sowie mar-
kante, sich vom Putz absetzende Pfannenge-
simse, die vereinzelt fassadenübergreifend
(Marktstraße 5 und 7) eingesetzt sind und so-
mit ein zusammenfassendes stadträumliches
Element bilden. In einem nicht unerheblichen
Maße tragen die sprossengeteilten Rechteck-
fenster, die durch Profillatten eingefaßt sind, zur
Wirkung der Fassade bei. Bewußt griff er auf
außen angeschlagene Fenster zurück, die ge-
gen die Außenflucht der Bauten nicht zurück-
treten. Die Vorteile dieser Anschlagsweise lie-
gen „abgesehen von der spezifisch eigenartigen
Erscheinung einer solchen Fassade, auch in der
besseren Dichtung bei Sturm.“ Leider sind in
jüngster Zeit die wohlproportionierten Fenster
vielfach durch ungegliederte Neueinbauten er-
setzt worden und tragen, wie auch die nicht
sehr einfühlsamen Umgestaltungen der Erdge-
schoßzonen (Marktstraße) zu einem erheblichen
Qualitätsverlust bei. Herauszustellen ist das
Wohnhaus mit Gastwirtschaft für Herrn Franz
Otto Auf der Spiegelbrücke 17 von 1911, für
dessen Entwurf H. Stübe verantwortlich zeich-
nete (wie seine Bauzeichnungen ausweisen,
sind die Pläne offenbar durch von Tettau modi-
fiziert worden). Es entstand ein dreigeschossi-
ger, streng gegliederter Putzbau mit einem
markanten, die Traufzone durchbrechenden
dreigeschossigen Erker. Fassadengliedernd
wirken das breite Pfannengesims und das de-
zente, schwach profilierte Sohlbankgesims,
das im Einklang steht mit den Fenstereinfas-
sungen.
Als Besonderheit hebt sich der exponiert gele-
gene, für H. Stier geplante und von F.
Borchard ausgeführte Bau Marktstraße 7
(Germania Drogerie) heraus. Der einzige von
Tettau in Fachwerk ausgeführte Bau wird ak-
zentuiert durch einen bis in die Dachzone rei-
chenden dreigeschossigen Kastenerker, der
oberhalb des einst durch Bogenstellungen ge-
gliederten und aufgelockerten Erdgeschosses
ansetzt. Als Reminiszenz an den frühneuzeitli-
chen Duderstädter Fachwerkbau fügte er in
die Brüstungsfelder des Oberstocks und des
Erkers figürliche Reliefplatten ein. Neben den
Reliefplatten sind Inschriftentafeln angebracht,
die sich auf den verheerenden Stadtbrand be-
ziehen und die allgemeine Stimmung betroffe-
ner Duderstädter Bauherren treffend charakte-
risieren:
„Schrecklich tobt’ des Feuers Brunst, Die uns
tat vernichten - Schrecklicher des Staates
Gunst, Die uns half errichteten.“
Hier wird deutlich, daß die seitens der Ministeri-
en unentgeltlich zur Verfügung gestellten Bau-
entwürfe nicht als Unterstützung der Bauher-
ren, sondern als Beeinträchtigung ihrer Rechte
angesehen wurden.
In der planerischen Umsetzung ist vor allem die
Bebauung der unteren Sackstraße gelungen.
Der leicht gekrümmte Fluchtlinienverlauf der
nach Norden hin sanft ansteigenden Sack-
straße läßt die Gebäudefronten stärker hervor-
treten. Einfluß auf das straßenräumliche Gefüge
nimmt der Eckbau (ehern. Schmiede) Sack-
straße 24/Schmiedegasse von 1912, ein be-
merkenswerter doppelgeschossiger Putzbau
mit hohem Spitzgiebel, der den Straßenraum
einschnürt. Geschickt sind fassadengliedernde
Elemente wie Pfannengesims und konsolartige
Knaggen eingesetzt, die den Überhang des
Obergeschosses abfangen. Die Plastik des
Schmieds an der Ecke der einstigen Hauslaube
(heute zugestellt), die der Kasseler Bildhauer K.
Groß schuf, setzt einen besonderen Akzent.
Die geländebedingten, unterschiedlich hohen
Sockel in Verbindung mit uneinheitlichen Trauf-
höhen und der Einbindung des Doppelhauses
Sackstraße 17/19 lassen insgesamt ein vielglie-
driges Straßenbild entstehen, dessen Einzel-
bauten bei aller individuellen Freiheit sich dem
Gesamtbild der Straße unterordnen.
Es sind wohl proportionierte, klar gegliederte
Bauten ohne falsches Pathos, deren Putz-
flächen leicht abgetönt sind und durch präg-
nante, wohlgesetzte Einzelformen bestechen.
Bald sind es geschoßübergreifende Pilaster und
Lisenen, bald eine dezente Türeinfassung mit
Rosettendekor oder ein in Putz hergestelltes
Flachrelief in den Brüstungsfeldern des Erkers
oder aber ein breitgelagertes Zwerchhaus, die
in einer Gesamtschau den Charakter der
Straße, ja des gesamten Wiederaufbaues des
Architekten Wilhelm Freiherr von Tettau bestim-
men.
Sackstraße 17/19,1911/12
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