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zu Urabe. In der blendenden Erfcheinung eines Alexander (336—323) flackert noch-
mals der griechifche Genius auf und erzeugt auf afiatifchem Boden Kunftwerke wohl
von Bedeutung und hoher Schönheit, denen aber der keufche Hauch, der reine
Zauber der Gebilde aus Perikleifcher Zeit abgeht. In Sicilien blühten unter der
Aegide der \Tyrannis (406—365) an einzelnen Orten Künfte und Wiffenfchaften
fort; der edle Timoleon fchaffte (344) geordnete, der Architektur günftige Zuftände;
aber das Volk hatte keinen Halt mehr und gerieth unter die Herrfchaft von Frem-
den. Im Jahre 264 fetzten fich die Römer auf Sicilien feft.

An Stelle Athens wurde Alexandreia (323) Hauptfitz der griechifchen Literatur
und Kunft; unter den eiteln, prachtliebenden, aber auch kunftfinnigen Fürften von
Pergamon (241) erlebte die griechifche Kunft eine Nachblüthe, von der die jüngft
in die Mufeen der Reichshauptftadt gebrachten Funde beredtes Zeugnifs geben.
196 kam Hellas unter römifche Herrfchaft; die politifche und künftlerifche Geftaltungs-
kraft des Volkes war damit gebrochen. Die Pflanzftätten der Kunft, Korinth (146)
und Athen (86), wurden im Sturme genommen und zerftört, Jonien (64) zur
römifchen Provinz erklärt; die Kunftwerke Griechenlands wanderten als Beuteftücke
in das ewige Rom.

785 Erzftatuen und 230 Marmorftatuen fchleppte Fulvius Nobilior aus Aetolien
herbei; Aemilius Paulus brauchte 250 Wagen für die geraubten Statuen und Ge-
mälde bei feinem Triumphzug; Sulla entführte fogar einzelne Säulen des Olympieion
von Athen nach Rom.

Diefe Kunftfchätze und die in Rom und den italifchen Landfchaften internirten
griechifchen Gefangenen gaben die nächfte Veranlaffung zur Verbreitung griechifcher
Kunftweife im fremden Lande.

»Doch das eroberte Hellas eroberte wieder den wilden Sieger
und brachte die Kunft nach Latium.«

117—138 n. Chr. erhielten durch Hadrian's Gunft Athen und die kleinafiatifchen
Städte wieder neuen, aber flüchtigen Glanz, um dann in Vergeffenheit zu gerathen
und der Kunft der Neuzeit wieder reinigende und verjüngende Kraft zu verleihen
nach den Ausfchreitungen des 17. und 18. Jahrhunderts.

Der griechische Tempel.

Die künftlerifch bedeutendften Leiftungen jedes Volkes auf dem Gebiete der
Architektur, Plaftik und Malerei gipfeln in den Monumenten, die der Gottesverehrung
geweiht find; die künftlerifche Idee ift an denfelben am meiften geiftig verarbeitet
und geläutert, der formale Ausdruck der vollkommenfte. An diefen muffen wir
daher das Syftem der griechifchen Baukunft entwickeln und ftudieren.

Die griechifche Kunft fteht, wie bereits gefagt und wie noch weiter gezeigt
werden foll, auf den Schultern der orientalifchen (ägyptifchen und afiatifchen). In
der Grundrifsanlage des griechifchen Tempels klingen die Reminiscenzen an den
Orient durch. So zeigen die älteften Tempel Siciliens (4 Tempel in Selinus) im
Grundplane die langgeftreckte Cella-Form, die, der Tiefe nach in 3 Gelaffe getheilt,
in Vorhalle, Heiligesund Allerheiligftes zerfällt, wie bei den afiatifchen Gotteshäufern;
nur ift das Allerheiligfte nicht von weiteren Räumen umgeben oder den Blicken der

Allgemeines.
 
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